Überraschendes Berglauf-Gold für Melanie Albrecht

17-jährige Allroundsportlerin holt U20-Europameisterschaft im bulgarischen Borovets – Starkes Rennen durch Benedikt Hoffmann – DLV-Männerteam wird Fünfter – Berglaufwart Wolfgang Münzel: „Starke Bilanz wird mit Sensations-Gold getoppt!“

„Und hier kommt die Berglauf-Europameisterin: Melanie Albrecht aus Deutschland!“ begrüßte der Sprecher die 17jährige im Ziel auf 2360 m Höhe an der Bergstation der Gondelbahn im Skizentrum von Borovets. Die für die Unterländer LG startende und in Mals in Südtirol die Sportoberschule besuchende Melanie überraschte auf der 3,5 km langen, mit 530 Höhenmeter anspruchsvollen Strecke sich – und die Konkurrenz. Nach mehreren Führungswechseln, bei der auch die als Mitfavoritin gehandelte Julia Lettl (SV Spiegelau) beteiligt war, setzte sich letztlich Melanie Albrecht ab und gewann nach 25:49 Minuten klar vor der Türkin Cesminaz Yilmaz (26:29) und der Berglauf-Europameisterin Lea Einfalt (Slowenien/ 27:06). „Unbeschreiblich“ beschrieb die neue U 20- Europameisterin das Gefühl, als Erste über die Ziellinie zu laufen. „Erst auf den letzten 500 Metern war ich mir sicher, dass ich das Rennen vor der Türkin gewinnen würde!“

Mit diesem überraschenden Sieg für eine deutsche Läuferin wurden die 12. Berglauf-Europameisterschaften in Borovets eröffnet – und sollten aber in der Folge mit den drei weiteren Wettbewerben durchaus erwartete Resultate zeigen. So gewann bei den Frauen die zweifache Weltmeisterin Andrea Mayr (Österreich) mit mehr als einer Minute Vorsprung vor Valentina Belotti (Italien) und Mateja Kosovelj (Slowenien), während sich bei den Männern der erwartete Machtwechsel schon im Vorfeld abzeichnete. Der bislang sechsfache Europameister Ahmet Arslan (Türkei) musste sich mit Bernard Dematteis und Alex Baldaccini zwei Italienern geschlagen geben und mit Bronze zufrieden sein. Die traditionell stärksten Junioren stellt inzwischen die Türkei, hier gewann hier der erst 16jährige (!) Ramazan Karagoz vor seinem Landsmann Sehmus Sarihan. „Erfreulich, dass die Entwicklung in Europa auf ein weitaus höheres Niveau vonstatten gegangen ist, denn immerhin holten neun Nationen Medaillen“, bilanzierte Wolfgang Münzel, der DLV-Berglauf-Berater und Organisations-Direktor beim Berglauf-Weltverband WMRA.

Und zeigte sich über das Abschneiden des deutschen Teams mehr als zufrieden. „Unsere starke Bilanz wird natürlich mit der Sensations-Goldmedaille von Melanie getoppt. Punktgleich mit der Türkei werden unsere Juniorinnen Vierte und unsere Männer haben sich nicht zuletzt dank des tollen Rennens von Benedikt Hoffmann auf Rang zwölf als Mannschaftsfünfte wieder zurück gemeldet als Team in Medaillennähe!“

„Ich glaube, jetzt habe ich meine Disziplin gefunden“, freute sich Melanie Albrecht im Ziel, auch wenn das zeitaufwändige Procedere mit Dopingkontrollen die Freude über den überzeugenden Sieg etwas in den Hintergrund rücken ließ. Mit 16 wurde sie bereits deutsche B-Jugend-Crossmeisterin, ehe eine Verletzung die leichtathletische Weiterentwicklung hemmten, dafür aber eher Erfolge in Fun-Wettbewerben mit drei Weltmeistertiteln im Rückwärtslaufen und dem Sieg bei der Treppenlauf-EM ermöglichten. Sichtlich betrübt hingegen Julia Lettl, die mit einer leichten Erkältung angereist war und deshalb nicht die Rolle spielen konnte, die sie sich als Vize-Weltmeisterin vorgestellt hatte. „Ich habe zeitweise kaum Luft bekommen. Am liebsten wäre ich ausgestiegen, doch wegen der Mannschaft habe ich mich durchgekämpft“, gestand sie im Ziel der überaus selektiven Streckenführung. Die DLV-Vertretung mit Melanie Albrecht, Julia Lettl und Sabine Wallner (WSV Rabenstein/ 28.) wurde mit 34 Punkten hinter Russland (24), Groß-Britannien (26) und den punktgleichen Türkinnen Vierte im Feld der neun Teams.

Ein Start-Ziel-Sieg gelang bei den Frauen über 8,8 km und 1027 Höhenmetern der Wiener Ärztin Andrea Mayr, die im Ziel mit 51:49 Minuten mehr als eine Minute Vorsprung auf Valentina Belotti, der italienischen Weltmeisterin 2009, hatte. „Ich habe mich heute sehr gut gefühlt, deshalb konnte ich mich auch mit hohem Tempo vom Start weg absetzen. Mit zunehmender Höhe habe ich, das muss ich einfach zugestehen, allerdings auch Probleme bekommen. Allerdings war mein Vorsprung zu diesem Zeitpunkt schon eine Minute!“ Die beiden deutschen Starterinnen schlugen sich angesichts der starken Konkurrenz sehr beachtlich: Die deutsche Meisterin Melanie Noll (TSV Annweiler) wurde nach 57:38 Minuten Achtzehnte, während Birgit Unterberger (OSC Berlin) bei ihrem Comeback nach der Geburt zweier Kinder als 23. in 58:25 Minuten im Feld der 64 Finisher rechtfertigen konnte.

Während bei den Männern der bislang in Europa dominierende Ahmet Arslan als Dritter (57:47) hinter den Italienern Bernard Dematteis (56:30) und Alex Baldaccini (57:35) zumindest noch eine Medaille über die 11,8 km lange Strecke mit 1152 Höhenmetern und einem Gefälle von 152 Metern gewann, platzten die Träume des Schweizers David Schneider, der im Vorfeld exzellente Ergebnisse abliefern konnte. Als Zehnter wurden für ihn 59:41 Minuten notiert, sechs Sekunden weniger als für Benedikt Hoffmann (TSG Heilbronn), der bei seinem Debüt im Nationaltrikot als Zwölfter über sich hinausgewachsen war. „Ich glaube, dass ich mir das Rennen gut eingeteilt habe und als Zwölfter die Nominierung rechtfertigen konnte!“ Nicht zufrieden hingegen der deutsche Meister Timo Zeiler (LG Brandenkopf), der im Schlußteil noch elf Plätze einbüßte und letztlich als 26. in 1:01:22 ins Ziel einlief. Ein gutes Rennen lief trotz Seitenstechen Stefan Hubert (SV Sömmerda/ 30. in 1:01:55). In der Mannschaftswertung wurde das DLV-Team mit 68 Punkten Fünfter hinter italien (7), Groß-Britannien (31), Türkei (51) und Frankreich (54) und lag damit vor starken Nationen wie Russland, Schweiz, Spanien, Portugal und Tschechien.