Timothy Short meldet sich mit eindrucksvollem Sieg zurück

Marco Sturm dominiert die 20 Meilen von Chur nach Lenzerheide – Graubünden-Marathon auf Rothorn- Ersatzstrecke auf den Piz Scalottas mit über 1000 Teilnehmern 

Der Brite Timothy Short meldete sich nach einem kapitalen Bike-Unfall vor einem Jahr in einer starken Verfassung beim Graubünden-Marathon zurück und gewann die 42,2 km lange Strecke von Chur über Lenzerheide auf den Piz Scalottas mit 2222 Höhenmetern in 3:24:58 Stunden und hatte dabei vier Minuten Vorsprung auf das frühere Skilanglaufass Gion-Andrea Bundi und den Deutschen Michael Barz, der 2007 den Graubünden-Marathon gewonnen hatte. Bei den Frauen war Maja Meneghin-Pliska als Dreizehnte des Gesamteinlaufes mit 3:59:14 Stunden eine Klasse für sich. Einen Etappensieg gelang dem Regensburger Marco Sturm, der die 20 Meilen, das erste Teilstück von Chur bis Lenzerheide, in eindrucksvoller Manier bestimmte und vor dem Briten Timothy Short im weltbekannten Wintersport Lenzerheide einlief.

Das Rothorn, bisheriges Markenzeichen des Graubünden-Marathon in sechs Auflagen, stand für die Organisation um die OK-Präsidentin Anja Baselgia wegen der Komplettreparatur der Rothornbahnen diesmal nicht zur Verfügung. Ausgewichen wurde deshalb auf die Gegenseite mit dem Piz Scalottas, ein gewiss weniger spektakuläres Massiv in 2321 Meter über der Meereshöhe. „Die Läufer werden natürlich gefragt“, räumte Anja Baselgia ein, „aber wir gehen davon aus, dass wir im kommenden Jahr wiederum auf das Rothorn laufen werden!“ Somit veränderte sich natürlich das Höhenprofil in markanter Weise, die Streckenlänge betrug natürlich unverändert 42,2 km, aber die Gesamthöhendifferenz von Chur betrug „lediglich“ 2.222 Meter. Hart und selektiv genug, um den 400 Marathonläufern alle Möglichkeiten zu einer großen Herausforderung zu geben. Mit den weiteren Strecken 20 Meilen von Chur nach Lenzerheide, Halbmarathon von Churwalden nach Lenzerheide, Scalottas-Run von Lenzerheide zum Piz Scalottas über 11 km und diversen Walking-Angeboten kommt man unter dem Strich auf 1000 Anmeldungen. Gewiss zu wenig, um im Konzert der großen Laufveranstaltungen in der Schweiz eine gewichtige Rolle spielen, genug aber, um Graubünden weitere Chancen zu geben. Und diese neuerliche Chance sollte Anja Baselgia und Co. für 2011 nutzen, um den spektakulären Aufstieg zum Rothorn beim „härtesten Marathon Europas“ (so der Slogan aus dem Organisationsteam) mit Nachdruck zu promoten.

