Der Tag der Ostafrikaner
Der Ex-Weltmeister Petro Mamu läuft einsam voraus – und verfehlt den Kursrekord um drei Minuten. Das Nachsehen haben dabei die sieggewohnten Kenianer Francis Wangari und Issak Toroitich Kosgei, die mit über vier Minuten Rückstand die Plätze zwei und drei belegen. Wächst mit dem 18jährigen Stefan Knopf aus Bischofswiesen ein neues Berglauftalent heran? Es ist vertrackt, dem Tiroler Traditions-Berglauf fehlt es an Zuspruch: Nur 185 Startnummern werden bei einem der international renommiertesten Läufe Österreichs ausgegeben.
Es ist schlichtweg der „Hammer“, was das Kitzbüheler Berglauf-Urgestein Franz Puckl mit seinen nunmehr 80 Jahren Jahr für Jahr auf die Beine zu stellen weiß – nur eines jedenfalls ist gewiss: Der Applaus für diese unermüdliche Leistung wird immer spärlicher. Waren es zur Blütezeit des „Grand-Prix von Österreich“ noch 600 Läufer, die vom Hauptplatz in der schmucken Kitzbüheler Fußgängerzone aus die legendäre Horn-Bergstraße über 12,9 km und 1234 Höhenmetern hinauf zum weithin sichtbaren Fernsehturm stürmten, so sind es nunmehr gerade noch 185, die wie bei der 37. Auflage bei zugegeben etwas zu heißem Sommerwetter die Kitz- Herausforderung aufnahmen. So gab es letztlich bei der zweistündigen Siegerehrung praktisch für jeden Teilnehmer etwas, sei es etwas Nahrhaftes aus der Tombola oder bei der Siegerehrung, bei der über alle Wertungskategorien hinweg über 100 Pokale ihren Besitzer fanden. Bares eingeschlossen, da ließ sich der Puckl Franz einmal mehr nicht lumpen.
Sieht man von den ostafrikanischen Assen einmal ab, muss man für die 37. Auflage konstatieren: Der Stellenwert des einstmals zur ersten Güteklasse zählenden Horn-Bergstraßenlaufes ist mächtig gesunken. So war von der österreichischen Spitze alleine die Vorjahressiegerin Karin Freitag vertreten, aus dem Nachbarland Deutschland immerhin mit Joseph Katib der amtierende Berglaufmeister. Das war es allerdings auch schon. So rückten andere wie der 18jährige Stefan Knopf aus Leistungssportsicht in den Mittelpunkt des Interesses. Der Bub aus dem Berchtesgadener Land stürmte bereits nach der Streckenhälfte an Joseph Katib vorbei und fand sich letztlich als Fünfter bei der Overall-Siegerehrung neben den anerkannten Berglaufgrößen wie Petro Mamu, Francis Wangari und Isaak Toroitich Kosgei wieder.
„Ich bin nach Gefühl gelaufen und natürlich überrascht, dass ich so weit vorne laufen konnte“, gestand Stefan Knopf im Ziel. Der 18jährige aus Bischofswiesen läuft seit kurzem im Team des bayerischen Berglaufwartes Sepp Wolf beim PTSV Rosenheim. Sportlich aktiv ist er freilich schon länger, denn Skibergsteigen und Mountainbiken sind seine bevorzugten Aktivitäten. Und seit 2015 ist Berglaufen hinzugekommen. Und gesteht mit gewissem Stolz und Blick zu seinem Tischnachbarn: „Die Gene habe ich vom Opa“. Und dieser ist in der Berglaufszene im Alpenraum fürwahr ein alter Bekannter. Denn den Willi Hölzl kennen viele, auch beim Hornlauf. Schließlich ist er in seinen besten Jahren auch mit und gegen den Hornlauf-Organisator Franz Puckl gelaufen.
Nach ersten Achtungserfolgen, unter anderem auch Rang sieben beim Katrin-Berglauf, lief er auf Anraten seines Großvaters die anspruchsvollen 12,9 km in Kitzbühel. „Das Steile mag ich besonders!“ Kein Wunder, wenn ein Hauptaugenmerk beim Skibergsteigen liegt, schließlich lebt in der Ramsau mit Toni Palzer der Junioren- Weltmeister im Skibergsteigen und zugleich auch der deutsche Berglaufmeister 2013. „Nun muss man aber auch beim DLV auf Stefan aufmerksam werden, einen Startpass für einen Leichtathletik-Verein hat er zumindest bereits….“, lässt Sepp Wolf eine mögliche Berglauf-Karriere vor seinem geistigen Auge ablaufen.
