Eindrucksvolle Vorstellungen von Florian Neuschwander und Lisa Oed beim Feldberglauf im Taunus – Julius Hild unterstreicht sein Allroundtalent – Sarah Kistner meldet sich nach langer Verletzungspause zurück und wird „vor der Haustür“ Zweite
Der mit 880 m zweithöchste hessische Berg scheint sich zu einem echten Frühjahrskriterium zu entwickeln, denn an (Berglauf-)Prominenz mangelt es am Feldberg kaum. Konnten im Vorjahr der talentierte Aaron Devor Bienenfeld bei den Männern sowie Simone Raatz, Melanie Noll, Kerstin Bertsch und Kerstin Stephan als die Top vier der Frauen Akzente setzen, ging es bei der 29. Auflage noch einen kräftigen Tick schneller hinauf zum Feldberg vor den Toren Frankfurts.
Allen voran der vielseitig begabte Florian Neuschwander, der zwar im Grunde seines Herzens längst Ultraläufer vorrangig im Berg- und Traillaufen, ist, aber auch gerne die angesagte Konkurrenz auf den Flachstrecken oder am (kurzen) Berg ärgert. Jüngstes Beispiel ist sein Auftritt beim Feldberglauf. Bei zunächst noch leichtem Nieselregen („so ein Wetter hatte ich auch zumeist auf Mallorca“) düpierte Flo die gewiss nicht schwache Konkurrenz und stürmte mit dem Startkommando in Rekordzeit die 9,7 km mit 585 Höhenmetern hinauf zum Feldberggipfel. „Ja, ich würde schon einmal gerne bei den deutschen Meisterschaften starten, aber zumeist liegt der Termin parallel mit meinen Saisonzielen“ bedauert Florian Neuschwander mit Blick auf den diesjährigen Termin. „Da bin ich beim Transalpine zusammen mit Moritz auf der Heide unterwegs…“. Noch am Donnerstag hatte er auf Mallorca einen 60 km-Traillauf absolviert und stand nun unter den Bergsprintern an der FIS Primary School im Oberurseler Stadtteil Hohemark. „Mir habe zwar die Oberschenkel im Schlussteil gemerkt, aber ein 4-Minuten-Tempo zum Feldberg ist schon ok!“ Mit 38:55 Minuten zerlegte er sprichwörtlich die Rekordzeit auf der durch die Startverlegung 2014 leicht verkürzten Strecke von Aaron Devor Bienenfeld von 40:31 Minuten deutlich. Und dies mit jeweils 200 Wochenkilometern und 6.500 Höhenmetern in den Beinen…
Sein Laufprogramm der nächsten Wochen sieht Schwerstarbeit vor. Nach einem erneuten Start beim Wings for Life World Run in München folgt noch der 73 km lange Rennsteiglauf – dies alles in der Vorbereitung auf das erste Highlight, den über 100 Meilen führenden legendären Western States Endurance Run mit Start in Squaw Valley. Fast drei Minuten dauerte es, bis mit dem 19jährigen Julius Hild der Zweitplatzierte ins Ziel einlaufen konnte. Der junge Allroundläufer des SSC Hanau-Rodenbach ist auf vielen Distanzen Spitze, wurde vor wenigen Wochen deutscher Vizemeister im Crosslaufen, ist bereits international auch in Sachen Berglauf schon unterwegs gewesen – und liebäugelt in der Saison 2018 mit einem Start bei den U20-Weltmeisterschaften im finnischen Tampere über 3000 m Hindernis. „Dazu muss ich allerdings eine 9:01 laufen. Das wird schon verdammt hart. Aber versuchen werde ich es!“ Und zum Rennen am Feldberg? „Flo läuft schon einer anderen Klasse. Er war schon am Start weg. Für mich sind die Bergläufe wichtig, denn sie bringen mir die nötige Kraftausdauer für die Hindernisstrecke!“
Mit Tim Dally folgte exakt eine Minute dahinter der Dritte, der bislang im Hessischen noch nicht in Erscheinung getreten war. Der Trailspezialist aus Netphen im Siegerland ist zumeist in der Alpenregion unterwegs und war bereits Zweiter beim Zugspitz-Ultratrail, kennt aber auch den bestbesetzten deutschen Berglauf, den Hochfelln-Berglauf im Chiemgau.
Auf Rang vier zeigte sich bereits mit Lisa Oed die zweifache U20-Europameisterin im 3000 m-Hindernislauf und Berglauf. Mit 44:26 Minuten lief sie gewiss eine starke Endzeit, verpasste allerdings den 2014 von Kerstin Bertsch gelaufenen Streckenrekord um acht Sekunden. „Das hatte ich natürlich nicht auf dem Schirm. Diese acht Sekunden wären natürlich auch noch drin gewesen. Ich wollte einen intensiven Trainingslauf machen, das war es auf jeden Fall!“ Und bekannte, dass die 25 km in der Vorwoche in Seligenstadt noch nicht ganz weggesteckt waren. Für Bergläufe wird die 19jährige allerdings in den nächsten Wochen wenig Zeit haben, denn auch als letztjährige Hindernis-Europameisterin muss sie sich erst noch für die WM in Tampere qualifizieren. „Die Konkurrenz mit Josina Papenfuß, Lisa Vogelsang und Leandra Lorenz ist hart – und der DLV wird nur zwei nominieren. Deshalb wird für mich der Mai ein ganz wichtiger Monat werden…
Dass sich gerade am Fuße des Feldbergs mit der U20-Berglauf-Europameisterin Lisa Oed und der amtierenden deutschen Meisterin Sarah Kistner die derzeit zwei hoffnungsvollsten deutschen Berglauftalente über den Weg liefen, das ist eher zufällig – und auch unter den unterschiedlichen Voraussetzungen zustande gekommen. Während Lisa die Saison 2018 fest fixiert hat, muss sich Sarah nach einer Fersenoperation Ende 2017 erst wieder an das geregelte Lauftraining herantasten. „Ich laufe jetzt gerade seit zwei Wochen wieder und habe mir gesagt, ehe du alleine in der Gegend herumläufst, dann stelle dich doch einfach ins Läuferfeld. Zumal ich nur 4 km entfernt wohne und meine Mutter auch am Start ist“. Gesagt, getan. Und es lief ansprechend für die Kronbergerin, die übrigens 2016 Berglauf- Weltmeisterin der U20 geworden war. „Es war ganz ok. Mir schmerzt allerdings die Achillessehne durch das lange Bergablaufen, denn ich wollte nicht so lange auf den Rücktransport warten!“ Mit 47:16 Minuten wurde Sarah Kistner bei ihrem ersten Herantasten an eine intensivere Laufeinheit Zehnte. Dahinter schaffte die inzwischen in der W45 laufende zweifache Olympiastarterin Petra Wassiluk mit 48:56 Rang drei.
Bei der TSG Oberursel war man angesichts der 299 angemeldeten Läufer recht zufrieden. „Der Markt konsolidiert sich. Mit diesen 300 können wir leben. Die Zeiten, wo 400 oder 450 Läufer gestartet waren, sind einfach vorbei. Wir glauben aber, dass wir für diesen Lauf ein gutes Einzugsgebiet haben und für alle interessant sind, die etwas Besonderes erleben wollen“, so Christian Spaich, der Veranstaltungsleiter beim Feldberglauf.