Auch in Bergen wurde 50jähriges gefeiert


Überraschung beim Jubiläum: Die 17jährige Julia Ehrle bezwingt Andrea Mayr im Generationsduell

Zwei große Jubiläen durften am letzten September-Wochenende auf der Weltbühne des Ausdauersports bei gleich zwei Events gefeiert werden, die in vielfältiger Hinsicht Meilensteine in der Laufszene gesetzt haben. In Berlin feierten knapp 55.000 Marathonläufer die einzigartige Geschichte des BMW Berlin Marathon, der mit dem 50jährigen Jubiläums auf gleich dreizehn Weltrekorde und unzählige Bestzeiten auf jedem Niveau zurückblicken kann – und ließen den inzwischen 85jährigen Erfinder des Berlin-Marathons auf einer Ehrenschleife vom Brandenburger Tor zum Ziel auf der Straße des 17. Juni hochleben. Knapp 300 Läufer und viele frühere Sieger als Ehrengäste feierten am gleichen Tag im südöstlichen Zipfel Deutschlands den 50. Hochfelln-Berglauf, der für eine besondere Spezies von Ausdauersportlern aus den Bereichen Langstreckenlaufen, Skilanglauf, Biathlon, Skibergsteigen und Triathlon nicht minder Trendsetter war und nicht minder viele Weltklasseathleten im kleinen, beschaulichen Bergen im Chiemgau an die Startlinie brachten. Während in Berlin die 42,195 km lange Distanz das Maß der Dinge ist, beträgt die Herausforderung in Bayern 8,9 km und 1074 Höhenmeter.

In diesem Beitrag geht es allerdings ausschließlich um den Hochfelln-Berglauf, den „kleinen“ Jubilar. Wer sich für die Geschichte der nationalen wie internationalen Berglaufszene interessiert, der wird unweigerlich auf den Traditionslauf im Chiemgau stoßen, der national zu den ältesten zählt, international die Entwicklung mit der Ausrichtung von Weltmeisterschaften, Wertungsläufe im Mountain Running-Grand-Prix und zahlreichen deutschen Meisterschaften dank des unermüdlichen Pioniers Georg „Bibi“ Anfang maßgeblich vorangetrieben hat.

Die traditionelle Nudelparty im Bergener Festsaal wurde zu einer Wellcome-Party der Stars von Einst und Jetzt. Hier der Premierensieger Hans Speicher mit den Skilanglaufkollegen Wolfgang Müller, Wolfgang Pichler, Dieter Notz und Peter Zipfel, dann die spätere Generation mit Helmut Schmuck, , Kurt König und natürlich dem seit 3003 den Streckenrekord am Hochfelln innehabenden Jonathan Wyatt oder die Topläufer, die aktuell die Szene beherrschen. Leider war die Präsenz im Frauenbereich weitaus kleiner, dafür aber stets willkommene Gesprächspartner wie die Vielfachsiegerinnen Susi Riermeier-Sailer und Andrea Mayr.

Beide wußten sich in der Geschichte des Hochfelln-Berglaufes gleich zwanzigmal (!) in die Ehrentafel eintragen, davon Andrea Mayr als achtfache Weltmeisterin gleich zwölfmal. Und das (verflixte) dreizehnte Mal sollte ausgerechnet bei der Jubiläumsausgabe 2024 nicht klappen. Denn mit dem Kanonenschlag anstelle des eher profanen Startschusses setzte sich mit der 17jährigen Julia Ehrle ein „Jungspund“ an die Fersen der inzwischen 45jährigen Ärztin, die allerdings wegen einer langwierigen Infektion erst wenige Tage vor der Veranstaltung ihre Startzusage gegeben hatte und somit nicht in Topform nach Bergen angereist war.

Und letztlich musste es so kommen: Die U20-Berglauf-Europameisterin aus Villingen-Schwenningen, die zudem in diesem Jahr U20-Vizeeuropameisterin über 3000 m sowie deutsche Berglaufmeisterin geworden war, überholte 300 m vor dem Ziel mit einem starken Antritt die Seriensiegerin – und kam mit 51:09 Minuten zum doch überraschenden Sieg und einem komfortablen Vorsprung von vierzehn Sekunden.

Im Ziel konnte das hoffnungsvolle Lauftalent aus dem Schwarzwald diesen Erfolg kaum fassen. „Der Sieg ist für mich eine Riesenüberraschung. Ich habe damit nicht gerechnet. Ich hätte es nie für möglich gehalten, dass ich eine Top-Läuferin wie Andrea Mayr besiegen kann!“ Für Julia wird es bereits in wenigen Wochen in Richtung Cross gehen, denn bereits Mitte Dezember möchte sie im Nationaldress bei den Cross-Europameisterschaften im türkischen Urlaubsort Antalya starten. Ist dabei der nächste Erfolg schon vorprogrammiert? Andrea Mayr ordnete ihren Start an einem ihrer Lieblingsberge auch entsprechend ein: „Ich war bei meinem Rekordlauf gleich vier Minuten schneller. Das ist eigentlich mein Anspruch. Ich bin allerdings derzeit nicht in einer guten Form und habe lange überlegt, ob ich überhaupt starten sollte!“

Allerdings war die Strecke nach den starken Schnee- und Regenfällen noch anspruchsvoller als ehedem schon geworden. Die Organisatoren des SC Bergen hatten im Vorfeld alle Hände zu tun, um die Strecke mit Schneepassagen und umgestürzten Bäumen belaufbar zu machen. Und das ist den routinierten Machern um Jürgen Schmid gelungen, zumal zaghafter Sonnenschein die Jubiläumsveranstaltung vergoldete.

