WalserTrailChallenge wird beim Tri-Team Kleinwalsertal zur Erfolgsgeschichte – WiddersteinTrail boomt in der Spitze und in der Breite – Skitourenass Philipp Schädler stürmt Helmut Schießl und Stefan Paternoster beim WiddersteinTrail bergab auf und davon – Anton Philipp und Andrea Feuerstein dominieren 65 km langen Trail mit 4200 Höhenmetern – Nach nächtlichem Starkregen lacht beim Trail-Finish in Riezlern die Sonne
Trailrunning scheint vielerorts zum Erfolgsgeheimnis zu werden. Doch eine Garantie gibt es nirgends, denn die Anzahl der Trailläufe mit witterungsbedingtem Abbruch oder veränderter Streckenführung wächst von Wochenende zu Wochenende. So ist es nicht verwunderlich, dass Wetterextreme mehr und mehr auch den Veranstaltungskalender der landschaftsorientierten Läufe in entscheidendem Maße mitbestimmen. Sicherlich mussten die Verantwortlichen um Erich Pühringer und Seppi Neuhauser auch im Kleinwalsertal im sprichwörtlichen Sinne den Atem anhalten, doch die geographische Lage der zu Österreich gehörenden Ferienregion mit den einzigen Zugängen über Deutschland hat gewiss einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil ausspielen können. Die mit viel Sorgfalt ausgesuchten Routen liegen nur in wenigen Kilometern Lauflänge im Hochalpinen, alleine das akribische Nachmarkieren wenige Stunden noch vor dem Eintreffen der ersten Trailläufer musste angesichts der anhaltenden Regenfälle erfolgen. Als dann am Sonntagnachmittag alle Trailläufer über 29 wie auch über 65 Kilometer mit viel Sonnenschein und Temperaturen um 25° unweit der Kirche und Casino in Riezlern empfangen werden konnten, war die Laufwelt wieder vollends im Lot. Da griffen selbst die Oberallgäuer Musikanten des Michl Berktold völlig losgelöst in Zielnähe ins aktuelle Repertoire und begeisterten Läufer wie Zuschauer im bierseligen Zeltbereich mit an „Tage wie diese…“. Die Toten Hosen mögen es nachsehen!
Tage wie diese – beim Tri-Team Kleinwalsertal muss man sicherlich auch noch Tage später die Augen reiben. Denn die Erfolgsgeschichte hat einen Namen: Trail. Liefen beim traditionellen Widdersteinlauf über 15 km und 990 Höhemetern an guten Tagen vielleicht einmal gerade 200 Läufer, so stellten sich am Samstagnachmittag zum Auftakt des neuen Trailkonzeptes bei sicherlich bereits Wolken verhangenem Himmel stolze 352 (!) Läuferinnen und Läufer an die Startlinie in Baad. Ein Traumergebnis! Eine Superbesetzung zudem.
„Der Widderstein wird downhill gewonnen!“ fasste kurz und prägnant Philipp Schädler das Renngeschehen zusammen. Er war es, der die Führung im steilen Aufstieg von der Hinteren Gemstelhütte über die Widdersteinhütte bis zum Kulminationspunkt, dem Hochalppass in 2039 m Höhe, eher den etablierten Bergspezialisten wie Stefan Paternoster oder dem früheren Berglauf-Langdistanz-Weltmeister Helmut Schießl überließ. Dann schlug der zur Nationalmannschaft im Skibergsteigen zählende Philipp Schädler aus Hindelang zu. Mit 1:17:57 Stunden lag er im Ziel in Baad über eine Minute vor Helmut Schießl und Stefan Paternoster, der Österreich zuletzt bei den Berglauf-Europameisterschaften in Porto Moniz auf Madeira vertrat. Der starke Liechtensteiner Josef Vogt folgte hinter dem überraschenden Samuel Böttinger als Fünfter.
Damit blieb der 28jährige zwar dennoch deutlich hinter dem von Michael Barz 2007 aufgestellten Streckenrekord von 1:16:37 Stunden, darf sich aber hinter dem Schweizer Uli Jenzer schon ganz vorne in der Ahnengalerie einsortieren. „Eigentlich bin ich kein Läufer, aber beim schönsten Berglauf im Allgäu mit der härtesten Downhillstrecke muss ich schon dabei sein!“ Er hatte bereits 2013 den Widdersteinlauf in 1:20:10 Stunden gewonnen.
Erstaunliches bringt immer wieder Helmut Schießl zustande, auch wenn er seit einigen Jahren dem Hochleistungssport ade gesagt hat. Vor zwölf Jahren gewann er übrigens schon einmal den Widdersteinlauf. „Ich laufe nicht zu viel. Deshalb habe ich mir heute noch etwas aufgespart, denn morgen plane ich noch den WalserTrail über 29 km!“ Der inzwischen 40jährige arbeitet als Schreiner auf Montage, findet genügend Zeit für sein Laufhobby und hat nun durchaus die Chance, für seinen Sponsor Mammut hauptberuflich auf Messen und Veranstaltungen unterwegs zu sein.
