Von der Sonne verwöhnter Berglauf in Bad Dürkheim

Mit Jonas Lehmann und Melanie Noll setzten zwei Pfälzer Läufer einmalmehr in ihrer Heimat ein starkes Ausrufezeichen

Zwar können die Pfälzer Höhen keinem Vergleich mit den Bergen im Schwarzwald oder gar im Allgäu und dem Alpenvorland standhalten, doch auch die 510 Höhenmeter, verteilt auf 8,7 km, können es in sich haben. Wie dieses in Bad Dürkheim der Fall ist. Inzwischen gibt es bereits 18 Auflagen, zumeist gelaufen bei herrlichem Goldener Oktober-Wetter. Der Bad Dürkheimer Berglauf zum Bismarckturm auf dem Peterskopf ist vielleicht eine Speerspitze in der Masse von Berglauf-Veranstaltungen in den Mittelgebirgen nördlich von Donau und Inn. Bis auf das (zumeist) prächtige Wetter sicherlich ein Verdienst des Initianten Henning Schneehage, der mit seinem Team des LC Bad Dürkheim eine feine Berglauf-Veranstaltung installiert hat, die vor allem der Pfälzer Berglauf-Szene einen kräftigen Schub gegeben hat. Zumeist sind die Läufe zwischen dem Donnersberg und der Kalmit in den Monaten Februar bis November mit dreihundert bis siebenhundert Teilnehmer besetzt, eine überaus stolze Resonanz, auf die viele Veranstalter mit einem gewissen Neid blicken. Wenn es dann noch jungen Wein und Zwiebelkuchen bei der Siegerehrung gibt, dann ist (auch) das Läuferherz überaus zufrieden.

Auch leistungsmäßig haben die Pfälzer Läufer kräftig nachgelegt und – längst nachgewiesen, dass sie zur deutschen Spitzenklasse zählen. Melanie Noll wurde sogar 2012 deutsche Berglaufmeisterin und ist eine feste Größe in der Nationalmannschaft. Diesen Schritt hat inzwischen auch Jonas Lehmann vollzogen, der im September im italienischen Casette di Massa erstmals im Nationaltrikot starten durfte. Und diese beiden Asse sind die absoluten Berglaufkönige, wenn sie an der Startlinie stehen.
Wenn es noch eines Beleges bedurfte, diesen lieferten diesen beide am dritten Oktober-Wochenende unweit des weltgrößten Weinfasses in Bad Dürkheim ab. Jonas lief bei seinem Start-Ziel-Sieg starke 33:56 Minuten und hatte satte zweieinhalb Minuten Vorsprung auf seinen Heltersberger Vereinskollegen Tom Heuer, der als 44jähriger allerdings eine nicht minder bewundernswerte Leistung ablieferte. Melanie war erstmals nach ihrer unglücklicherweise am Vortag der diesjährigen Berglaufmeisterschaften in Bergen im Chiemgau erlittenen Knöchelverletzung wieder am Start und lief mit „angezogener Handbremse“ als Achtzehnte des Zieleinlaufes gleich vier Minuten vor der Konkurrenz zum Bismarckturm auf dem Peterskopf in 493 m Höhe.

Schon nach 700 Meter Laufdistanz sollte kein Zweifel am dritten Erfolg des 25jährigen Jonas Lehmann mehr bestehen, denn der DM-Dritte von Bergen war eine Klasse für sich – und holte sich den dritten Sieg in seiner noch jungen Karriere als Bergläufer in Bad Dürkheim. Und bekannte, dass es für ihn keineswegs einfach war, auf der nicht ganz leicht zu laufenden Strecke ständig Druck zu machen. „Es ist schon komisch, wenn du vorne läufst und wirklich niemand siehst. Ich habe natürlich versucht, Druck zu machen. Aber mehr war heute einfach nicht drin!“ Gedanken an den Streckenrekord von Thomas Greger macht sich Jonas Lehmann keine, schließlich liegen diese 32:02 aus dem Jahr 1999 noch einen Quantensprung weit entfernt.