Ohne die verletzt absagende (deutsche) Vorjahressiegerin Nina Engelhard war das Frauenfeld stärker ausgedünnt als es der Normalfall am Hochfelln eigentlich ist. Die formschwankende Äthiopierin Sintayehu Kibebo zeigte sich nach ihrem Einbruch beim Jungfrau-Marathon gut erholt und konnte einmal mehr auf das Podium als Dritte steigen. Juliane Rössler, die frühere U20-Berglauf-Weltmeisterin Sarah Kistner und die Trailspezialistin Laura Hampel belegten die weiteren Spitzenplätze.

Auch bei den Männern fehlte mit dem Kanadier Remi Leroux der Vorjahressieger. Mit einem starken Auftritt setzte sich beim Jubiläum der Slowene Timotej Becan nach 46:03 Minuten durch. Dahinter trumpften mit dem 23jährigen David Reichl aus Neunburg im Bayerischen Wald und dem 17jährigen Biathleten Lukas Tannheimer zwei junge Deutsche auf, die 44 bzw. 62 Sekunden hinter dem Slowenen das Ziel erreichten. Wie auch bei den Frauen waren internationale Klasseläufer rar. Dafür konnten sich Maximilian Zeus, der zwei Wochen zuvor mit den Regensburger Laufkollegen deutscher Halbmarathonmeister geworden war, und auch Dominik Notz auf den weiteren Plätzen zu behaupten. Auch wenn dem Sohn der Skilanglauflegende Dieter Notz im steilen Schlussanstieg die Kraft ausgegangen war, nachdem er bereits Rang drei im Visier hatte. (

Der siebenfache Berglauf-Weltmeister und ehemalige Präsident des Berglauf-Weltverbandes (WMRA) Jonathan Wyatt genoss den Jubiläums-Hochfelln-Berglauf und schaffte nach längerer Wettkampf-Abstinenz bei den Masters M50 Rang drei. Und gratulierte besonders Julia Ehrle, die nach seinen Aussagen vor einer großen Berglauf-Karriere steht. „Sie bringt vor allem die nötige Schnelligkeit mit in den Berg“. Und zog damit eine Parallele zu seiner eigenen Karriere, in der er ebenfalls neben dem Berglauf schnelle Straßenzeiten über 10 km, Halbmarathon und Marathon aufweisen konnte.

Neben Jonathan Wyatt zogen auch zu Ehren des Jubiläumslaufes der mehrfache deutsche Berglaufmeister Timo Zeiler, der Pole Andryzej Dlugosz und auch Österreichs Berglaufchef Helmut Schmuck die Laufschuhe an.

war wegen des Jubiläums nochmals an den Start gegangen und belegte in der Klasse M50 Patz drei. Der mehrfache Deutsche Berglaufmeister Timo Zeiler (LG Brandenkopf) war anlässlich des Jubiläums als Vertreter des Deutsche Leichtathletikverbandes in Bergen und wurde in der M40 Platz Zweiter.

Nach der gelungenen zweitägigen Jubiläumsveranstaltung zeigte sich Jürgen Schmid mehr als zufrieden und zog für Laufreport.de ein Fazit: „Das Organisationsteam wollte zum Jubiläum den Läufern etwas Besonderes und für den 50. Hochfellnberglauf einen würdigen Rahmen bieten, aber trotzdem den typischen Charakter des Laufes nicht verändern. Nach allen Rückmeldungen ist uns das sowohl mit dem kleinen Programm zur Nudelparty, als auch mit den Jubiläums-T-Shirts für alle Läufer sehr gut gelungen. Einen großen Beitrag hierzu haben die eingeladenen ehemaligen Sieger geleistet, die mit unterhaltsamen Anekdoten zum Sport und auch zum Hochfellnberglauf aufwarten konnten und so der Vorabendveranstaltung einen besonderen Charakter verliehen haben. Dass uns und die Läufer der Wettergott wieder mit einem fantastischen Tag verwöhnt hat, war natürlich dann noch das Sahnehäubchen am Renntag. Sportlich gesehen hatten wir leider ein paar kurzfristige Ausfälle in der Spitze durch Verletzung oder Krankheit. Aber trotzdem war es sowohl bei den Männern, als auch besonders bei den Frauen ein hochkarätiges Rennen“

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