„Beyond the Limit“ wird harte Realität – Zwischen 34 und 60 Stunden sind die T201-Starter unterwegs – Spannung beim T41 bis praktisch zum Zieleinlauf – Hitze, Regen und Sonnenschein im Wechsel beim weltweit schönsten Ultratrail rund um Davos
Hinter dem Titel „Beyond the Limit“ steckt Abenteuer, unbändiger Willen. Durchhaltevermögen, Robustheit und ein Schuss Verrücktheit – aus diesem Holz müssen die Irontrailer beim nach eigenem Bekunden weltweit schönsten (und härtesten?) härtesten Ultratrail in Graubünden sein. 200 Kilometer und 14.440 Höhenmeter sind zwischen Davos und Davos zurückzulegen. Am Schnellsten wussten bei der vierten Auflage des Swiss Irontrail die beiden Schweizer Ramon Casanovas und Andrea Huser in 34:20:34 bzw. 34:53:36 Stunden zurückzulegen. eine phantastische Leistung bei Temperaturen bis zu 30°, Regen, Sonnenschein und Dunkelheit und ein Sieg über die körperliche Leistungsfähigkeit.
Doch der Swiss Irontrail in Davos ist nicht nur ein Lauf der absoluten Extreme, denn Irontrail-Macher Andrea Tuffli, zugleich verantwortlich für das seit 30 Jahren zur Austragung kommende hochalpine Laufspektakel Swissalpine, hat diesen 200 km langen Ultratrail, modern genannt als T201, garniert mit einer Reihe von attraktiven „Nebenwettbewerben“ wie den T121, T91 und T41 sowie die Hiking-Wettbewerbe D21 und A21 – sodass am dritten August-Wochenende nahezu 1000 Trailfans an der Startlinie standen. Allerdings ist die Aussteigerquote nirgends höher als bei diesem 200 km langen Ultratrail mit den Kulminationspunkten Sertigpass (2733 m), Chamanna Segantini (2731 m), FuorclaSurlej (2755 M), Lughinpass (2645 m) und Weisshorn (2653 m) zwischen dem Start in Davos, Bergün, Samedan, Pontresina, Maloja, Savognin, Lenzerheide, Arosa und dem Ziel in Davos – sie betrug außergewöhnliche 55 Prozent. Sicherlich geschuldet auch der hohen Temperaturen am Donnerstag und dem lokalen Dauerregen am Freitag.
Bei der Königsdisziplin wurde es an der Spitze bei den Männern ein Lauf der Überraschungen. Denn keiner der vermeindlichen Favoriten wie Michael Büchi, Eugeni Rosello Solé, Hara Kosuke oder Pavel Paloncy sollte das Ziel an den Arkaden auf der Davoser Promenade sehen, sondern die Protagonisten waren die Außenseiter wie der Berner Ramon Casanovas oder der Südtiroler Alexander Rabensteiner, die sich an der Spitze ein interessantes Duell lieferten, das letztlich der 35jährige Ramon, dessen Namen von seinen spanischen Großeltern stammt, für sich entscheiden konnte.
„Ich habe schon nach dem Studium der Startlisten gedacht, dass ich gewinnen könnte!“ An Selbstvertrauen sollte es dem in Bern als Leiter von Sportaktivitäten für Jugendliche arbeitenden Ramon Casanovas nicht mangeln. Doch die Art und Weise, wie er sich drei Wochen nach seinem siebten Rang beim Swissalpine derart nachhaltig in den Vordergrund laufen konnte, die beeindruckt. Nach knapp der halben Distanz in Maloja lag er mit einer Durchgangszeit von 14:46:05 Stunden noch fünfzig Minuten (!) hinter dem führenden Alexander Rabensteiner zurück, in Lenzerheide waren es nach 160 Kilometern nur noch vier Minuten – in Arosa sollte dann der Wechsel an der Spitze erfolgen. „Es ist schon cool, als Sieger durch das Ziel zu laufen“, freute sich Ramon Casanovas eher still – und genoss das erste alkoholfreie Bier im Ziel. Vorbereitet hatte sich der Berner mit teilweise ungewöhnlichen Maßnahmen wie einem 20stündigen Marsch in der Nacht und dem folgenden Tag, um sich mental auf die wechselnden Bedingungen einzustellen.
In Savognin „verabschiedete“ er sich übrigens von der schnellsten Frau im Rennen, der wie entfesselnd durchstartenden Andrea Huser, die zu diesem Zeitpunkt noch auf Rang zwei (!) des Gesamtklassements geführt wurde. Die 42jährige Topfavoritin, übrigens bis vor zwei Jahren noch eher als Triathletin und MTB-Fahrerin unterwegs, distanzierte auf ihrem Start-Ziel-Sieg übrigens die Vorjahresgewinnerin Denise Zimmermann, die allerdings mit einer Erkältung ins Rennen gegangen war, bei einer Siegerzeit von 34:53:36 Stunden um sechs (!) Stunden, die drittplatzierte Jeannette Dalcolmo aus Klosters lag schon über zwölf Stunden zurück.
„Ich bin praktisch zeitlos gelaufen“, gestand Andrea Huser, die ohne Uhr das Rennen komplett nach Gefühl gestaltete. „Diesen Sieg kann ich noch gar nicht recht fassen. Ich bin stolz auf meine Leistung!“ Das kann sie auf jeden Fall, denn so lange war sie bislang noch nie gelaufen. „Ich bin in der Nacht mit Sparmodus gelaufen, damit ich am Tag dann wieder stärker aufdrehen konnte. Es ist schon faszinierend, zu welchen Leistungen ein Körper in der Lage ist!“
Den T121-Wettbewerb von Davos über den Sertigpass, Fuorcla da Tschitta (2831 m), Pass Ela, Weisshorn und den Strelapass sicherten sich der Italiener Jimmy Pellegrini vor den Deutschen Florian Felch (Durach) und Matthias Krah (Würzburg) bzw. die Tschechin Lada Zrzavecka vor der Kölnerin Kim-Dania Schierhorn, während es im T91-Wettbewerb von Bergün nach Davos einen ungarischen Doppelschlag durch Csaba Németh und Ildikó Wermescher gab.
Erst vier Kilometer vor dem Ziel entschied Daniel Bolt (Schweiz) den Marathonwettbewerb (T41 mit 2300 Höhenmetern) in 4:25:17 Stunden knapp gegen den US-Amerikaner Andy Anderson (4:26:34), während bei den Frauen Noèmi Thommen erfolgreich war, die Deutsche Simone Philipp wurde Dritte.