Willkommen in der Berglauf-Weltklasse:
Filimon Abraham, Domenika Mayer und Lukas Ehrle sind mit großartigen Leistungen in der Weltklasse angekommen. Gute Bilanz für die DLV-Mannschaft mit dreimal Silber, einmal Bronze und weiteren Topplatzierungen
Begeisterung allerorts. Und die Gewinner sind – Berglauf und Trailrunning. Natürlich im Verbund mit der Olympiastadt Innsbruck und der Urlaubsregion Stubaital, mit den Machern der World Mountain and Trail Running Championships (WMTRC) – und vorrangig den 1300 Athleten aus 68 Nationen, die vier Tage lang Innsbruck und Stubaital in ein Sportstadion verwandelten. Spannung und Dramatik auch am vierten WM-Tag in Innsbruck und Stubai, der wie auch die voran gegangenen Tage auch ein Meisterstück in medialer Hinsicht war. Mit hohem technischem Aufwand und 20 exzellenten Kameraläufern, die es verstanden, nicht nur die spektakulären Rennen wie Vertical und Classic, sondern auch die über Stunden dauernden Trailevents Kilometer um Kilometer auf die an vielen Stellen aufgestellten Videowalls zu präsentieren. So sprach Österreichs Vizekanzler und Sportminister Werner Kogler von einer WM mit einem Höchstmaß „an Professionalität, Atmosphäre und internationalem Flair“… und outete sich in seinem Fazit nicht nur als Fan der ihren siebten WM-Titel gewinnenden Andrea Mayr, sondern auch als Förderer, wenn „die Berglauf- und Trailrunning WM in einigen Jahren den Weg wieder nach Innsbruck-Stubai findet“.
Ganz im Sinne des Tourismus äußerte sich Landeshauptmann Anton Mattle: „Viel Sonnenschein, spannende Rennen, beste Stimmung und perfekte Organisation samt Livestreams auf höchstem Niveau. Tirol hat maßgeblich zur Bekanntheit der Trendsportart beigetragen!… Wir haben eine WM der Superlative erlebt!“ Und die Meßlatte für alle nachfolgenden Ausrichter gelegt!
Der finale Tag mit den Classic-Wettbewerben, die im jährlichen Wechsel diesmal auf einem Bergauf-bergab-Kurs ausgetragen wurden, hatte es fürwahr in sich. Es gab erneut spektakuläre Rennen mit erwartbaren und auch unerwartbaren Resultaten. Die „Höll“ wurde zur Herausforderung für die Afrikaner, für die US-Läufer und vor allem für die Europäer, die sich, getragen von einer euphorisierten Zuschauerlisse, zu Höchstleistungen trieben. Für den Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) wurden diese nach 2022 in Chiang Mai unter dem Dach von World Athletics durchgeführten Titelkämpfe, mit den nominierten 28 Athleten zu einer der Erfolgreichsten überhaupt Dreimal Silber und einmal Bronze, zudem hervorragende Platzierungen unmittelbar hinter den Medaillengängen zeugen von einem hohen Laufniveau in Deutschland. Dies war allerdings nur deshalb möglich, weil die bergaffinen Marathonläufer wie Filimon Abraham, Laura Hottenrott und Domenika Mayer diese WM als willkommene Motivation für die anstehenden Großereignisse im Herbst oder im Olympiajahr 2024 sahen.
Beginnen wir unsere Reportage des Finaltags mit den Rennen des U20-Nachwuchses über 7,5 km und 374 Höhenmeter (bergauf/bergab). Schon im Voraus war für den wenig bergab erfahrenen (Bergauf-)Europameister Lukas Ehrle klar, dass er gegen die laufstarken Afrikaner einen überaus schweren Stand haben würde. Von Beginn an machten die lediglich in einem Zweierteam angetretenen Ugandaläufer James Kirwa und Hosea Chemutai mächtig Druck, dem neben Lukas noch überraschend der Schweizer OL-Spezialist Matthieu Bührer folgen konnten. Und der Schweizer, übrigens zweifacher Orientierungslauf-Jugend-Europameister, war zweifeillos die Überraschung, denn der 16jährige zeigte sich vor allem bei den Bergab-Passagen stark. Schon auf dem finalen Cityparcours am Goldenen Dachl jubelte Swiss Athletics Präsident Christoph Seiler, denn nicht nur Matthieu brillierte, sondern auch dessen OL-Kollegen Loic Berger (7.) und Nino Freitag (8.) liefen ein Toprennen, das der Schweiz Teamgold vor Frankreich und Spanien einbrachte.
Lukas Ehrle lief ein überaus starkes Rennen, konnte aber auf der Bergabpassage den Rückstand zu den enteilten Kirwa, Chimutai und Bührer allerdings nicht verkürzen, vielmehr wurde der Abstand merklich größer. „Auf dieser Strecke war für mich nicht mehr drin. Ich habe alles gegeben, aber meine Beine wollten am Ende nicht mehr! Bergab konnte ich da einfach nicht ganz mithalten. Für mich hätten es ruhig mehr Höhenmeter bergauf sein können“ und bilanzierte: „Ich bin damit aber sehr zufrieden! Denn es war eine geile Stimmung“ Für den zweiten deutschen Starter Arvid Lösel war nach einem Sturz nicht mehr als Rang 48 machbar.
Bei den U20-Mädchen dominierte vom Start weg die vorjährige WMRA-Youth-Cup-Zweite Rebecca Flaherty, war zeitweise schon 45 Sekunden enteilt, musste aber gegen die stark bergab laufenden Ines Herault und Lucia Arnoldo kämpfen, um letztlich mit 15 Sekunden Vorsprung Gold zu gewinnen. Auch die Teamwertung ging an Groß-Britannien. Deutsche U20-Mädchen waren nicht am Start.