War das Männerfeld an der Spitze stark promilastig, im Frauenfeld dominierten die eher ambitionierten Freizeitläufer. Im Fall von Elke Keller jubeln diese auch besonders schon, weil ein Tagessieg dann eher überraschend kommt. Die 48jährige von Geislingen am Rande der Schwäbischen Alb konnte ihr Glück kaum fassen, denn noch vor wenigen Tagen musste sie wegen eines Muskelbündelrisses „gebremst“ laufen. „Ich liebe die schmalen, steilen Anstiege“, bekannte die für die LG Filstal startende Mastersläuferin. „Von mir aus hätten es schon noch 1000 Höhenmeter mehr sein können. Bergab jedenfalls brauche ich nicht so oft!“
Fünfzig Sekunden hinter Elke Keller folgte mit Rabea Brittain von der Laufbasis Allgäu die Zweite, die allerdings vor allem die Kombinationswertung im Auge hat und mit Rang zwei eine glänzende Ausgangsbasis schuf. Auch die Dritte, Karo Eimannsberger (Allgäu Outlet Raceteam), gehört bereits der Masterskategorie (W40) an.
Seppi Neuhauser, Mitorganisator und läuferisches Urgestein aus dem Kleinwalsertal, staunte nicht schlecht über den Run auf die Startnummern. “ Ich denke, dass die Doppelwertung mit dem WalserTrail oder dem WalserUltraTrail den Boom ausgelöst hat. Der Wechsel zum Trail hat sich vollends gelohnt. 400 Meldungen für den Widdersteinlauf ist schon der Wahnsinn!“ Keineswegs traurig war er über seine eigene Platzierung, denn nicht zuletzt wegen der starken Konkurrenz landete er als Dreizehnter erstmals nicht unter den Top 5.
Der anhaltende Regen in der Nacht mag vielleicht den einen oder anderen Startwilligen abgehalten haben, mit 180 bzw. 100 LäuferInnen waren die Trails über 29 km bzw. 65 km jedenfalls für eine Premiere ausreichend besetzt „Die neue Herausforderung im Kleinwalsertal“ wie die Macher vielerorts publik machten, ist eine attraktive Herausforderung, vor allem für diejenigen, die dem Run auf Ultrastrecken mit fast fünfstelligen Steigungsmetern nicht unterliegen (möchten). Auch wenn die Losung: Freue dich auf knackige Anstiege, flowige Downhills und atemberaubende Gipfelerlebnisse zumindest hinsichtlich der landschaftlichen Reize witterungsbedingt weitgehend ausfallen mussten, für Wiederholungstäter im Kleinwalsertal ist reichlich Sympathie beim Tri-Team vorhanden. Praktisch niemand konnte auf den attraktiven und anspruchsvollen Trails die markanten Punkte wie den Gottesacker, das Walmendingerhorn, das Grünhorn, den Widderstein oder die Kanzelwand sehen, dazu war das Kleinwalsertal zumindest bis in die frühen Nachmittagsstunden in dichten Nebel gehüllt, zudem Nieselregen in den Höhen.
Zur Belohnung jedenfalls zeigte sich der Sonntagnachmittag von seiner besten Seite, die Zieleinläufe in Riezlern in gleißender Sonne. „So ist eben Trail“, fasste Erich Pühringer am Start des WalserTrail in Baad die Herausforderung auf einen Nenner.
Beim WalserTrail (29 km/ HD 1900 m) lief Mathäus Jusczcak vom Allgäu Outlet Raceteam praktisch in einer eigenen Liga, denn bei einer Siegerzeit von 3:31:06 Stunden dauerte es praktisch eine Viertelstunde, bis mit Sebastian Kraus aus Kempten der Zweite folgte. Bei den Frauen holte sich die gebürtige Französin Caroline Kopp von der TSG Leutkirch den Tagessieg. Die 43jährige hatte satte 21 Minuten Vorsprung auf Rabea Brittain, die sich damit die Doppelwertung WalserChallengeClassic sichern konnte, bei der der WiddersteinTrail und der WalserTrail addiert werden. Bei den Männern gewann Mathäus Jusczcak.
Einer der lauffleißigen Buchenberger Nachbarn von Helmut Schießl ist Anton Philipp. Die gelegentliche Trainingsgemeinschaft mit ihm, aber auch mit Thomas Miksch oder Seppi Neuhauser („Wir sind schon ein bunter Haufen!“) trägt (Erfolgs-)Früchte, denn der 46jährige Elektrotechniker ist das Ass beim WalserUltraTrail, bei dem auf den 65 km immerhin 4200 Höhenmeter überwunden werden mussten. Nach 8:53:21 Stunden hat es der Buchenberger geschafft. Der ungeteilte Beifall war ihm sicher, denn Josef Vogt (Liechtenstein) und Roma Nef (Schweiz) folgten mit 9:15:50 bzw. 9:20:05 Stunden deutlich zurück. Sechster wurde übrigens der Routinier Thomas Miksch. „Ich mag das Anspruchsvolle. Nämlich das können wir im Allgäu trainieren“.
Da Philipp beim Auftakt am Samstagnachmittag fehlte, ging die Kombination „natürlich“ an Josef Vogt. Bei den Frauen war Andrea Feuerstein-Rauch nach 11:08:32 Stunden im Ziel. Dreißig Minuten dahinter folgte Simone Philipp, eine Stunde Abstand gab es schon zur drittplatzierten Ivonne Scrinzi aus Italien, die den Wettbewerb WalserChallengePro gewann.