Berglauf-Streckenrekordler Thomas Greger steht 20 Jahre nach seinem Rekordlauf wieder an der Startlinie – und stürmt mit dem Mountainbike zum Hundseck-Turm hinauf – Bruno Schumi schließt „Frieden“ mit dem Parcours und gewinnt die 41. Auflage des Hundseck-Berglaufes in Bühlertal
Mit Überraschungen weiß man beim TV Bühlertal immer wieder aufzuwarten. Waren dies exzellente 1000 Teilnehmer bei der Masters-WM im Jahr 2012, mit dem Start des inzwischen Biathlon-Weltmeisters Benedikt Doll bei den nationalen Titelkämpfen 2015 oder dem Start der Marasthon-Spitzenläuferin Anna Hahner im Vorjahr – doch mit einem haben die Macher um den langjährigen Berglauf-Chef Jürgen Brügel und dessen engagierte Nachfolger Ralf Fischer und Karsten Weis nicht gerechnet: Exakt zwanzig Jahre nach seinem Rekordlauf als deutscher Berglaufmeister in 39:12 Minuten mischte sich Thomas Greger wieder einmal unter die Starter am Haus des Gastes in der Ortsmitte von Bühlertal – doch diesmal im vorgeschalteten Bühlertaler MTB-Hill-Climb über 11,5 km und 776 Höhenmeter.
Der inzwischen 45jährige war in seiner Aktivenzeit nicht nur ein exzellenter 10.000 m-Läufer mit einer Bahn-Bestmarke von 28:41 Minuten, sondern als herausragender Allroundläufer Meisterschaften im Cross und im Berglauf. Der Ludwigshafener gewann zwischen 1997 und 2001 fünfmal den deutschen Berglauftitel und holte sich mit einem legendären Rennen in Bergen Rang vier bei den Berglauf-Weltmeisterschaften im Jahr 2000. Viele muskuläre Probleme bremsten den Klasseläufer immer wieder aus, sodass er 2010 gefrustet seinen Abschied aus der Laufszene gab. „Wenn du immer mit der Gefahr einen Muskelfaserriß zu kriegen zum Laufen gehen musst, dann hast du irgendwann keine Lust mehr. Seit 2010 bin ich keinen Meter mehr gelaufen“, erzählte Thomas Greger in Bühlertal allerdings keineswegs verbittert. „Ich mache praktisch täglich irgendeinen Sport. Schwimmen, Rennrad- oder Mountainbike-Fahren oder Fitness-Studio. Ich habe im Urlaub im Schwarzwald gesehen, wie andere in den Bergen herumfahren. Da habe ich mir gesagt, das kannst du auch. Heute ist nun meine Wettkampfpremiere mit dem Mountainbike!“ Der Realschullehrer im Ludwigshafener Stadtteil Gartenstadt zeigte freilich höchsten Respekt im Startareal – und stellte sich anders als bei seinen früheren Auftritten in der Laufszene hintenan und ging als einer der Letzten ins Rennen der Fun-Starter (ohne Lizenz). Und dies zudem in „Wintermontur“. Denn noch vor dem Start hatte sich Thomas Greger die Strecke mit dem Rad angesehen und dabei „fürchterlich gefroren“, wie er zugeben musste.
Doch Thomas Greger konnte wie einst nicht über seinen Schatten springen und gestaltete das Rennen ehrgeizig wie eh und je. Ich war gerade dabei, viele Fahrer einzusammeln, da kam irgendeine Rakete von hinten vorbei, wo immer die auch herkam, und ich bin mit!“ Das Grinsen wollte nicht aus seinem Gesicht weichen, denn es sollte ein glänzender Einstieg in die MTB-Szene werden. Angestachelt von Markus Sell, einem der namhaftesten Masters-Protagonisten des Schwarzwälder Tälercups, startete Thomas Greger eine Aufholjagd und wurde letztlich nach 39:48 Fünfter der Masters- Wertung, gesamtgesehen waren gerade einmal dreizehn Starter der Fun-Klasse besser als der prominente MTB- Debütant. Natürlich waren die Lizenzfahrer noch eine Ecke schneller am Hundseckturm wie Tagessieger Julian Schelb (33:42), aber schon die schnellsten Lizenzfahrerinnen wie Verena Huber und Miriam Oeschger erreichten mit jeweils 39:29 schon Zeiten wie Thomas Greger!
