Der deutsche Berglauf ist fest in hessischer Hand

Überragende Bilanz der hessischen Athleten bei den deutschen Berglaufmeisterschaften am Brocken – Lisa Oed gewinnt Frauen- und U20-Titel – Vizemeisterschaft für Aaron Bienenfeld – Dominik Müller gewint U20-Titel vor Julius Hild und Marius Abele – Männer-Mannschaftstitel an SSC Hanau-Rodenbach

Auch wenn das hessische Mittelgebirge nicht die höchsten und steilsten Berge im Vergleich zu den süddeutschen Landesteilen hat, im nationalen Berglauf führt derzeit kein Weg an den hessischen Athleten vorbei. Noch nie in der Geschichte der deutschen Berglaufmeisterschaften seit 1989 war der HLV stärker als bei den 30. Titelkämpfe, die von Ilsenburg zum mit 1142 m hohen Brocken führte und in den Brockenlauf als den ältesten deutschen Berglauf integriert wurde.

In einem überaus spannenden Rennen fiel die Entscheidung bei den Männern praktisch erst einhundert Meter vor dem Ziel, als mit Maximilian Zeus (LG Telis Finanz Regensburg) der Titelverteidiger den Spurt auf der 11,7 km langen Strecke mit 890 Höhenmetern anzog und Aaron Bienenfeld (SSC Hanau-Rodenbach) um vielleicht zehn Meter distanzierte, die Siegerzeit wurde allerdings mit 51:11 Minuten für beide Läufer gleich gesetzt. „Als Max an mir vorbei gespurtet ist, dachte ich, ich sei im falschen Film! Aber ich denke, dass ich mich gegen die etablierten Berglaufasse gut behauptet habe, schließlich war ich vor einem Jahr noch eine Minute zurück!“ kommentierte er überaus bescheiden seine überzeugende Vorstellung am Brocken. Aarons Leistung ist schon alleine deshalb besonders bemerkenswert, weil der in Cincinnati (Ohio) studierende SSC-Läufer durch seine Orientierung auf Bahn und Straße („Ich konnte auf allen Strecken von 800 m bis 10.000 m neue Bestzeiten laufen!“) in dieser Saison kein Berglauftraining bestritten hatte. Der bis 1 km vor dem Ziel führende Hindernisspezialist Konstantin Wedel (LAC Quelle Fürth) folgte als Dritter vier Sekunden zurück.

Bereits auf Rang acht lief nach 54:17 Stunden der 18jährige Dominik Müller (LG Langgöns-Oberkleen) ins Ziel und gewann damit die U20-Meisterschaft vor den beiden Hanauern Julius Hild (55:08) und Marius Abele (55:25), die in der Overall-Wertung die Plätze 14 und 15 erreichten. Mit Bienenfeld, Lukas Abele (12.) und Julius Hild war der der Mannschaftssieg für das junge Team des SSC Hanau-Rodenbach gesichert. Aber nicht nur das, sondern die zweite SSC-Vertretung mit Marius Harland, M35-Meister Thomas Seibert und Jörn Harland wurde Zweiter vor der LG Allgäu und der LG Braunschweig! Angeführt von Thomas Seibert sicherte sich der SSC Hanau-Rodenbach zudem auch noch den M35-Mannschaftstitel. Der U20-Mannschaftstitel ging „natürlich“ an den SSC Hanau-Rodenbach, gefolgt von der LG Fulda und SSC Hanau-Rodenbach II.

Als es nach acht Kilometern auf die Panzerstraße zum Brocken ging, machte Lisa Oed richtiggehend Druck und konnte ihre hartnäckige Wegbegleiterin Stefanie Doll (SV Kirchzarten), die Schwester des Weltklasse-Biathleten Benedikt Doll, abschütteln – und zur ersten Meisterschaft bei den Frauen nach 58:28 laufen. „An den Titel habe ich vor dem Rennen nicht gedacht, an eine Medaille schon!“ so die 19jährige Hanau-Rodenbacherin, die in zwei Wochen in Andorra nach ihrem EM-Berglauftitel 2017 nun zum WM-Titel laufen möchte. „Auch wenn ich in diesem Jahr nur den Feldberglauf bestritten habe, weiß ich nun, wo ich stehe. Und es fühlt sich gut an!“ Als Dreingabe holte sie sich zudem noch die U20- Meisterschaft. Mit einer knappen Minute Rückstand holte sich Stefanie Doll in ihrem ersten Berglaufjahr die Silbermedaille vor der Titelverteidigerin Sarah Kistner (MTV Kronberg), die nach langer Verletzungspause allmählich wieder in Schwung kommt. „Mir fehlen einfach die Tempoläufe, aber ich denke, dass ich auf einem guten Weg bin. Ich werde noch den Hochfelln-Berglauf laufen und dann in die Saisonpause gehen. Dann werden wir sehen….“ Auf Rang sieben lief mit Simone Raatz (ASC Darmstadt) bereits die schnellste Mastersläuferin über die Ziellinie und holte gegen die prominente Konkurrenz von Anja Carlsohn (LG Brandenkopf) und Birgit Unterberger (OSC Berlin) den W40-Titel. Hinter Anja Carlsohn folgte auf Rang zehn bereits mit Alexandra Rechel die zweite Läuferin des ASC Darmstadt, die damit nicht nur erneut W45-Meisterin wurde, sondern auch einen wertvollen Beitrag zum Gewinn des W40/45-Mannschafstitels mit Simone Raatz und Stefanie Hock beisteuerte.  Souveräne Vorstellungen gab es auch bei den älteren Mastersläuferinnen durch die bei Welt- und Europameisterschaften schon zu Titelehren gekommenen Elke Keller ((LG Filstal) und Marie- Luise Heilig-Duventäster (LG Welfen) als Siegerinnen der W50 und W55 als 19. Bzw. 25. Der Gesamtwertung. Ein starkes Team führte Marie-Heilig-Duventäster zudem zur Teammeisterschaft W50 und älter.

Den Frauen-Mannschaftstitel sicherte die LG Brandenkopf (3:29:14) vor den beiden hessischen Mannschaften vom SSC Hanau-Rodenbach (3:29:43) und dem ASC Darmstadt (3:32:58). Für Lisa Oed sollte es allerdings noch eine dritte Goldmedaille neben den beiden Einzeltitel geben, nämlich mit ihren U20-Kolleginnen Angela Schick und Nessrin Amerschläger.

Mit 345 Teilnehmern gab es bei den Deutschen Berglaufmeisterschaften, integriert in den seit 1927 ausgetragenen Brockenlauf, eine vorzügliche Beteiligung. Dank des Arnstädter Zeitmessunternehmens Sportident gab es bereits direkt im Zieleinlauf für jeden (!) Teilnehmer einen Ausdruck mit der jeweiligen Platzierung mit Zielzeit, ein Service, der bislang auch einmalig ist in der Geschichte von Berglaufmeisterschaften. Wegen Auswertungsproblemen musste die am Abend in einem alten Industrie-Denkmal angesetzte und kompakt durchgeführte Siegerehrung nach den Einzelwertungen abgebrochen werden, da die manuell durchgeführte Auswertung der U20- und Seniorenmeisterschaften fehlerhaft war.