Weitaus leichter war es allerdings für Tom Heuer, der sich immerhin mit Benjamin Thürer (LGR Karlsruhe) und Philipp Eisel (TV Mußbach) und somit gleich zwei Konkurrenten duellieren „durfte“, ehe er als sicherer Zweiter am Bismarckturm ankam. Frust über den doch erheblichen Rückstand auf seinen Teamkollegen gab es jedenfalls keinen. „Jonas ist schließlich 20 Jahre jünger als ich. Allerdings enttäuscht mich die Zeit etwas, denn exakt vor zehn Jahren war ich genau so schnell gelaufen!“  Die Karriere des 44jährigen ist ehedem erstaunlich, denn der frühere Handballer aus dem westfälischen Unna fand erst mit Mitte zwanzig zum Laufsport, zum Berglauf zunächst beim LC Donnersberg und dann beim Erfolgsteam des TuS 06 Heltersberg. Sein „Pech“ ist allerdings dabei, dass es einem leistungsstarken Verein wie es TuS 06 Heltersberg nun einmal ist, immer noch stärkere Läufer gibt. So wie Jonas Lehmann in Bad Dürkheim – oder wie zuletzt bei den deutschen Meisterschaften in Bergen, als Tom Heuer in der M 40-Wertung hinter seinem Teamkollegen Matthias Hecktor Zweiter wurde!

Bei Melanie Noll war im Ziel jegliche Anspannung gewichen, denn die Knöchelverletzung („ist zwar noch leicht dick, aber Schmerzen habe ich keine“) machte auf dem Weg durch die Weinberge und im Aufstieg zum Bismarckturm, auch wenn dieser mit tückischen Wurzeln, Gesteinsbrocken oder einer Treppenpassage, keine Probleme. „Komisch ist es schon, wenn man plötzlich wieder Tempo laufen soll“, wunderte sich die Annweilerin über den fehlenden Biß. „Ich habe halt seit dem Mißgeschick beim Hochfelln nichts mehr gemacht. Dafür war es aber ganz ok!“ Und wie, denn mit 41:30 Minuten lief sie eine gute Endzeit, die nicht einmal zu weit gegenüber 2013 zurücklag, als sie mit ähnlichem Vorsprung in 40:47 gewann.
Mit Lena Schmidt stellte sich auf Rang zwei eine Debütantin von der LSG Karlsruhe am Peterskopf vor. Und dabei so viel Spaß hatte, dass dieser Auftritt in Bad Dürkheim gewiss nicht ihr letzter Versuch „am Berg“ gewesen sein dürfte. Vor zwei Wochen noch stand sie noch mit 30.000 beim Berlin-Marathon auf der Straße und lief knapp unter drei Stunden durch das Brandenburger Tor.

Ein interessantes Duell um Rang drei entschied Natascha Hartl (TuS Heltersberg) knapp gegen das Pfälzer Berglauf-Urgestein Sabine Rankel (LC Bad Dürkheim), die mit nunmehr 47 Jahren knapp am Podest vorbeilief. Allerdings ist Natascha gleich 20 Jahre jünger und wurde vor zwei Wochen am Hochfelln mit ihrem Heltersberger Teamkolleginnen deutscher Mannschaftsmeister. 

Dennoch ist Berglauf keineswegs vorrangig ein Terrain für Mastersläufer. Es ist zudem auch ein kleines Experimentierfeld für junge, am Berg unerfahrene Novizen. So reiste der Mainzer USC-Trainer Hans-Peter Tiedje mit drei jungen Mittelstrecklern an, die den Berglauf eher unter dem „Event“-Aspekt in der Trainings- Übergangsphase mitlaufen sollten. „Es war anstrengend, aber sehr schon. Auch wenn ich unterwegs unserem Trainer gedanklich schon einmal den Kopf abgerissen habe!“ gestand Regina nach schweißtreibenden 49 Minuten. Und ihr 16jähriger Trainingskollege Felix ergänzt mit einem Schuss Lyrik „Schmerz, der den Körper verlässt, ist ein Zeichen von Schwäche“ – nachdem er nach 44 Minuten und U20-Sieger über die Ziellinie gestürmt war.