Foto: Grayson Murphy gewann überraschend den WM-Titel auf der Normaldistanz in Villa La Angostura (Quelle WMRA).

Eklat: Kein Visum für afrikanische Berglaufasse

US-Doppelsieg durch Joseph Gray und Grayson Murphy – Langdistanztitel an Cristina Simion aus Rumänien und den US-Ultra-Weltrekordler Jim Walmsley – Deutsche Männerteam ohne Chancen auf Rang acht – Berglauf-Debüt für Laura Dahlmeier ernüchternd

Für den Berglauf-Weltverband (WMRA) und gewiss auch für den Internationalen Leichtathletik-Verband (IAAF) ist es eine Niederlage ersten Ranges, wenn ein Gastgeberland den vermeindlichen Favoriten einer übertragenen Weltmeisterschaft die Ausstellung von Einreiseerlaubnissen verweigert und somit massiv in die Wettkampfabläufe eingreift – und keine rechte Handhabe gegen dieses Vorgehen offenbar hat. Just dies ist bei den 35. Berglauf- Weltmeisterschaften in Villa La Angostura (Argentinien) passiert, als den im Vorjahr siegreichen Robert Chemoges (Uganda) und Lucy Wambui Murigi (Kenia) und deren Teams die Einreise nach Patagonien verweigert wurde. Nutznießer dieser „Politik“ waren natürlich die Läufer aus Europa und vornehmlich die aus den USA. Zudem waren Überraschungen wie durch die Rumänin Christina Simion auf der Langdistanz das „Salz in der Suppe“ der erstmals durchgeführten Doppel-Weltmeisterschaften mit der diesmal berauf- bergab führenden „Normaldistanz“ und der Langdistanz mit 41,5 km und einer Höhendifferenz von 2184 m.

Starke Regenfälle, eine stellenweise verschlammte Strecke mit einer herausfordernden Flussquerung (!) forderten am ersten Tag der Weltmeisterschaften von den Teilnehmern alles ab. Ohne die afrikanischen Läufer übernahm der US- Läufer Joseph Gray auf der 14,2 km langen Strecke mit 745 Höhenmeter das Kommando, alleine der Italiener Cesare Maestri konnte ihm folgen. Mit etwas Rückstand die beiden Tschechen Chrascina Marek und Jan Janu sowie die Briten Jakob Adkin und Andrew Douglas. Mittendrin in einer weiteren Verfolgergruppe auch der österreichische Staatsmeister Manuel Innerhofer, der sich im Ziel über einen ausgezeichneten sechsten Platz freuen durfte.  Nach 2016 (Sapareva Banya/ Bulgarien) holte Joseph Gray erneut den Weltmeistertitel, nach 1:05:13 Minuten durfte er im Ziel jubeln, auch wenn Francesco Puppi nur acht Sekunden dahinter folgte. Überraschend belegten die beiden Tschechen Marek und Janu die Plätze drei und vier und sorgten dafür, dass ihr Team erstmals den Titel gewinnen konnte. Pech hatte mit Andrew Douglas der Weltcupsieger 2019, der auf einer regennassen Brücke ausrutschte und den Anschluß an die ersten Verfolger verlor. Mit Douglas, Adkin und dem italienischen Europameister 2017 Xavier Chevrier folgten hinter Innerhofer absolute Weltklasseathleten und untermauerten den außergewöhnlichen Erfolg des Österreichers. In der Mannschaftswertung folgten hinter Tschechien (17), die USA (34) und Italien (35).

Bei den Frauen gewann die in Europa bislang noch nicht in Erscheinung getretene Allroundläuferin Grayson Murphy, die mit 15:58 Minuten (5000 m), 32:28,09 (10.000 m) und 9:48,57 (3000 m Hindernis) starke Bahnleistungen vorzuweisen hat und offenbar auf dem technisch anspruchsvollen Geläuf am besten zurecht kam. Zwanzig Sekunden dahinter folgten die Französin Elisa Poncet (1:15:41) und weit zurück bereits die Britin Philippa Williams (1:16:45) auf den Medaillenplätzen. Die mitfavorisierten Sarah Mc Cormack (Irland) als Weltcupgewinnerin und Sarah Tunstall liefen abgeschlagen als 12. und 19. Ins Ziel. Mannschafts-Weltmeister wurde Frankreich mit 15 Punkten und deutlichem Vorsprung vor Tschechien (25) und Gro0-Britannien (31).

