Fast alles wie gehabt

Beim 26. Bad Dürkheimer geht nicht nur das Streckenprofil in der Summe aufwärts, sondern auch nach der Corona-Pandemie gegen den allgemeinen Trend auch wieder die Teilnehmerzahlen – Lennart Nies und Simone Raatz dominieren beim Berglauf zum Bismarckturm das Geschehen

Eigentlich war es, wie auch der Tenor in der lokalen Rheinpfalz mit Blick auf die Siegerleistungen titelt, wie gehabt: Der „Goldene Oktober“ versprach beste Laufbedingungen, die Sieger deutlich voraus auf dem Weg zum Gesamtsieg beim Pfälzer Berglauf-Pokal, die Nächstfolgenden in spannende Duelle verwickelt, der stark frequentierte Sektstand auf dem Rückweg zum Start nach Bad Dürkheim, die gut bestückte Kaffee-Kuchen-Theke, der „junge Wein“ mit Zwiebelkuchen und Herzhaftem im Foyer, eine zügige Siegerehrung dann in der Sporthalle der Berufsbildenen Schulen in der Leistadter Straße. Und doch war manches anders als bei den letzten Austragungen.

Veranstaltungsleiter Michael Röper freute sich über den kräftigen Teilnehmeranstieg gegenüber dem Minusrekord des Vorjahres von 135 Finishern. „Die 200 Teilnehmer-Marke haben wir mit den Nachmeldungen bereits überschritten, das ist zumindest das, was wir uns gewünscht haben“, so Michael Röper noch vor dem Start an den Berufsbildenden Schulen, das überdimensionale Weinfass und die Salinen im Hintergrund. Wohl wissend, dass bei wiederhergestellter Normalität nach der Corona-Pandemie die Teilnehmerzahlen landauf landab, darunter auch bei den vorangegangenen Läufen des Pfälzer Berglauf-Pokals in Steinbach, Landstuhl und Edenkoben um einiges unter der früheren Resonanz liegen. Eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr um 44 Prozent recherchierte Henning Schneehage mit berechtigtem Stolz über die von ihm ins Leben gerufene Berglauf-Veranstaltung mit bundesweiter Anerkennung.

Schauen wir auf den Rennverlauf über die 8,7 km lange Strecke zum Bismarckturm auf dem Peterskopf mit aufsummierten 510 Höhenmetern. Anders als im Vorjahr, als er den Start wegen eines Verkehrsstaus um einige Minuten verpasste, war der in 2023 schon bei vielen Rennen in zumeist der Region dominierende Lennart Nies diesmal pünktlich am Start – und nach 35:51 Minuten deutlich vor der Konkurrenz im Ziel.  Und wirkte etwas angeknockt. „Mir ist selten so der Saft ausgegangen wie bei der finalen Steigung zum Bismarckturm. Zwischendrin war ich ganz happy, wie gut es lief, aber am Ende habe ich doch etwas büßen müssen!“ Man muss freilich wissen, dass der 37jährige Ludwigshafener im Dress des TV Maikammer eine Woche zuvor den traditionsreichen Schwarzwald-Marathon in Bräunlingen in 2:34:07 Stunden gewonnen hatte und somit gerade einmal fünf Tage Regeneration zwischen den beiden herausfordernden Wettbewerben lagen.

Um es vorweg zu stellen, Lennart Nies ist der Berglauf-Pokal 2023 nach seinen vier Starts in Steinbach (Dritter) und den Siegen in Landstuhl, Edenkoben und nun Bad Dürkheim nicht mehr streitig zu machen, da das Reglement vier Wertungen bei einem Angebot von sechs Rennen für das Gesamtklassement vorschreibt. Der letztjährige Sieger und zweifellos aktuell bester Pfälzer Bergläufer Tim Könnel zeigte sich hingegen in diesem Jahr bislang bei noch keinem der Wertungsrennen, da er seinen Laufschwerpunkt auf Bahn- und Straßenläufe gelegt hat.

Kunterbunt durch alle Altersklasse, wobei die Betonung auf Altersklassen liegt, wurden die nächsten Ränge hinter Lennart Nies, dessen Hauptaugenmerk trotz der Pfälzer Bergläufe auf der Vorbereitung auf den New York Marathon am ersten November-Sonntag liegt, vergeben. Nanstein-Berglauf-Chef Alexander Barnsteiner sicherte sich zweieinhalb Minuten dahinter Rang zwei und gewann damit die M45 – vor einem sehr starken Bölts. Der inzwischen 57jährige Ex-Radprofi finishte nach überragenden 40:57 Minuten und damit natürlich M55-Sieger. Auch der vierte Rang ging durch Tom Heuer an einen Heltersberger Mastersläufer, der mit 41:04 die M50 gewann.

Eher unbeachtet lief knapp hinter dem Routinier Tom Heuer ein 16jähriger ins Ziel: Der für den Triathlon-Club Backnang startende Marvin Grimm ist nicht zuletzt nach seinem Auftritt in Bad Dürkheim mit 41:12 Minuten (auch) ein Laufjuwel. Bleibt nur zu hoffen, dass sich der DLV um das junge Backnanger Ausdauertalent kümmert, schließlich krankt die nationale Berglauf-Spitze an geeignetem Nachwuchs. Und das wäre sicherlich mittelfristig einer, wie es derzeit der zur internationalen Klasse zählende 19jährige Lukas Ehrle ist, der sich nach seinem Abitur nunmehr im Januar 2024 allerdings zu einem US-Studium entschlossen hat. Marvin jedenfalls stürmte beherzt hinter Lennart Nies in die Weinberge und musste auf der zweifellos selektiven Strecke nur bedingt „Federn“ lassen.

