Silber für Katharina und das deutsche Frauenteam

Das großartiges Rennen von Katharina Hartmuth wird mit Silber hinter Marion Delapierre belohnt – Mit Rosanna Buchauer und Ida-Sophie Hegemann wird Deutschland hinter Frankreich auch in der Mannschaftswertung Zweite

DritterTag der World Mountain and Trailrunning Championships im Zeichen der Ultra-Trailläufer

WM-Organisator Alexander Pittl hatte im Vorfeld der World Mountain and Trail Running Championships in Innsbruck und Stubaital „Gänsehaut-Feeling“ auf der Strecke und vor allem im Event-Areal auf dem Landestheater-Vorplatz versprochen. Was bereits an der Bergstation am Hoadl in 2.340 m Höhe über dem weltbekannten Skiareal Axamer Lizum mit großartiger Stimmung begann, das wurde gewiss am Landestheater in Innsbruck um Längen übertroffen, als die Berglauf- und Trailfans die Weltmeister Benjamin Roubiol und Marion Delapierre nach zehn bzw. elfeinhalb Stunden mit einer schier unfassbaren Begeisterung gefeiert wurden. Aber nicht nur die beiden Goldmedaillensieger wurden begeistert empfangen, sondern nicht minder lautstark auch die Nächstplatzierten.So schwärmten dann auch die beiden deutschen Trailasse Katharina und Rosanna von dem „wahnsinnigen Empfang“.

Überwältigt waren die Trailasse nicht alleine durch diese einzigartige Atmosphäre, sondern wohl auch durch die kräftezehrenden 86,9 Kilometer mit über 6000 Höhenmeter in Steigung und Gefälle. Die Strecke, ehedem schon überaus lang geraten, musste wegen der großen Schneefelder im Hochalpinen zudem noch etwas verändert werden, die „Ersatzstrecke“ forderte zusätzlich, sodass die Laufzeiten weit über den des Vorjahres lagen, als die Siegerzeiten 7:15 bzw. 8:22 Stunden betrugen.

Wie bereits an den beiden ersten WM-Tagen wurde der Kampf um Gold wiederum zu einem spannenden Spektakel, das erst im Schlussdrittel und vor allem im Aufstieg zur Nordkette entschieden wurde. An der Spitze lief der Südtiroler Andreas Reiterer ein einsames Rennen an der Spitze, doch sein zeitweise über vier Minuten großer Vorsprung auf den erst 23jährigen Franzosen Benjamin Roubiol reichte nicht aus für den Goldgewinn. Die Schwächephase im Aufstieg zur Nordkette führten hinter Kranebitten zum Führungswechsel- und zum Sieg für Benjamin Roubiol. Nach 9:52:59 Stunden durfte er sich feiern lassen und genoss den Triumph. Andreas Reiterer musste letztlich noch bangen, ob der stark auflaufende Slowake Peter Frano ihm den eigentlich sicheren zweiten Rang noch wegschnappen könnte. Doch nach 10:00:46 Stunden genoss auch er das Bad in der Masse im Zielbereich, auch wenn mit eineinhalb Minuten Rückstand das Podium mit Peter Frano komplett war.

Dann dauerte es satte 12 Minuten, bis der Franzose Thibaut Garrivies und die US-Läufer Drew Holmes, Zack Miller und Eric Lipuma im Dreierpack jubelten. Jubel auch bei den beiden Schweizern Ramon Manetsch und Walter Manser über die Plätze acht und zehn. Wo blieb aber der von Insidern als Medaillenkandidat bezeichnete Hannes Namberger? Der 100 km-Ultra-Trail-Sieger von Cape Town und UTMB-Sechste jedoch hatte nicht seinen besten Tag erwischt, lag zeitweise sogar auf Rang 39 – um final als Vierzehnter nach 10:33:47 Stunden ins Ziel einzulaufen. „Ich hatte bei zahlreichen Läufen schon gute Tage, heute aber musste ich viel lernen!“ gestand Hannes freimütig ein. „Ich hatte schon früh keine Energie, weil ich mit der Verpflegung experimentiert habe. Nach einer Umstellung lief es zusehend besser und ich konnte viele Plätze noch gutmachen! Aber letztlich Lehrgeld bezahlen müssen!“

Während Frankreich seine Dominanz mit einer Gesamtzeit von 30:43:09 Stunden mit der Goldmedaille feiern konnten wie auch die US-Läufer (30:48:17) und Italien (31:29:55) über Silber und Bronze, konnte die DLV-Vertretung keine drei Läufer für die Wertung ins Ziel bringen. Alleine Adrian Niski wurde nach 11:08:42 als 34. gewertet, Alexander Dautel und Florian Reichert brachen wie auch der Schweizer Martin Lustenberger vorzeitig das Rennen ab.