Mit dreißig minütiger Verzögerung gingen die Männer auf die auf zwei Runden ausgeweitete Distanz von 15 km und 750 Höhenmeter. Und es wurde kurios, denn Eliud Cherop wähnte sich nach einer Runde schon als Sieger und trabte zunächst eher verwirrt weiter, als ihm die Ordner den Weg in die zweite Runde zeigte. Der Vorjahresfünfte lief letztlich tapfer durch und wurde direkt hinter den Medaillengewinner Vierter. Davon ließ sich Filimon Abraham nicht beirren und zeigte nach eher zurückhaltendem Beginn nicht nur bergauf, sondern auch bergab eine Meisterleistung. Hinter Leonard Chemutai (Uganda/ 56:14) duellierte er sich praktisch das gesamte Rennen mit dem Kenianer Philemon Kiriago. Am Ende trennten die beiden fünf Sekunden mit dem besseren Ende für Kiriago, der bereits im Vorjahr Silber gewonnen hatte. Der Vertical-Weltmeister und Weltranglistenerte 2022, Patrick Kipngeno stellte sich in den Dienst der Mannschaft, wurde Fünfter und verhalf Kenia zum Mannschaftssieg.
„Ich bin heute sehr glücklich“, freute sich Filimon Abraham im Interview mit den internationalen Medienvertretern. „Letztlich ist es auch egal, ob du Zweiter oder Dritter wirst!“ Und bekannte, dass er vor allem in der zweiten Runde bergab leichte Probleme in den Beinen verspürte. „Das hatten aber die anderen auch! Bei einer 2:30er Pace ist dies auch kein Wunder!“ Der Regensburger, nach seiner Schreinerlehre inzwischen Lauf-Professional geworden, führt diesen Umstand neben dem intensiven Trainingsaufenthalten in Kenia und Äthiopien auf seine starken Leistungsverbesserungen zurück. Schließlich konnte er nach seinem Frühjahrsmarathon in der drittbesten Zeit eines Deutschen mit 2:08:22 Stunden die Tür für einen Olympiastart schon ein Stückweit öffnen. Wird aber weiterhin bei Bergläufen zu sehen sein. „Auch wenn Marathon mein Hauptziel ist!“
Dank der hervorragenden Leistung von Julius Ott (Elfter/ 59:58) und der Abrundung durch Maximilian Zeus (43./ 1:04:01) konnte das DLV-Team in der Mannschaftswertung mit 57 Punkten hinter Kenia (15), Italien (30), Spanien (43) und Uganda (51) den fünften Rang belegen, noch vor so starken Läufernationen wie Groß-Britannien (60) und Frankreich (74).
Bei den Frauen, übrigens wie die Männer über 15 km, wäre der schwedischen Orientierungsläuferin, 2019 sogar dreifache Weltmeisterin geworden, fast ein Coup gelungen, denn die 31jährigen Schwedin übernahm in der ersten Runde von der zunächst enteilten US-Läuferin Grayson Murphy die Führung, musste diese aber gegen die eher gleichmäßig agierende Weltmeisterin 2019 und Vertical-Dritten vom WM-Auftakt am Mittwoch, wieder abgeben und sicherte sich jedoch mit einer starken kämpferischen Leistung Rang zwei in 1:05:26 Stunden, wenngleich nahezu eine Minute zurück. Für Joyce Wambui Muthoni, der Weltranglistenersten 2022 und Weltmeisterin 2017 und 2018, gab es eine weitere Medaille in ihrer langen Karriere, zudem noch einmal Gold in der Teamwertung mit 14 Punkten vor Groß-Britannien (43) und Frankreich (46).
Ein weiteres begeisterndes Rennen lieferte nach Rang sechs beim Vertical drei Tage zuvor Domenika Mayer ab. Die Regensburgerin scheint den Wettkampfdruck bestens wegzustecken, schließlich stand sie noch exakt eine Woche zuvor beim 10.000 m-Europacup als Dritte auf dem Siegerpodest. Zusammen mit der Kenianerin Valentine Rutto und der Rumänin Monica Florea kämpfte sie beherzt in der Verfolgergruppe – mit Erfolg. Mit 1:07:09 Stunden wurde sie exzellente Fünfte, direkt vor Florea. „Es war super heute! Für mich kommt allerdings der fünfte Platz schon unverhofft. Aber ich gestehe: Berglauf ist meine heimliche Leidenschaft!“ Kein Wunder also, wenn sie die Atmosphäre an der Strecke („Da kannst du nicht stehen bleiben. Weil überall Leute standen, die angefeuert haben. Die Strecke ist zwar cool, aber superhart!“) besonders genoss. Für die Polizistin wird wie auch bei Filimon Abraham der Berglauf integraler Bestandteil im Trainings- und Wettkampfkalender bleiben. „Kraft und Geschwindigkeit kannst du optimal im Gelände trainieren, für mich passt dies bestens zusammen!“
Nicht zufrieden zeigte sich Hanna Gröber nach ihren vorzüglichen Ergebnissen bei der letztjährigen WM, sodass sie für die Teamwertung lediglich Platz 19 (1:10:53) beisteuern konnte. Debütantin Nina Völkel wurde 37. (1:14:02), damit rangierte die DLV-Auswahl punktgleich mit 61 Punkten hinter den USA auf Platz fünf.