Doch schauen wir zu den Tagesaktualitäten beim 41. Hundseck-Berglauf. Vor zwei Wochen wusste Bruno Schumi seine gute Form als Tageszweiter hinter dem Eriteer Yossief Tekle schon unter Beweis zu stellen, am Hundseck sollte kein Konkurrent dem 33jährigen Umweltingenieur aus Lörrach den Sieg streitig machen. Nach 43:16 war Bruno Schumi im Ziel, eine dreiviertel Minute dahinter folgte mit Maximilian von Lippe der Kandel-Dritte, dicht gefolgt von Marcel Schmid, der noch im selektiven Mehliskopf-Skihang auf Position zwei gelaufen war. „Ich war schon überrascht, als ich nach zwei Kilometern alleine an der Spitze lag“, gestand Bruno Schumi, der im Vorjahr übrigens den Schwarzwälder Berglauf-Pokal für sich entscheiden konnte. „Bummeln wollte ich allerdings auch nicht, deshalb bin ich mein eigenes Ding gelaufen!“ Und gestand, dass er bei seinem zweiten Start in Bühlertal noch eine Rechnung offen habe, denn bei den Deutschen Berglaufmeisterschaften an gleicher Stelle sei es nicht sonderlich gut („Ich hatte einen rabenschwarzen Tag!“) gelaufen. „Dafür war es heute umso besser!“ Bruno Schumi liebäugelt nicht zuletzt deshalb auch mit einem Einsatz im Nationaltrikot. Schon am kommenden Sonntag möchte er beim traditionsreichen Gamperney-Berglauf in Grabs internationale Luft schnuppern. „Im letzten Jahr bin ich als DM-Achter knapp am WM-Start vorbeigelaufen, warum deshalb nicht!?“ Im Hinblick auf die Selektion bei den Titelkämpfen in Bayerisch Eisenstein sieht er sich in der Außenseiterrolle und nennt neben den angesagte Favoriten Benedikt Hoffmann und Jonas Lehmann mit Maximilian Zeus und Aaron Bienenfeld zwei Geheimfavoriten, die trotz Juniorenalters schon zu den Cracks der Szene zu zählen seien.
Doch zurück zum Hundseck-Berglauf. Mit Thomas Seibert meldete ein Routinier auf Rang vier auch für diese Saison verstärkte Bergambitionen an. Der M35-Sieger sah sich in Bühlertal allerdings eher als „Fahrer“ für die jungen Talente des SSC Hanau-Rodenbach, die wie auch schon im Vorjahr den Hundseck-Berglauf als willkommene Vorbereitung auf die Saisonhöhepunkte sahen. Hinter Alexander Grigo belegte Julius Hild Rang sechs. Der 18jährige gewann im vergangenen Jahr jeweils U18-Silber im Cross und über die Hindernisse und hat in der noch jungen Saison 2017 als U20-Zweiter im Cross und erst am vergangenen Samstag in Bautzen über 10.000 m ausgezeichnete Resultate einfahren können. Berglaufluft durfte auch der 17jährige Sasha Müller schnuppern, der als 22. durchaus auch in diesem Terrain Talent zeigte.
Hinter M45-Sieger Holger Thoma duellierten sich wie schon vor zwei Wochen beim Kandel-Berglauf Tilo Minges und Tim Zeltner um eine Top10-Platzierung mit diesmal dem besseren Ende für Tim auf Rang acht. Spannung verspricht auch in diesem Jahr die eine oder andere Mastersklasse beim sechsteiligen Schwarzwald-Berglauf-Pokal. Wie beispielsweise in der M45, wo neben Holger Thoma auch Ronny Seifert oder Uwe Klauer Ambitionen anmeldeten.
Nachdem Kandelsiegerin Melanie Noll ihre Startzusage nicht einhielt, war der Ausgang der Frauenkonkurrenz weitgehend offen. „Ich war hier noch nie auf dem Podest“, gestand Elke Keller beim Empfang des TV Bühlertal im „Haus des Gastes“. Anstelle eines flotten Trainingslaufes wurde es für die 51jährige zu einem erfolgreichen Samstagnachmittag. Mit 54:32 lang sie deutlich vor der einheimischen Sandra Kist-Boschetti (56:27) und der noch der Jugendklasse angehörenden Franziska Schmieder, die in 57:20 kurz vor dem Zieleinlauf noch an Anna Janßen vorbeilaufen konnte. Die in Waldkirch als Dritte geehrte Susanne Gölz wurde im weiteren Klassement lediglich Neunte.
Unter dem Motto „Laufen bei Freunden“ lädt der Turnverein Bühlertal alljährlich zum Hundseck-Berglauf ein, der zwar mit 9,5 km „nur“ 776 Höhenmeter aufzuweisen hat, aber über viele Jahre hinweg in der Berglaufszene einen exzellenten Ruf hat. Schließlich haben die rührigen Bühlertäler neben den Masters-Weltmeisterschaften auch schon mehrfach deutsche Berglaufmeisterschaften ausgetragen. Mit 41 Auflagen hat man hier schon so manche Höhen und Tiefen erlebt, sodass die gerade einmal 200 Finisher beim Berglauf durchaus mit viel Verständnis nach der DM und dem Jubiläumslauf im Vorjahr registriert wurden. Und mit Routine auch die eine oder andere Unwägbarkeit wie die wegen Bauarbeiten gesperrte Strecke Bühlertal-Sand meisterten.