Anders hingegen die deutschen Frauen, die wie schon beim Auftakt beim Vertical überzeugen konnten. Eher unerwartet tauchte nach der Hälfte der Distanz am Hoadl die in der Schweiz lebende, für den SCC Berlin startberechtigte Katharia Hartmuth an der Spitze auf. Die über das Sportklettern zum Traillaufen gekommene 28jährige ist in der Ultraszene keineswegs ein unbeschriebenes Blatt, schließlich bestritt sie den Eiger Ultratrail wie auch das Innsbruck Alpine Festival über die Langdistanz bereits mit Erfolg, die WM-Generalprobe bestritt sie als Vierte beim Transgrancanaria.

Nachdem sie den ersten Angriff der Tschechin Marcela Vasinova im Aufstieg am Hoadl abgewehrt hatte, startete sie einen Alleingang – bis nahe Kranebitten, als sie von der Französin Marion Delespierre abgelöst wurde. Bei dieser Reihenfolge ist es geblieben, zumal der Abstand an der Nordkette zur Führenden bis auf 6:45 Minuten anwuchs. Das Duell mit der aufkommenden Französin Manon Bohard Cailler entschied sie in überzeugender Manier für sich. „Eigentlich laufe ich gerne noch länger, aber heute sind mir die Höhenmeter zugute gekommen. Da ich nicht als eine der Favoritinnen gestartet war, bin ich natürlich sehr zufrieden!“ freute sich Katharina Hartmuth übere ihren Coup.

Spannend wurde es aber auch auf den nächsten Positionen. Stets auf Rang vier, ohne jedoch ernsthaft in die Medaillenränge vorstoßen zu können, lief Rosanna Buchauer. „Ich hatte schon bei der Hälfte einige Probleme“, gestand die WM-Fünfte des Vorjahres, „vielleicht war ich auch am Anfang zu schnell losgelaufen! Ich habe alles gegeben, jetzt bin ich aber einfach froh, hier zu sein. Der Zieleinlauf ist wirklich so cool!“ Im Abstieg hinab nach Innsbruck stürmte noch die Italienerin Martina Valmassoi an der Ruhpoldingerin vorbei auf den vierten Platz, sodass es für Rosanna wieder Rang fünf wurde.

Das Frauenrennen lebte aber auch von der Spannung, wer letztlich in der Teamwertung die Nase vorne haben würde. Nach der Hälfte des Rennens trennten Frankreich und Deutschland lediglich Sekunden, dank des starken Auftritts der Französinnen an der Nordkette gab es letztlich auch hier klare Verhältnisse. Mit 34:58:23 Stunden holte Frankreich das vierte Gold in diesem Wettbewerb, die deutschen Läuferinnen mit Katharina, Rosanna und der Fünfzehnten Ida-Sophie Hegemann belohnten sich nach 35:32:01 Stunden mit Silber – der dritten Silbermedaille bei diesen Titelkämpfen. Bronze ging bei den Frauen an Italien (36:20:08). Das deutsche Frauenteam komplettierten Eva Sperger (20.) und Marie-Luise Mühlhuber (40.).

Bis der zweifachen Jungfrau-Marathonsiegerin der Jahre 2021 und 2022 schier der (Kräfte-)Stecker gezogen wurde, sie büßte auf vornehmlich technisch anspruchsvollen Abschnitten zur Schlickeralm mehr und mehr von ihrem Vorsprung auf die weiteren Verfolger ein und ging sichtlich angeschlagen nach dreißig Kilometer aus dem Rennen.

