Vierfacher Sieg für Uganda bei den Männern

Überraschung bei den Frauen: Italienierin Alice Gaggi gewinnt nach spannendem Rennen – Italien ist wieder die dominierende Nation im Berglauf – Deutsche Läufer ohne Erfolg –Berglauf-Weltmeisterschaften mit einigen Misstönen

Mittendrin – und dennoch nur eine Randerscheinung? So jedenfalls dürften sich die Protagonisten des Berglauf- Weltverbandes (WMRA) im polnischen Krynica Zdrój gefühlt haben, wenn sie kritisch den Auftritt der weltbesten Bergläufer, zumindest derjeningen, die sich bergauf-bergab orientieren, bewerten. Das Berglauf- Weltchampionat sollte nämlich in der ursprünglichen Konzeption im Mittelpunkt des dreitägigen Running Festivals mit insgesamt 8000 Teilnehmern (!) in allerdings rund 30 Wettbewerben mit den unterschiedlichsten Streckenlängen. Doch während drei Tage lang im schon schmucken Zentrum von Krynica ein wahres Läuferfest mit einer scheinbar perfekten Organisation und überaus rigidem Security-Personal stattfand, waren die rund 350 Bergläufer aus 40 Nationen und 5 Kontinenten im acht Kilometer entfernten durchaus ansprechenden Skiressort Jaworzyna nahezu unter sich. Es sei denn, einige Wanderer verirrten sich auf dem selektiven Kurs und sorgten in Ermangelung eines Verständnisses für die bergab oder bergan hechelnden Läufer für manche kritische Situation.

Höhepunkt der Missachtung dürfte die Siegerehrung auf dem Festgelände gewesen sein, bei der auf der gesamten Bühne weder die WMRA-Fahne noch ein Transparent mit dem Titel der 29. Berglauf- Weltmeisterschaften platziert waren. Alleine die Promotionswand des „4. Festiwal Biegowy“ stand auf der geräumigen Bühne, für die Flaggen der siegreichen Nationen mussten Helfer herhalten, die diese auf einer dreistufigen Treppe kaum sichtbar in der Hand zeigten.

Die Abschlussfeier mit angekündigtem Essen wurde für die Bergläuferschar samt Betreuerschar und WMRA- Funktionären in einer (schon ausgeräumten) Messehalle zur nächsten Enttäuschung. Ein landesübliches Essen im Stehen (ohne Tische) verpassten die meisten Läufer, denn diese hatten sich längst in die umliegenden Restaurants verabschiedet. Die Farewell­-Party jedenfalls war bei den vielen Veranstaltungs-Vorgängern um Längen besser. Gewiss eine Kleinigkeit für die künftigen Titelkämpfe in der italienischen Tsokana (2014), in Nord-Wales (2015) oder gar in den USA (2016) dieses zu toppen. 

Diese Missachtung haben die internationalen Bergauf-bergab-Spezialisten unter den weltbesten Bergläufern sicherlich nicht verdient. Die Wettkämpfe jedenfalls waren spannend wie selten, zudem gingen die Medaillen an zehn verschiedene Nationen. Und Italien feierte einen eindrucksvollen Triumpf mit den beiden Weltmeistertiteln durch Alice Gotti (Frauen) und Nekageret Crippa (Junioren) und dem Teamgold für die Frauenmannschaft. Sichtliche Freude auch bei den Läufern aus Unganda, die bei den Männern in einer bislang nie erreichten Geschlossenheit die Plätze eins bis vier erliefen und somit in der logischen Folge mit der Idealpunktzahl 10 auch Mannschaftsmeister wurden. Die weiteren Titel holten sich die US-Läuferin Mandy Ortiz (Juniorinnen) in der Einzelwertung und Großbritannien (Juniorinnen) und die Tschechische Republik (Junioren).

Auf verschiedentlich massive Kritik stieß allerdings auch die Strecke, vor allem die über zwei Kilometer lange Bergabpassage, die weniger steil, aber dafür mit vielen Steinen übersät war – und so manchem Läufer das vorzeitige Aus bedeutete. So der bergauf-bergab bei den Titelkämpfen 2011 in Tirana noch siegreichen US- Amerikaner Max King oder der Österreicher Simon Lechleitner, der offenbar einen Bänderriss erlitt. Der für die Strecke verantwortliche deutsche WMRA-Director Wolfgang Münzel hatte bei seinen Streckeninspektionen vor Ort übrigens nicht nur den serpentinenartig angelegten steilen Aufstieg über den Skihang festgelegt, sondern auch erstmals durchgesetzt, dass das Ziel nach der Bergaufstrecke, und nicht wie bislang üblich nach der Bergabstrecke, erreicht wurde. „Das stärkt sicherlich die Chancen der guten Bergaufläufer – und das erscheint mir wichtig zu sein!“

Die Siegerehrung beim Wettbewerb der Männer über 13,560 km und einer Höhendifferenz von +/- 838 m war gewiss ganz nach dem Geschmack des kenianischen IAAF-Kommissionschefs David Okeyo. Denn sowohl bei der Flower-Ceremony im Ziel auf dem Jaworzyna in 1114 m Höhe als auch bei der abendlichen Medaillenverleihung am Dom Forum durfte Okeyo gleich drei Läufer aus Kenias Nachbarland Uganda auf dem Siegerpodest, allen voran der in der Schlussrunde mächtig losstürmende Philipp Kiplimo, gefolgt von seinen Landsleuten Geoffrey Kusuro und Nathan Ayeko, zum überragenden Rennen gratulieren. Spätestens dabei dürfte ihm allerdings auch klar geworden sein, dass künftig auch Kenia bei Weltmeisterschaften im Berglauf präsent sein sollte.  

