Mit rund 2000 Teilnehmern aus 32 Nationen zeigen die Davos X-Tails als Nachfolger des legendären Swissalpine einen beachtlichen Aufwärtstrend.
Entgegen aller Prognosen zeigte sich das Wetter bei der zweiten Auflage der Davos X-Trails von seiner besten Seite. Bei idealen Laufbedingungen geizten dann auch die zahlreichen Spitzenläufer nicht mit Klasseleistungen. So gewann mit Judith Wyder die frühere Weltklasse-Orientierungsläuferin und aktuell eine der Topasse der internationalen Trailszene das Bronze Race (10 km), die zweifache Duathlon-Weltmeisterin Melanie Maurer den Silver Run über etwas mehr als die Halbmarathondistanz, die südafrikanische Trailspezialistin Toni McCann mit fünfzehnminütigem Vorsprung den Gold Run über die Marathondistanz und der Deutsche Benedikt Hoffmann nach 2021 erneut die Königsdistanz über 67,6 km und 2644 Höhenmetern
„Diese Veranstaltung war mit Abstand das beste seit Jahren“, zog OK-Präsident Tarzisius Caviezel ein erstes Fazit bei der Siegerehrung im Sportzentrum in Davos. „Ich war den ganzen Tag unterwegs auf der Strecke und muss sagen, ich bin stolz auf die vielen freiwilligen Helfer. Wir bewegen uns auf einem Top-Niveau, auch wenn wir wissen, dass es immer wieder einiges zu optimieren gibt!“ Und bezog dieses Prädikat auf die Mitarbeiter vor und hinter den Kulissen, bei den Verpflegungsstellen, bei der Streckensicherung und dem medizinischen Personal. Und war natürlich begeistert über die tolle Stimmung, nicht nur im Stadion, sondern auch an verschiedenen Punkten der Strecke.
Für das Topresultat sorgte dabei unbestritten Benedikt Hoffmann, der den Diamond-Wettbewerb nach spannendem Zweikampf mit dem Vorjahressieger Stephan Wenk sowie dem Italiener David Cheraz nach 5:49:34 Stunden mit zwölf Minuten Vorsprung gewinnen konnte. Der in Stockach am Bodensee lebende 37jährige Berg- und Trailspezialist konnte sich nach 30 km mit wechselnder Führung absetzen und einem sicheren Sieg entgegenlaufen. „Ich bin absolut happy. Mir ging es unterwegs sehr gut, ich musste nichts riskieren und dabei sogar meinen Vorsprung immer weiter auf Stephan ausbauen. Probleme hat mir allerdings eine große Blase unter der Ferse gemacht. Aber in jedem Lauf gibt es kleinere Krisen!“
Sowohl Benedikt Hoffmann mit seinen Starts bei der Berg- und Trail-WM in Innsbruck und beim Zermatt-Marathon als auch Stephan Wenk mit vier Hochgebirgsmarathons innerhalb von nur sechs(!) Wochen sind freilich Vielstarter, aber auch absolute Sympathieträger der Szene, die stets einiges zu erzählen wissen.
Bei den Frauen setzte sich im Jahr nach dem überzeugenden Erfolg der aus dem Norddeutschen stammenden Heidi Annemarie Schwartz die Appenzellerin Nicole Signer in 8:21:14 Stunden durch – und gab ihren „Abschied“ bekannt. „Ich war heute das zehnte Mal am Start. Und dabei zahlreiche Platzierungen erreicht. Dieser Sieg ist aber für mich der Höhepunkt und Schlußpunkt zugleich!“
Im Gold Run duellierten sich die im Vorjahr beim Diamond-Wettbewerb hinter Stephan Wenk nächstplatzierten Francois Leboeuf und Shaban Mustafa, nach 3:18:00 Stunden gewann der Bulgare vor dem Schweiz-Kanadier (3:21:19), bester deutscher Starter war hier Josef Ecker auf Rang sechs (4:04:10).
Bei den Frauen stürmte die Südafrikanerin Toni McCann zu einem Start-Ziel-Sieg in 3:44:31 Stunden und distanzierte die namhafte Konkurrenz mit Ivana Iozzia (4:02:32) und der achtfachen Swissalpine-Siegerin Jasmin Nunige, die sich erst drei Tage zuvor für einen Start entschieden hatte, „unterwegs“ vom ursprünglichen Diamond Run auf den Gold Run allerdings gewechselt war. „Der Kopf und die Beine wollten heute nicht!“ bekannte das 50jährige Lauf- und Skilanglaufass. Und freute sich über den starken Auftritt von Toni, die mit ihr bereits im Vorjahr die Davoser Landschaft im gemeinsamen Training kennen gelernt hatte. Die nahe Chamonix lebende Südafrikanerin vermisste auf dem freilich anspruchsvollen Kurs noch mehr technische Abschnitte – versprach aber, nach Davos wiederzukommen. „Natürlich bin ich mit dem Rennen sehr zufrieden, denn im Mai hatte ich mir im Training noch das Schlüsselbein gebrochen. Sozusagen war dies heute mein Einstieg…“ Als bestplatzierte Deutsche wurde Sabrina Prager nach 4:38:00 Neunte.
Bleibt noch ein Blick auf die kürzeren Distanzen. Der Schwede David Nilsson gewann den Silver Run (23,6 km/ +631 m/-379 m) vor Arnold Aemisegger und dem Skilanglauf-Olympiasieger Dario Cologna, der nach seiner überaus erfolgreichen Skikarriere ein bemerkenswertes Ziel vor Augen hat, nämlich einen Herbst-Marathon zu laufen. Und bekannte nach einer hartnäckigen Nachfrage zudem: „Ja, es wird der Berlin-Marathon sein!“
In einem hochkarätigen Feld setzte sich bei den Frauen die zweifache Duathlon-Weltmeisterin Melanie Maurer nach 1:45:06 Stunden vor der Britin Naomi Lang (1:46:11) und der Italienerin Camilla Magliano (1:47:19) durch. Achtungserfolge durften die beiden deutschen Läuferinnen Franziska Althaus und Simone Raatz als Vierte und Sechste verbuchen.
Judith Wyder war gewiss die herausragende Starterin über die knapp 10 km lange Bronze-Distanz. Während der Woche war sie zusammen mit ihrem Ehemann Gabriel Lombriser und Theres und Francois Leboeuf als Trainerteam für Swiss Athletics im Nachwuchscamp in Davos im Einsatz, mit 30 (!) am Berg- und Traillaufen interessierten Jugendlichen sollte gewiss angesichts dieser prominenten Trainer weitere Begeisterung für das Laufen in der Natur geweckt werden können.
Das 10 km-Männerrennen gewann Jake Shelley in 32:38 Minuten, auf Rang vier platzierte sich der deutsche Marcel Krieghoff (35:13). Eine bemerkenswerte Leistung zeigte die 70jährige Hanna Lehmann aus Berlin, die mit einem Rollator in Begleitung ihres Ehemanns Wolf-Dieter und zwei Freunden die 9,3 km lange Strecke mit 163 Höhenmetern absolvierte. Die Olympiasiegerin im Achter von 1976 ist seit Corona auf dieses Hilfsmittel angewiesen, schaffte aber mit einer großen Energieleistung ein weiteres Mal eine Distanz in Davos. Die Lehmanns sind übrigens schon sein zwanzig Jahren auf den unterschiedlichen Strecken in Davos unterwegs.