Durch den gemeinsamen Start von Marathon und 20 Meilen (31,1 km) entwickelte sich vom Start weg ein interessantes Duell zwischen dem Briten Timothy Short und dem Deutschen Marco Sturm, das eigentlich keines war, weil der eine (Short) für Marathon, der andere (Sturm) für die 20 Meilen gemeldet war. „Ich fühle mich gut, kann ich weiterlaufen“ fragte unterwegs der Langdistanz-WM-Fünfte seinen Betreuer, den Deutschen Berglauf- Nationalmannschafts-Coach Wilfried Raatz, der zunächst unentschlossen war, aber nach Rücksprache mit der Rennleitung seinen Schützling in Lenzerheide aus dem Rennen nahm – und somit wie geplant Sieger des 20 Meilen-Wettbewerbs wurde. „Timothy und ich, wir haben uns unterwegs ganz nett duelliert. Bergauf konnte ich ihm immer wieder weglaufen, bergab ist er aber stets wieder herangelaufen. Schade, dass ich nicht weiterlaufen durfte, ich hätte gewinnen können!“ So bleibt für den Regensburger ein Natural-Siegerpreis anstelle des vielleicht machbaren 1500 Franken-Barpreis, aber die Gewissheit, dass dieser „Etappensieg“ weiteren psychologischen Auftrieb nach einem sehr zähen Saisonstart geben dürfte. Mit 2:17:18 Stunden liest sich Marco Sturms auf den 20 Meilen und einem Vorsprung von 19:37 Minuten auf den zweitplatzierten Michel Jobin und 25:10 Minuten auf den drittplatzierten Matthias Frei wie ein Trainingslauf, doch nur Insider wissen, dass es ein richtig spannungsgeladenes Duell mit dem Briten war.

Und dieser Timothy Short zeigte sich als Dominator dem Weg zum Sieg zum Piz Scalottas. „Ich bin zurück“, freute sich der 29jährige, der als Banker in London einem durchaus ehrwürdigen Job nachgeht und das Berglaufen nach Feierabend betreibt, mit Blick auf seinen kapitalen Radunfall vor einem Jahr. Deshalb war der Sieger des LGT- Marathon 2008 auch im Vorjahr nicht in Erscheinung getreten. Die Frage, was er mit den 1500 Franken Preisgeld anfangen würde, antwortete er mit typisch britischem Humor: „Das gibt eine gute Flasche Wein!“ Und sicherlich weiteren Auftrieb bei seinen weiteren internationalen Starts, darunter auch bei der Langdistanz-WM am Pikes Peak in den USA. „Zum Glück geht es dort nur bergauf“, gestand er freimütig, „denn eigentlich macht mir das Bergablaufen keinen Spaß!“
Vier Minuten betrug Shorts Vorsprung auf den Zweiten, den Davoser früheren Skilanglauf-Profi Gion-Andrea Bundi. Weitere zwei Minuten zurück folgte mit dem Allgäuer Michael Barz der Graubünden-Marathon-Sieger 2007. „Ich habe noch Trainingsrückstand“ gestand der lange Duracher. „Deshalb habe ich anfangs auch Probleme mit dem schnellen Tempo gehabt, am Berg konnte ich zwar die eine oder andere Minute gutmachen, aber der Rückstand war dann doch zu groß. Aber eines muss ich sagen, ich war sehr einsam auf dem Aufstieg zum Piz Scalottas!“ Dennoch war Michael Barz sehr zufrieden mit seinem Abschneiden. „So kann es weitergehen!“

Das erwartet von sich auch die noch deutlich überlegene Frauen-Siegerin Maja Meneghin-Pliska, die mit 12 Minuten Vorsprung auf Denise Zimmermann das Ziel erreichte. „Das ist heute wie am Schnürchen gelaufen!“ freute sich die 32jährige Osteopathin, die nach Abschluss ihrer Ausbildung endlich den Freiraum zum geregelten Training findet. „Für mich ist das mein mit Abstand größter Erfolg“, gestand der im Schweizer Jura lebende Graubünden-Marathon-Champion. Bislang hatte sie sich mit eher bescheidenem Erfolg beim Swiss Alpine- Marathon, beim Jungfrau-Marathon oder aber auch beim (flachen) Zürich-Marathon versucht, wenngleich die Konkurrenz bei den Events natürlich nicht zu vergleichen ist.

Gewinner sind auf jeden Fall die 1000 Teilnehmer bei der zweitägigen Veranstaltung im Graubündner Land. Anspruchsvoll, aber weniger extrem und weniger felsig, dafür wesentlich blumiger – das haben die Macher des Graubünden-Marathon versprochen. Bei Kaiserwetter ist dies gewiss eingetroffen – und ist beste Werbung für die achte Auflage im kommenden Jahr.