Zum Rennverlauf bei den Männern. Schon nach dem Start war klar, dass der Sieg bei einem normalen Verlauf nach Afrika gehen dürfte. Denn der Weltmeister Geoffrey Kusuro (2009) führte zusammen mit seinen Teamkollegen Philipp Kiplimo, Nathan Ayeko und Peter Kibet das über 130 Läufer starke Feld an, mit zudem auch Aleriya Teklay, dem dreimaligen Vize-Weltmeister aus Eritrea. Erst in der Schlussrunde wurde aus der kontrollierten Führung eine gnadenlose Ausscheidung, die Philip Kiplimo nach 54:22 vor Geoffrey Kusuro (55:06), Nathan Ayeko (55:19) und Peter Kibet (55:27) gewann.  Europameister Bernard Dematteis (Italien) wurde nach knapp 56 Minuten als Fünfter bejubelt, nachdem er die starken Carlos Carera (Mexiko), Joseph Gray (USA), den sechsfachen Europameister Ahmet Arslan (Türkei) und Azeriya Teklay  auf die weiteren Plätze verweisen konnte. Die Silbermedaille bei den Teams gewann Italien (40) vor der Türkei (82), den USA (88) und Frankreich (107.).
Einziger deutscher Starter war der durchaus bergauf-bergab begabte Fabian Alraun (LG Telis Finanz Regensburg), der nach einer starken Bahn- und Straßenlauf-Saison bei der WM-Vorbereitung wegen eines Ermüdungsbruches im Mittelfuß nicht wunschgemäß trainieren konnte – und offensichtlich nicht recht ins Rennen hineinfand. Nach zwei Runden war für ihn das Rennen vorzeitig beendet. „Ich konnte mich einfach nicht richtig ausbelasten. Ich weiß nicht, woran es heute gelegen hat!“ Die stärksten deutschen Männer triumphierten nahezu gleichzeitig in enger Abstimmung mit der DLV-Berglaufführung beim Drei Zinnen Alpine-Lauf in Sexten mit dem Mannschaftssieg vor dem italienischen Team Forestale auf, in die Wertung kamen dabei Korbinian Schönberger (LLC Marathon Regensburg), Timo Zeiler (LG Brandenkopf) und Stefan Hubert (SV Sömmerda).  

Bei den Frauen gelang der bislang wenig in den Vordergrund getretenen Alice Gaggi (Italien) über 9,080 km und einer Höhendifferenz von +/-561 m in 42:47 Minuten ein überraschender Erfolg vor der Britin Emma Clayton (43:12) und mit Elisa Desco (43:32) einer weiteren Italienerin, die mit 11 Punkten vor den starken Britinnen (22) letztlich auch Mannschafts-Weltmeister wurden. Den Kampf um die Medaillen verlor letztlich in der Schlussrunde die Schweizerin Maude Mathys, die aber dennoch bei ihrem starken Auftritt mit Rang fünf hinter der Slowenin Mateja Kosovelj überaus zufrieden sein dürfte. 

Für die deutschen Starter mussten nach Absagen der U 20-Europameisterin Melanie Albrecht (Sturz beim Abschlusstraining in ihrer südtiroler Wahlheimat) und der U 20-Vize-Weltmeisterin Julia Lettl (Infektion) die Erwartungen bei den eher ungeliebten Bergauf-bergab-Wettbewerben deutlich heruntergeschraubt werden. Zumal sich nach der Streckenbesichtigung am Samstagmittag eine gewisse Ehrfurcht vor dem Parcours breit machte. „Unsere Läufer haben das gezeigt, was auf einem derartigen Parcours abrufbar war“, zog der deutsche Berglauf-Chef Wolfgang Münzel ein nüchternes Fazit. Bekanntlich gibt es in Deutschland kein einziges über die lokale Grenzen hinaus bekannte Bergauf-bergab-Rennen. Für die beste Einzelplatzierung sorgte U 20- Junior Maximilian Zeus (DJK Weiden) als 23. über die 9,080 m lange Strecke, der auch im kommenden Jahr noch im U 20-Bereich startberechtigt ist. Durch eine Knöchelverletzung und den damit verbundenen Ausstieg von Adrian Uhl (LG Brandenkopf) platzte die U 20-Mannschaft, sodass alleine noch Lukas Steier (46./ LG Welfen) ins Ziel kam.

Der Salzburger Manuel Innerhofer brachte das österreichische Betreuerteam um den früheren Europameister Helmut Schmuck in dieser Altersklasse zum Jubeln, denn der 19jährige holte sich hinter dem afrikanischen Wurzeln entstammenden Nekagenet Crippa (38:58) und dem Europameister Ranazan Karagoz (Türkei) in 39:44 Minuten die Bronzemedaille. „Eigentlich laufe ich lieber rein bergauf, aber scheinbar geht dies auch gut!“ freute sich Manuel Innerhofer.  

Die deutschen Juniorinnen mit Anna-Lena Stich (29./ TuS Bad Aibling) und Sabine Wallner (32./ WSV Rabenstein) wurden Elfte, die DLV-Frauenmannschaft kam mit Birgit Unterberger (OSC Berlin), Tanja Grießbaum (LG Rülzheim) und Simone Raatz (LG Region Karlsruhe) nicht über Rang 13 hinaus. Pech hatte dabei Birgit Unterberger, die durch einen Sturz in der Schlussrunde einige Plätze einbüßte und als 33. für das beste Einzelresultat der Frauen sorgte. In der Vorwoche noch holte sich die 37jährige Lehrerin bei den Masters- Weltmeisterschaften im tschechischen Janské Lásne den Titel in der W 35-Klasse.