Bei den U20-Junioren, übrigens wie auch bei den Männern und Frauen ohne jegliche deutsche Beteiligung, siegten der Brite Joseph Dugdale und die Italienerin Angela Mattevi, die mit ihrem Teams auch die jeweiligen Mannschaftstitel gewinnen konnten.

Bei weitaus besseren Witterungsbedingungen wurden am zweiten Meisterschaftstag die Langdistanzrennen gestartet. Nachdem Stephanie Doll wegen Erkrankung noch kurzfristig ausgefallen war, gingen hier auch mit Benedikt Hoffmann, Moritz auf der Heide, Florian Reichert und Laura Dahlmeier vier DLV-Vertreter ins Rennen. Natürlich stand die siebenfache Biathlon-Weltmeisterin bei ihrem ersten internationalen Start als Leichtathletin im Fokus, jedoch musste die Garmisch-Partenkirchenerin nach strapaziöser Anreise erst einen Tag zuvor erkennen, dass das Leistungsniveau bei dem letztlich auf 29 Läuferinnen ausgedünnten Feld stark ist und speziell ihre Vorbereitung ohne harte Wettkampfbelastungen zu wenig waren. Als 27. erreichte sie mit einer Laufzeit von 4:20:47 Stunden und einer halben Stunde Rückstand auf die Überraschungs-Weltmeisterin Cristina Simion (Rumänien) das Ziel. „Chapeau vor den Weltbesten, die sind schon richtig, richtig stark“, ließ sich Laura Dahlmeier zitieren. „Für mich war es schwer, einen eigenen Rhythmus zu finden. Ich habe von Beginn an gut zu kämpfen gehabt!“ 

Cristina Simion setzte sich erst nach 30 km beim Abstieg vom Cerro Bayo-Gipfel von den beiden französischen Trail- Spezialistinnen Adeline Roche und Blandine L’Hirondel ab und gewann mit einem Zwei-Minuten-Vorsprung. Die Rumänin ist hierzulande eher als Langstrecklerin auf der Bahn und Straße bekannt, wo sie mit Bestzeiten von 33:20 und 1:15:15 verzeichnet ist. Unter den aufgegebenen Topläuferinnen war auch die dreifache Europameisterin Maude Mathys (Schweiz).

Der US-amerikanische 50-Meilen-Weltbeste Jim Walmsley, auch bereits als Ultra Runner oft he Year ausgezeichnet, wurde seiner Mit-Favoritenrolle bei den Männern gerecht und gewann nach 3:12:16 Stunden. Alleine der 2017er Weltmeister Francesco Puppi war der einzige Konkurrent, der dem US-Läufer Paroli bieten konnte und dies bis zum Schluß als Zweiter mit vierzig Sekunden blieb. Der Spanier Oriol Cardona und der britische Ultra-Trail-Weltmeister Jonathan Albon folgten auf den Rängen drei und vier mit allerdings schon sieben Minuten Rückstand. Und die Deutschen? Überraschend platzierte sich Moritz auf der Heide auf Rang 13 als bester DLV-Läufer (3:31:18), gefolgt von Benedikt Hoffmann (21./ 3:34:58), der sicherlich seiner langen (und erfolgreichen) Saison etwas Tribut zollen musste. Beide waren allerdings hinsichtlich der Platzierung in bester Gesellschaft mit Jonathan Schmid (Schweiz/ 11.), Emmanuel Meyssat (Frankreich/ 12.), Robert Krupicka (Tschechien/ 19.), Stephan Wenk (Schweiz/ 20.) und dem zweifachen Weltmeister Alessandro Rambaldini (Italien/ 24.). Mit Florian Reichert (40. In 3:49:33) belegte das DLV-Team mit 74 Punkten Rang acht, allerdings deutlich hinter den Medaillenrängen als das erklärte Ziel der DLV-Funktionäre zurück, die Spanien (15), USA (17) und Japan (27) belegten.