Schweizer Orientierungsläufer Lauenstein entthront Jonathan Wyatt

Anna Pichrtova verteidigt Titel auf den letzten 400 Metern – Deutsche Frauen holen Bronze

Der 30jährige Schweizer Orientierungsläufer Marc Lauenstein entthronte in einem begeisternden Rennen bei der WMRA Long Distance World Challenge in Söll/ Tirol den siebenfachen Weltmeister Jonathan Wyatt (Neuseeland). Auf der überaus selektiven Marathondistanz mit einer Höhendifferenz von 2 150 m holte sich der zweifache OL- Vizeweltmeister den Langdistanz-WM-Titel der Bergläufer. Bei den Frauen überholte die Tschechin Anna Pichrtova auf dem überaus steilen Zielhang zur Hohen Salve die unter Krämpfen leidenden, zeitweise mit drei Minuten führenden Russin Evgeny Danilova und verteidigte ihren im Vorjahr in Groß-Britannien errungenen Titel erfolgreich. Der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) holte nach zweijähriger Durststrecke bei internationalen Meisterschaften wieder eine Medaille, denn Alexandra Bott (Darmstadt), Britta Müller (Freudenstadt) und Veronika Ulrich (Regensburg) schafften hinter Russland und Australien die Bronzemedaille.

„Im letzten internationalen Rennen der Saison haben wir endlich die lang ersehnte Medaille errungen!“, freute sich der DLV-Berglauf-Chef Wolfgang Münzel. „Es wäre fast noch eine zweite Medaille geworden, da Marco Sturm nur wegen starker Krämpfe die fast schon sichere Bronzemedaille auf den letzten beiden Kilometern noch aus der Hand geben musste“. Das Männerrennen verlief ehedem überaus spannend, denn der Schweizer Zahnarzt Marc Lauenstein führte überraschend vom Start weg in Söll auf 695 m Höhe vor den drei starken Kenianern Richard Chemungor, Daniel Bett und Robert Kipkemoi Yegon, während der Neuseeländer Jonathan Wyatt erst in der zweiten Verfolgergruppe lief. Als bester Deutscher rangierte Marco Sturm überraschend auf Rang zehn. Die Spitze wechselte nach dem selektiven Aufstieg zum 1555 m hohen Hartkaiser (27 km) und dem Abstieg zum Hexenwasser zum 23jährigen Chemungor, während Lauenstein zwei Minuten dahinter folgte, Wyatt lag zu diesem Zeitpunkt schon zehn (!) Minuten zurück. Diese Reihenfolge wurde auf den vier Schlußkilometern mit 700 Höhenmetern total auf den Kopf gestellt.

Die Kenianer brachen erwartungsgemäß ein. Lauenstein konnte die Spitze wieder übernehmen und lief einem klaren Erfolg entgegen. „Nach einer nicht zufrieden stellenden Saison wollte ich zum Jahresende wenigstens noch einmal Spaß haben“, gab der praktizierende Zahnarzt aus der Schweizer Jura-Stadt Neuchâtel zum Besten. „Bei der Orientierungslauf-WM ging noch wenig zusammen, da mein Höhen-Trainingslager nicht optimal getimt war. Dafür lief es jetzt überraschend. Das habe ich nun wirklich nicht gedacht!“

Sechs Minuten nach dem überraschenden Lang-Distanz-Titelträger Lauenstein stürmte Jonathan Wyatt den steilen Zielhang zur Hohen Salve hinauf. „Gerne wäre ich heute zum achten Male Weltmeister geworden“, bedauerte der Neuseeländer, „doch ich hatte Magenprobleme gehabt. Außerdem war dies mein fünftes Langstreckenrennen der Saison. Das war vielleicht doch etwas zu viel!“

Dahinter wurde es dramatisch. Marco Sturm rückte auf Rang drei vor, kämpfte jedoch permanent mit Krämpfen und musste letztlich mit einem dennoch sehr starken fünften Rang hinter dem Briten Ricky Lightfoot und dem Kenianer Chemungor zufrieden sein. „Endlich!“ freute sich 32jährige vom LLC Marathon Regensburg. „Ich habe mich auf diese Langidstanz-WM zwei Monate vorbereitet – und dieses Konzept war goldrichtig!“ Das DLV-Team zeigte eine gute Mannschaftsleistung, wurde verpasste hinter Kenia (9:55:04), England (9:58:18) und Schottland (10:17:04) mit der Gesamtzeit von 10:20:21 Stunden einen Medaillenrang in der Besetzung Sturm, Josef Beha (FC Unterkirnach) und Martin Schedler (SV Schlau.com Saar).

Jubeln durften hingegen die DLV-Frauen. Bei ihrem Comeback nach dreijähriger Berglauf-Auszeit kehrte Alexandra Bott stark zurück und belegte als beste deutsche Läuferin Rang elf, dicht gefolgt von Britta Müller. Die bis zur Streckenhälfte auf Rang zehn platzierte Veronika Ulrich fiel nach 23 km zurück und musste Platz um Platz einbüßen. Dennoch reichte es in der Gesamtzeit von 12:03:19 Stunden zu Rang drei hinter den überlegenen Russinnen (10:56:37) und Australien (11:28:10). „Wir können mit dem Abschneiden unserer Bergläufer sehr zufrieden sein“, so Berglauf-Chef Münzel, „denn bis auf Britta Müller und Martin Schedler haben wir nur Läufer eingesetzt, die im Wettkampf wesentlich kürzere Distanzen zurücklegen, sich aber sehr konzentriert auf diese Titelkämpfe vorbereitet haben!“