Nur vier Athleten ließ der Jungspund aus dem Berchtesgadener Land letztlich vor – und diese haben allesamt ein anderes Kaliber. Allen voran der Berglauf-Weltmeister Petro Mamu, der einmal mehr in den Sommermonaten im Sutbaital sein Domizil aufgeschlagen hat. Der Eriträer ließ schon im ersten Anstieg nach dem drei Kilometer langen Einrollen seine vermeindlichen Mitkonkurrenten um den Tagessieg stehen. Kilometer um Kilometer baute der 31jährige seinen Vorsprung aus – am Ende seines Tempolaufes standen starke 59:03 Minuten zu buche. Gut, aber nicht gut genug für die Verbesserung des Streckenrekordes, den Jonathan Wyatt seit 2000 mit 55:58 Minuten hält. „Ich kann diesen Rekord brechen“, darin ist sich Petro Mamu überzeugt, „aber dazu brauche ich starke Konkurrenz. Es ist schade, dass ich schon nach vier Kilometern alleine laufen musste!“ So blieb letztlich eine Endzeit, die den kleinen Eriträer auf Rang 13 der „ewigen Horn-Bestenliste“ einreihte.
Mit einem „Trainingslauf“ mussten sich letztlich die für das Keniateam von run2gether laufenden Asse Francis Muigai Wangari und Isaac Toroitich Kosgei begnügen, schließlich lagen sie mit 1:03:40 und 1:04:48 vier bzw. fünf Minuten zurück hinter dem Weltmeister von Valle Camonica 2012. Nach dem vorzeitigen Ausstieg des deutschen Berglaufmeisters Joseph Katib („Ich habe Muskelkrämpfe und bin mit Rücksicht auf die Straßenlauf-DM am kommenden Sonntag lieber rechtzeitig aus dem Rennen gegangen!“) wurde es für den starken Robert Gruber ein einsames Rennen auf Rang vier, als kleines Zubrot gewann er in 1:05:32 noch die M 40-Kategorie.
Bei den Frauen war die Vize-Weltmeisterin von Casette di Massa, die Kenianerin Lucy Wambui Murigi, natürlich ungefährdet. Nach 1:10:56 war sie als Gesamtsechste bereits im Ziel. Die auch schon 2011 siegreiche Lucy war gut eineinhalb Minuten langsamer als bei ihrem ersten Erfolg, zum Streckenrekord von Melissa Moon fehlten allerdings mehr als drei Minuten. Zunächst war ihre Teamkollegin Esther Majiru Macharia noch im Schlepp, musste allerdings nach dem Alpenhaus um Rang zwei gegen die stark aufkommende Südtirolerin Agnes Tschurtschenthaler noch bangen. 18 Sekunden trennten letztlich beide voneinander. So wurde es einmal mehr ein Tag der Ostafrikaner am Kitzhüheler Horn.
„Eigentlich habe ich mich heute schwer getan“, gestand die 33jährige aus Sexten, die sich wegen ihrer Bahn- und Straßenorientierung als Allroundläuferin bezeichnet. Nach der Geburt ihrer inzwischen 13 Monate alten Tochter Greta macht sie gerade einmal das, zudem sie Lust hat. „Ich habe aktuell keine Ambitionen, aber bei meinem Heimrennen, dem Drei Zinnen Alpine Run bin ich natürlich dabei!“ Die frühere Profisportlerin möchte sich freilich nicht festlegen, doch die Fortsetzung ihrer Karriere stellt sie sich schon in Richtung Halbmarathon und Marathon vor. „Der Berglauf liegt mir einfach, deshalb laufe ich auch immer wieder gerne. Zumal wie heute Kitzbühel nicht so weit von meinem Wohnort Toblach entfernt liegt!“
Gegen die laufbegeisterte Agnes Tschurtschentaler hatte die Vorjahressiegerin Karin Freitag keine Chance, zeigte sich aber als Vierte in 1:14:28 nicht einmal unzufrieden. „Das ist meine zweitbeste Zeit beim Hornlauf. Dabei hatte ich noch Bedenken, da ich am Donnerstag noch bei den Tiroler 10.000 m-Meisterschaften in Innsbruck gestartet war!“ Die 35jährige ist für die bergauf-bergabführende Berglauf-WM in Wales zwar nominiert, aber der Start einer ÖLV-Mannschaft ist mehr denn je offen. „Es hängt von Andrea Mayr ab, ob man ein Team schicken wird. Denn Andrea möchte in Frankfurt Marathon laufen und ist sich nicht sicher, ob ein WM-Start ihre Vorbereitungen nicht zu sehr beeinträchtigen würde!“