Unattraktive Serie stößt auf geringes Interesse unter den Spitzen-Bergläufern – Vorschlag zur Neugestaltung des Grand-Prix
Der Berglauf-Grand-Prix des Berglauf-Weltverbandes (WMRA) stößt auf nur geringes Interesse bei den Topathleten dieser Laufdisziplin. Bei der 2009er Ausgabe des Berglauf-Circuit war die Weltklasse so wenig präsent wie selten zuvor, nicht zuletzt, weil die Austragungsorte zumeist nicht die ersten Adressen der internationalen Berglaufszene darstellen. Anstelle am Matterhorn, Großglockner, den Drei Zinnen oder am Hochfelln ging es bei zumeist schwach besetzten Rennen im slowenischen Kamnik, am Feuerkogel in Ebensee, in Norwegens Bergen oder bei einer Berglaufpremiere in Mayrhofen um Wertungspunkte. Für die wenigen der gestarteten professionellen Berglauf-Spezialisten erwies sich der Grand-Prix jedoch einmal mehr als willkommenes Zubrot neben den attraktiven Veranstaltungen der Szene, die im Terminkalender zum „Pflichtprogramm“ einfach zählen. Wie auch in den vergangenen Jahren zeigte sich der sechsfache Weltmeister Jonathan Wyatt (Neuseeland) erneut als bester Punktesammler, bei den Frauen verdrängte die tschechische Vielstarterin Iva Milesova die aktuell weltbeste Bergläuferin Andrea Mayr vom Grand-Prix-Thron, da sie häufiger präsent war als die bei drei Starts dreimal erfolgreiche Wienerin.
Jonathan Wyatt durch Marathonstarts stärker im Grand-Prix gefordert
Jonathan Wyatt musste bei einem Sieg in Mayrhofen und am schwächer dotierten Grand-Prix-Rennen am Grand Ballon im Elsass diesmal der (zumeist afrikanischen) Konkurrenz in Kamnik und Ljubljana sowie in Norwegen den Vortritt lassen, nicht zuletzt deshalb, weil sich der Neuseeländer auf die attraktiven Alpen-Marathonrennen im Fürstentum Liechtenstein, beim Graubünden-Marathon oder beim Jungfrau-Marathon konzentriert hatte. Mit 352 Punkten lag Wyatt knapp vor dem Tschechen Robert Krupicka (324), zum drittplatzierten Slowenen Mitja Kosovelj (227) klafft allerdings schon eine Lücke von 100 Punkten. Der mehrfache (Bergauf-bergab-)Weltmeister Marco de Gasperi (Italien) landete schon mit zwei Resultaten auf Rang sechs des GP-Circuit.
GP-Zweite Andrea Mayr trotzdem die überragende Athletin der Saison
Bei den Frauen bestritt Iva Milesova mit Ausnahme des Saisonauftakts im Elsass alle Grand-Prix-Rennen und sammelte 327 Punkte. Dies reichte letztlich zum Gesamtsieg vor Andrea Mayr, die verletzungsbedingt erst in der zweiten Saisonhälfte in die Wettkampfphase einsteigen und mit drei herausragenden Läufen in Mayrhofen, Ebensee und Ljubljana jeweils die maximale Punktzahl einstreichen konnte und auf 320 Zähler kam. Mateja Kosovelj (Slowenien/ 298) und Langdistanz-Weltmeisterin Anna Pichrtova (Tschechien/ 257) folgen auf den nächsten Plätzen der Endwertung.
Der in dieser Saison zur Weltklasse aufgestiegene deutsche Meister Timo Zeiler bestritt aus beruflichen Gründen kein einziges Grand-Prix-Rennen, überzeugte hingegen bei seinen Siegen in Grabs (Schweiz), Mölten (Italien) und beim Karwendellauf in Mittenwald sowie beim Drei Zinnen-Lauf in Südtirol. Die deutsche Meisterin Lisa Reisinger zog es hingegen vor, bei eher regionalen Rennen an den Start zu gehen, so dass letztlich kein deutscher Bergläufer im Klassement des Grand-Prix-Wettbewerbs verzeichnet ist.