Mit einer anderen Taktik startete hingegen Daniela Oemus das Rennen an. Die erst nach ihrem sensationellen Erfolg beim Trail-Klassiker Zegama-Aizkorri ins Team nachgerückte Fachärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie rückte mit zunehmender Streckenlänge in die Top 10 vor – und beendete das Rennen als Sechste! „Damit habe ich bewiesen, dass ich hierher gehöre! Vor dem Rennen habe ich mir vorgestellt, dass eine Top 10-Platzierung super wäre. Jetzt habe ich diese und bin superhappy!“ Wegen einer Verletzung im Sprunggelenk hatte sie die gut dreieinhalb Wochen zwischen den beiden Topevents zur Regeneration als zum geregelten Training genutzt. „Anfangs habe ich mir gesagt, du läufst dein Ding und schaust nicht nach den anderen. Vor allem bei den Downhill-Passagen hatte ich etwas Sorgen, aber es ging alles gut!“ Und der Blick zu ihrer Teamkollegin Laura Hottenrott, die so furios das Rennen angegangen war? „Laura habe ich bei Kilometer 23 überholt und wusste, dass ich mich auch weiterhin auf mich konzentrieren muss!“

Durch den Ausstieg von Laura war natürlich die Hoffnung auf eine Teammedaille hinfällig. Zeitweise lag das deutsche Team, für das zudem die sich stetig weiter bis auf Platz 22 vorlaufende Anja Kobs, Lena Laukner und Dioni Gorla starteten, sogar vor Frankreich an der Spitze. Das änderte sich freilich mit zunehmender Streckenlänge. Im Ziel blieb unter 21 Teams Rang sieben hinter Frankreich, der Schweiz und USA auf den Medaillenrängen, gefolgt von Schweden, Spanien, Italien, Deutschland und Groß-Britannien.

Und den Tagessieg sicherte sich dank ihrer überragenden Bergab-Lauffähigkeiten Clementine Geoffray nach 4:53:12 Stunden und zwei Minuten Vorsprung auf Judith Wyder, die keineswegs enttäuscht wirkte. Und freute sich riesig mit ihrer Teamkollegin Theresa Leboeuf, die mit einem respektablen Rückstand von 16 Minuten die Bronzemedaille gewann. „Bergab hatte ich Probleme“, gestand Judith Wyder. „Ich bin einige Male gestürzt und bekam Krämpfe. Der Sieg von Clkementine ist absolut verdient…“. Mit neun Minuten Rückstand auf Frankreich durften die Schweizerinnen (zusammen mit Nina Zoller/ Platz 33) eine weitere Silbermedaille in Empfang nehmen.

Stian Angermund ist der anerkannt beste Trailläufer auf der Marathondistanz. Nach einem Auftakt mit dem in Innsbruck lebenden Briten Thomas Roach setzte sich der Vorjahressieger mehr und mehr ab, hatte aber kaum mehr als zwei Minuten Vorsprung auf seinen ersten Verfolger, der sich in kurzer Zeit aber auch in der Trailszene einen exzellenten Namen gemacht hat. Doch auch Thomas Roach musste kämpfen, schließlich rückte der Italiener Luca del Pero bis auf fünfzig Sekunden heran.

„Wir sind sehr schnell gestartet, aber dennoch habe ich versucht, wegzukaufen. Der finale Anstieg war auch für mich sehr hart und ich musste ‚leiden‘. Aber nun bin ich glücklich, denn der WM-Titel war mein großes Ziel in diesem Jahr!“ Mit 4:19:00 Stunden lag der Norweger auch im Ziel gerade 2:18 Minuten vor dem Briten, der seinem Heimatland den Weg zum Mannschaftsgold ebnete.

Sichtlich zufrieden zeigte sich auch Benedikt Hoffmann, der als bester deutscher Läufer sein erklärtes Ziel Top 10 als Zehnter auf den Punkt schaffte. „Das ist meine bislang beste Platzierung bei einer Weltmeisterschaft. Es waren so viele Topathleten am Start, sodass diese Platzierung wirklich zeigt, dass dies meine Disziplin ist!“ Seine Taktik, das Rennen defensiv anzugehen, ist somit vollends aufgegangen. „Mit Stephan Wenk habe ich mir ein tolles Duell geliefert, musste aber beim langen Downhillstück zum Ziel aufpassen, dass er nicht noch einmal herankommen würde.

Der eigentliche Skibergsteiger Marc Dürr schlug sich als 27. sehr achtbar, schließlich konnte er auch den starken Österreicher Hans-Peter Innerhofer in Schach halten, der allerdings mit erheblichen Problemen weit unter seinen eigenen Erwartungen das Ziel erreichte. Thomas Wanninger sorgte als 40. für das dritte Wertungsresultat, das das DLV-Team wie später auch die Frauen als Siebter beendete. Hinter Groß-Britannien (13:18:52) belegten Italien (13:26:32) und Frankreich (13:34:38) die weiteren Medaillenplätze, gefolgt von Polen, Norwegen und den USA.