Frühling beim Donnersberg-Rock

Welcher Berg oder Bergkamm kann in deutschen Landen für sich in Anspruch nehmen, gleich zweimal läuferisches Ziel von Schweiß (und gelegentlich auch Tränen) zu sein? Mit der Zugspitze, dem Brocken und dem Rennsteig darf sich der Donnersberg als höchste Erhebung in der Pfalz in einen illustren Kreis einreihen. Wie auch andernorts sind allerdings die Kraftausdauer-Fähigkeiten bei diesen beiden Lauf-Veranstaltungen sehr unterschiedlich, die auf dem Weg zum 687 m hohen Donnersberg mit dem weithin sichtbaren SWR-Sendemast abgefordert werden. Ende Februar geht es auf einem gleichmäßig ansteigendes Asphaltband über 7,2 km und 418 Höhenmeter von Steinbach über Dannenfels zum Donnersberg, Ende März sind eher Gelände gängige Fähigkeiten auf dem 13,3 km langen Kurs mit 476 Höhenmetern gefordert. Und sind deshalb nicht mit einander zu vergleichen. Zugkraft jedenfalls haben beide, derzeit (noch) mit einem klaren Plus für den leichteren Donnersberglauf Ende Februar. Doch auch auf der Westseite des Donnersberges arbeitet man mit viel Engagement und Einsatzwillen, um mit dem Rockie-Mountain-Lauf Ende März einen weiteren Pflock in die Berg- und Landschaftslaufszene der Pfalz zu setzen.

Bis zur Gebietsreform hatte das bereits 1332 mit Stadtrechten versehene Rockenhausen mit ROK sogar ein eigenständiges Kfz-Kennzeichen, längst müssen allerdings alle Rockenhäuser mit KIB für den geschaffenen Donnersbergkreis durch die Gegend fahren. Die einstige Kreisstadt wirkte allerdings trotz herrlicher Frühlingssonne eher schläfrig, wären nicht die 300 Sportler mit bunt-flottem Outfit gewesen, die am frühen Samstagnachmittag die Gässchen im historischen Stadtkern bevölkerten. Stadtbürgermeister Karl-Heinz Seebald ließ es sich als Verwaltungschef deshalb auch nicht nehmen, die sportlichen Gäste am Marktplatz zu begrüßen – und die Donnersbergläufer auf den Parcours zu schicken. Allerdings auf eine eher ungewöhnliche Weise, denn in Ermangelung einer handelsüblichen Startpistole klatschte er kurzentschlossen in die Hände und eröffnete somit die Hatz auf den höchsten Berg der Pfalz. Ein Startsignal, dass der im Hunsrück lebende tansanische Läufer Daniel Gisamo Gidumbanda nicht recht zu deuten wusste, schließlich stand er gerade noch etwas abseits mit einer (über)eifrigen Reporterin im Gespräch. Dem früheren Sieger des MLP Marathon Mannheim Rhein-Neckar und zahlreicher weiterer Langstreckenereignisse der Region blieb letztlich nichts anderes übrig, als mit merklicher Verzögerung als Letzter dem Läuferfeld hinterher zu stürmen, verbunden mit dem Handikap, sich eine Gasse durch das dicht gestaffelte Läuferfeld erarbeiten zu müssen.  

Während sich Vanman Jochen Heringhaus fast 500 Höhenmeter weiter oben als Zielmoderator allmählich warm plauderte, die Zeitmesser ihre Anlage auf dem leicht abschüssigen Terrain einjustierten, packten die Mitarbeiter des Westpfalz-Klinikums, die zusammen mit der Verbandsgemeinde Rockenhausen als Veranstaltergemeinschaft wirkten, die Kleiderbeutel ein für den Transport auf den Donnersberg. Mit Startnummern versehene, handliche Kartons sind gewiss eine überaus praktikable Lösung, wenn nur wenig später nach dem Transport von A nach B alle Laufutensilien ohne größeres Chaos und wilde Suchaktionen wieder ausgegeben werden müssen. Hier ist die Hand des lauferfahrenen Organisators Stefan Hinze zu spüren, der „trotz des großen Stresses der letzten Wochen“ natürlich selbst die Laufschuhe schnürte.

Doch der 47jährige Chefarzt des Westpfalz-Klinikums, der im Februar schon den Donnersberglauf von Steinbach aus gewonnen hatte, unterschätzte den psychischen Druck als Veranstalter, den er neben seinem verantwortungsvollen Job in der Klinik zu verrichten hatte. „Ich hatte leichte Kreislaufbeschwerden, deshalb musste ich einige Meter gehen“, gestand der Organisator im Ziel, das er als Sechster nach 57:30 Minuten erreichte, nachdem er zunächst noch in Führung gelegen hatte. Mit „Vielleicht hätte ich auch etwas langsamer loslaufen müssen“ gestand der erfahrene Ultraläufer selbstkritisch seinen taktischen Fehler ein, der selbst einem alten Hasen der Laufszene letztlich immer wieder einmal passiert und ihn umso mehr sympathisch wirken lässt.