Während sich Lennart Nies bei seinem Start-Ziel-Sieg gegenüber dem Vorjahr um fünf Minuten bei einem normalen Rennverlauf „verbesserte“, fällt im weiteren Spitzenfeld vor allem der Leistungssprung von Andy Tindall auf, der sich als M60-Sieger und Gesamtsiebter mit 41:56 Minuten um gleich fünfeinhalb Minuten steigern konnte. Den Reigen der überzeugenden Mastersläufer rundete der Feuerbacher Thomas Bauer als Neunter und M60-Zweiter in 42:46 Minuten eindrucksvoll ab.

Ein ähnliches Bild gibt es bei den Frauen. Mit ihrem vierten Sieg in Bad Dürkheim kommt Simone Raatz ihrem fünften Berglauf-Pokal-Sieg in Folge(!) ziemlich nahe. Nach Rang zwei am Donnersberg und den Siegen in Edenkoben und Bad Dürkheim fehlt nun eine weitere Platzierung zum erneuten Gesamtsieg. Die vor drei Wochen auf der Blumeninsel Madeira erst Trail-Langdistanz-Weltmeisterin gewordene 47jährige Karlsruherin im Trikot des ASC Darmstadt ließ auch in Bad Dürkheim nichts anbrennen („Obwohl ich die Trailpassagen als schwerer ansehe als die auf Madeira“) und kam mit der Startnummer 11 als Gesamtelfte des Starterfeldes nach 43:27 Minuten ins Ziel. „Nach meiner Corona-Erkrankung direkt nach Madeira war dies mein erster Belastungstest. Dafür ging es doch einigermaßen gut“, gestand Simone Raatz im Ziel und freute sich auf dem Rückweg mit dem nach Unterbrechung in 2023 wieder aufgebauten Sektstand. „Das gehört einfach zum Berglauf in Bad Dürkheim! Wie auch die leckeren Mesel-Weinpräsente, die in diesem Jahr leider gestrichen wurden. Das ist wirklich sehr schade, weil dies doch die Weinregion ausmacht!“

Eine kurze Aufregung gab es allerdings bei der klaren Siegerin am Bismarckturm, denn sie kam ohne den für die Zeitmessung erforderlichen Chip an. „Der Kabelbinder ging unterwegs auf, deshalb hatte ich den Chip verloren. Ich hatte dies unterwegs nicht gemerkt!“ Im Ziel konnte die Darmstädterin allerdings beruhigt werden, die Zielkamera hatte sie ebenso erfasst wie auch die mitlaufenden Uhren.     

Natascha Hartl folgte im Frauen-Ranking auf Position zwei mit 46:42 Minuten und war sichtlich zufrieden. „Aus gesundheitlichen Gründen bin ich in diesem Jahr nicht so fit, habe mich aber unterwegs gut gefühlt und gut ins Ziel gekommen“. Die für die LG Rülzheim startende W35erin gewann damit zudem ihre Altersklasse. Gut eine Minute dahinter lief bereits mit Marion Raab (47:53) die nächste Mastersläuferin ins Ziel, als W45-Angehörige hat sie allerdings „das Pech“, der gleichen Altersklasse anzugehören wie Simone Raatz.

In exakt fünfzig Minuten – und damit noch vor den heuer bei Masters-Welt- und Europameisterschaften erfolgreichen Josefa Matheis (Fünfte/ 50:37) und Sonja Dies (Siebte/ 52:22) erreichte Antonia Broschart als Gesamtvierte das Ziel. Die 19jährige fiel bislang als erfolgreiche Torschützin beim DHC, dem ortsansässigen Hockey-Traditionsclub Bad Dürkheims, auf. Mit diesem starken Auftritt auf dem keineswegs einfach zu belaufenen Parcours durch die Weinberge und die Wälder mit dem Geiersbrunnen als markante Herausforderung hinauf zum Bismarckturm sollte sie auch mit Engagement Bergläufe bestreiten können. Bei der 26. Auflage des Berglaufes jedenfalls hat Antonia eine exzellente Ausdauer bewiesen, die hoffentlich Lust auf mehr (Berg-)Läufe gemacht hat. Exzellente Ausdauer bewies einmal mehr als Moderator Wolfgang Behr, in der Pfalz gewiss eine Institution. Mit „Auftritten“ praktisch im Wochentakt ist der inzwischen 73jährige natürlich ein ausgesprochener Kenner der Laufszene, schließlich absolvierte der passionierte Läufer („Seit 45 Jahren…!“) 140 Marathonläufe und kann auf eine Bestmarke von 2:42 aufweisen. Gleich ob in Kandel, Hambrücken, Maximiliansau, Rülzheim oder Bad Dürkheim, die örtlichen Organisatoren können sich auf seine stimmungsvollen, motivierenden Kommentare verlassen.