Aktuelles Grand-Prix-Modell ohne Zukunft
Mit 17 Frauen und 23 Männern ist das Feld der klassierten einmal mehr überschaubar und kein Fortschritt qualitativ und quantitativ feststellbar. Beim Berglauf-Weltverband (WMRA) sieht man allerdings noch längst keinen Grund, an den Auswahlkriterien und dem bestehenden Modus etwas zu ändern. Nicht zuletzt deshalb haben die attraktivsten Bergläufe auf eine Einbeziehung in den Grand-Prix verzichtet. So sind aus den „Big five“ Großglocknerlauf, Matterhornlauf, Drei Zinnen-Lauf sowie Susa (Italien) und Telfes (Österreich) allenfalls die Veranstalter im Stubaital interessiert, mussten aber 2009 wegen der Übernahme der Europameisterschaften aussetzen.
Frischzellenkur durch Alternativ-Lösung
Die Autoren des „Berglauf-Journal“, dem führenden Berglauf-Magazin mit internationaler Anerkennung, haben einen neuen Ansatz zur Reform des Grand-Prix unternommen und einen konkreten Vorschlag formuliert, wie der Berglauf-Circuit mit einer Frischzellenkur belebt werden kann.
Analog der „Golden League“ der Stadion-Leichtathletik bzw. der Kategorisierung in „Gold Label“ und „Silver Label“ der großen Marathonläufe könnte auch eine Zuordnung bei den international angesehenen Bergläufen vorgenommen werden. Diese ausgewählten Veranstaltungen besitzen ein ausgezeichnetes internationales Renommee und gewährleisten zudem einen hohen Organisationsstandard – und sind der Pool für die Wertung des WMRA Grand-Prix. Bei Läufen mit Status „WMRA Gold Label“ werden die Plätze 1-10 bei den Männern und Frauen gewertet, bei Läufen mit Status „WMRA Silver Label“ werden die Plätze 1-6 bei den Männern und Frauen gewertet. Jeder Läufer kann maximal 8 Rennen in die Gesamtwertung des WMRA Grand-Prix einbringen. Die Siegerehrung der besten Bergläufer soll nach den Vorstellungen von „Berglauf-Journal“ in einem würdigen Rahmen wie der WM oder dem WMRA-Kongress erfolgen.
Vorschlag: Veranstaltungen mit „Gold-Label“ und „Silver-Label“ einbinden!
Den Status „Gold Label“ sollen die Veranstaltungen Großglockner-Berglauf (Aut), Schlickeralmlauf (Aut), Sierre- Zinal (Sui), Matterhornlauf (Sui), Jungfrau-Marathon (Sui), Hochfelln-Berglauf (Ger) und Smarna Gora Race (Slo) erhalten. „Silver Label“-Status würden nach diesem Modell die Veranstaltungen Memorial Partigiani Valsusa (Ita), Graubünden-Marathon (Sui), Gamperney-Berglauf (Sui), Montée du Grand Ballon (Fra), Aletsch Halbmarathon (Sui), Montreux-Les Rochers-de-Naye (Sui), Neirivue – Le Moléson (Sui), Swiss Alpine-Marathon (42 km/ Sui), Karwendellauf (Ger), Feuerkogel-Berglauf (Aut), Kitzbüheler Horn-Bergstraßenlauf (Aut), Südtirol-Drei-Zinnen-Lauf (Ita), Skaala Uphill (Nor) und Valmalenco-Valposchiavo (Ita/Sui) erhalten.
Als wichtige Argumente für dieses Modell führen die Autoren des „Berglauf-Journal“ die Einbindung der attraktivsten Veranstaltungen an, womit eine exzellente Werbemöglichkeit für den einzelnen Veranstalter gegeben ist. Außerdem würde der Kreis der in die Wertung einbezogenen Athleten deutlich erhöht. Zusätzliche Kosten für Athleten entfallen, da die auf das „Label-Niveau“ gestellten Veranstalter ehedem an internationalen Athleten interessiert sind, die auch bisher schon eingeladen wurden.