Derweil durfte sich ein 22jähriger Nachwuchsmann aus dem Udo-Bölts-Club TuS 06 Heltersberg zum feinen Tagessieg gratulieren lassen: Jonas Lehmann (unser Foto). Der Maschinenbaustudent der Uni Kaiserslautern gehört längst zu den leistungsstärksten (Berg-)Läufern der Pfalz, auch wenn er bislang stets am Siegerpodest vorbeigelaufen war. Weil andere wie Matthias Hecktor oder Stefan Hinze noch einen Tick besser waren. Doch beim Rockie-Mountain-Lauf schlug nun endlich die Stunde für Jonas Lehmann. „Der Lauf ist natürlich schwer einzuordnen, aber das dürfte heute mein bislang größter Erfolg sein“, gestand er im Ziel. Mit 52:10 Minuten wusste er sogar den Auftaktrekord von Martin Schedler um zwei Sekunden zu verbessern. Nun möchte der junge Heltersberger auch auf nationaler Ebene weiter voran kommen, schließlich belegte er bei den deutschen Berglauf-Meisterschaften 2010 in Müllheim schon Rang vier der Juniorenwertung. „Die DM in Oberstdorf wird eindeutig mein Hauptziel in diesem Jahr sein!“ 

Das Nachsehen hatten am Donnersberg die als Mitfavoriten gehandelten Christian Dörr und André Bour ebenso wie Daniel Gisamo Gidumbanda, der nach einer furiosen Aufholjagd im steilen Anstieg seine Ambitionen auf den Sieg begraben musste. „Mir haben die Oberschenkel geschmerzt“, gestand er mit einem Lachen, schließlich sei er selbst schuld an diesem nicht zufrieden stellenden Ergebnis. „Ja, die Reporterin hat mich einfach abgelenkt, deshalb musste ich hinterher laufen!“

Auf Rang 19 des Gesamteinlaufes tauchte bereits mit Josefa Matheis die Frauensiegerin auf. Mit 1:04:04 Stunden lag sie fünf Minuten vor Sonja Deiß und Bianca Kramer. „Die Strecke ist schon hammerhart“, gestand sie etwas außer Atem. „Zum Glück konnte ich das Rennen in einer Dreiergruppe laufen, sodass es richtig Spaß gemacht“. Bereits in der kommenden Woche wird sie beim Heimspiel ihres Vereins, der TSG Eisenberg, die Premiere des Römerlaufes über 25 km bestreiten. „Ziel sind aber die deutschen Halbmarathonmeisterschaften in Griesheim. Und dann vielleicht Marathon in Mannheim….“. 

Glücklich zeigten sich dann auch mit Julian Merkel und Jonathan Kreilaus zwei Rockenhäuser Buben im Ziel. Die beiden 15jährigen stellten sich als ambitionierte Nachwuchs-Mittelstreckler bei der LG Rockenhausen- Wartenberg bereits zum zweiten Mal der „Herausforderung Donnersberg“ und waren dabei gleich zehn Minuten schneller als bei der letztjährigen Premiere. Als 25. und 30. waren sie natürlich „auf dem ersten Blatt der Ergebnisliste“ zu finden, wie sie mit Stolz in der Donnersberghalle zur Siegerehrung zu berichten wussten. Unter den Fittichen ihres Trainers Klaus Widmaier möchten sie allerdings vielseitig bleiben und meinen dabei allerdings die komplette Laufpalette von Cross über Bahn und Straße bis hin zum Berg.

Die Pfälzer Berglaufszene lebt, wenngleich die eher straßenlastigen Bergläufe die weitaus größten Starterzahlen aufzuweisen haben. So mancher der heimischen Berglaufanhänger findet aber auch in der „weiten Welt“ der Berglaufszene die richtigen Herausforderungen, so wie Christian Dörr, der gerne nach dem Rennsteiglauf auch den Zugspitz-Ultratrail bestreiten möchte, oder Rainer Göbel, den die Südtiroler Topläufe wie den Drei Zinnen-Alpin-Lauf oder den Val Ghardena-Extrem-Berglauf reizen.

Mastersläufer sind Allroundläufer, lassen sich selten in eine Schublade stecken. Ein gutes Beispiel dafür ist der 76jährige Ludwig Mesel aus Bad Dürkheim. Zweimal bereits holte er sich bereits die Silbermedaille bei den deutschen Crossmeisterschaften in Stockach und Löningen. Am Berg fühlt er sich nicht minder wohl, auch wenn er auf der „langen Bergabpassage noch einmal richtig Gas geben konnte“, wie er freudig im Ziel berichtete. Drei- bis viermal in der Woche schnürt der Senior die Laufschuhe („Von nix kommt nix“) und ist mit seiner Endzeit von 1:24:26 ebenso zufrieden wie auch die Offenbacherin Ingrid Hoffmann, die nur wenig dahinter die Masterskategorie W 65 für sich entscheiden kann. 

„Rockenhausen ist Gesundheitsstadt und jetzt auch Läuferstadt“, stellt Bürgermeister Karl-Heinz Seebald mit Blick auf die Aktivitäten des Westpfalz-Klinikum-Chefs Dr. Stefan Hinze fest, der mit einem Mitarbeiterteam dem zweiten Rockie-Mountain-Lauf das organisatorische Gerüst gegeben hat. „Die Beteiligung ist gut“, zieht dieser ein vorsichtig positives Fazit und begrüßte zudem jeden (!) Finisher im Ziel per Handschlag. „Wir werden natürlich alles analysieren. Ich gehe aber davon aus, dass es auch einen dritten Rockie-Mountain-Lauf geben wird!“ Für Bürgermeister Seebald und Organisator Stefan Hinze ist eine derartige Veranstaltung weitaus mehr als nur eine Eintragung im Terminkalender der Pfalz, es ist nämlich auch eine Standortsicherung in einer strukturschwachen Region.