Berglauf-EM vor einer weltberühmten Kulisse

Unweit des Matterhorns werden die 18. Berglauf-Europameisterschaften ausgetragen – Maude Mathys vor drittem Erfolg in Folge beim Heimspiel in Zermatt? – Kann Abonnementsmeisterin Andrea Mayr in den Titelkampf noch einmal eingreifen? – Hoffnungen bei den deutschen Bergläufern

Nach den Berglauf-Weltmeisterschaften 1991 und den Langdistanz-Weltmeisterschaften 2015 steht der weltberühmte Sommer- und Wintersportort Zermatt mit den Berglauf-Europameisterschaften 2019 ein weiteres Mal im Fokus der Berglaufwelt. „Mit dem Organisationskomitee des Gornergrat Zermatt Marathons haben wir einen perfekten Partner gefunden“, weiß der Präsident Christoph Seiler des Schweizerischen Leichtathletik-Verbandes Swiss Athletics die Organisation in besten Händen. Hochmotiviert werden die einheimischen Asse um die zweifache Europameisterin Maude Mathys auf dem selektiven Kurs von Zermatt aus zum Riffelberg über 10,1 km und 1020 Höhenmetern zu Werke gehen, um die 18. Titelkämpfe vor der weltberühmten Kulisse des Matterhorns zum wirklichen Heimspiel werden zu lassen.

Da die aktuell besten europäischen Bergläufer die beiden Worldcup-Rennen in Annecy (Frankreich) und Lake Tahoe (USA) weitgehend ausgeklammert haben, gibt es kaum Fingerzeige über die derzeitige Verfassung im Hinblick auf die Titelvergabe in Zermatt. Alleine der Brite Andrew Douglas hat sich diesem ersten Showdown gestellt und dabei zwei überzeugende Siege herausgelaufen. Der Worldcup-Dritte 2018 rückt damit sicherlich zu einem der Medaillenanwärter auf, dies gilt sicherlich auch für dessen Landsmann Robby Simpson, der in überzeugender Manier den Aletsch- Halbmarathon gewinnen konnte, aber bei den international besetzten Schweizer Meisterschaften bei Neirivue-Le Moléson gegen den starken Schweizer Rémi Bonnet unterlag. Groß-Britannien, Frankreich und traditionsgemäss Italien sind die Favoriten auf den Mannschaftstitel, obgleich bei den Italienern der routinierte Bernard Dematteis fehlt. Dafür schickt Italien den 2017 bei den zuletzt ausgetragenen bergaufführenden Europameisterschaften siegreichen Xavier Chevrier zusammen mit dem Vorjahreszweiten Cesare Maestri und dem 2016er Europameister Martin Dematteis ins Rennen. Im Kampf um den Einzeltitel ist freilich auch der Norweger Johan Bugge als Europameister 2015 und Sieger des letztjährigen Worldcup-Finales in Ljubljana (Slowenien) ein ernsthafter Kandidat.

Und die Deutschen? Benedikt Hoffmann, zuletzt Sieger beim spektakulären Stelvio-Marathon, belegte zwar hinter dem österreichischen Staatsmeister Manuel Innerhofer bei deren Titelkämpfen in Köflach Rang zwei und lag dabei deutlich vor dem viertplatzierten Marcel Krieghoff, wurde aber seitens des DLV nicht für Zermatt nominiert, sondern musste seinen Platz dem zur Weltspitze zählenden Skibergsteiger Toni Palzer räumen. Dem Ramsauer ist nicht zuletzt wegen der speziellen Situation in Zermatt mit Start auf 1604 m und dem Ziel am Riffelberg auf 2579 m zuerst eine Top-ten- Platzierung zuzutrauen. Der deutsche Meister Maximilian Zeus, Marc Schulze und Marcel Krieghoff sind die weiteren deutschen Starter.

Bei den Frauen geht Maude Mathys als Favoritin ins Rennen. Die Waadländerin gewann 2017 in Kamnik (Slowenien/ bergauf) und 2018 in Skopje (Mazedonien/ bergauf-bergab) jeweils den Titel und holte sich bei den Weltmeisterschaften in Andorra 2018 die Silbermedaille. Bei den Titelkämpfen am Moléson deklassierte sie die starke Konkurrenz mit der Italienerin Elisa Sortini und die 2018er EM-Zweite Anais Sabrié um vier Minuten und scheint beim Heimspiel kaum zu bezwingen. Erste Konkurrentin dürften nach wie vor mit Andrea Mayr die herausragende Läuferin des Jahrzehnts sein, die zuletzt bei den Staatsmeisterschaften in Köflach sieben Minuten voraus lief und im Gesamtklassement die sechstschnellste Zeit lief. Aber auch Sarah Tunstall, zuletzt Siegerin beim Aletsch-Halbmarathon, ist nach EM-Silber 2017 wiederum eine Podestanwärterin. Dies gilt auch für die Irin Sarah MacCormack, die beim Worldcup in Annecy hinter der Weltmeisterin Lucy Murigi Rang zwei belegen konnte.

Für die deutschen Läuferinnen wird es schwer sein, mit dieser Konkurrenz Schritt halten zu können. Stefanie Doll, Vierzehnte der WM 2018, ist nach einer Verletzung wieder einsatzbereit und weiß mit den in der U20-Klasse überragenden Sarah Kistner und Lisa Oed eine starke Mannschaft im Rennen, die zusätzlich beflügeln könnte. Ob dies allerdings gegen die Schweiz, Italien, Groß-Britannien und Frankreich zu einer Teammedaille reicht, das hängt vom Abschneiden der drei DLV-Asse ab, die für die Zukunft des deutschen Berglaufes stehen, aber vielleicht in Zermatt aus den unterschiedlichen Gründen noch im Rückstand sind.

In den U20-Wettbewerben, die von der Riffelalp (2206 m) aus zum Riffelberg (2579 m) über 5,9 km und 448 Höhenmeter starten, ruhen die Hoffnungen des DLV auf die beim Hochfelln 2018 so stark laufenden 16jährigen Antonia Niedermaier und den 19jährigen Cross- und Berglaufmeister Dominik Müller. Während Antonia als Einzelstarterin ins Rennen geht, hat der DLV bei den Junioren mit Marius Abele Lukas Bunzel neben Müller ein Team gemeldet.

Während die Europameisterschaften mit 29 Nationen und 254 Athleten eher kleine, aber erlesene Starterfelder aufweisen, geht am Vortag (Samstag) mit dem Gornergrat Zermatt Marathon mit Start in St. Niklaus eine Rekordteilnehmerzahl von über 2500 LäuferInnen auf die Strecken Marathon, Ultra-Marathon und Halbmarathon. Beim Marathon von St. Niklaus zum Riffelberg mit 1944 Höhenmetern treffen mit Andy Wacker (USA), Benedikt Hoffmann (LG Brandenkopf), Patrick Wieser (Schweiz) und Shaban Mustafa (Bulgarien) vier absolute Cracks der Berg-Marathonszene aufeinander, während der Vorjahressieger Robbie Simpson diesmal als „Sprinter“ über 10,1 km bei den Europameisterschaften unterwegs ist.