Anspruchsvoll und herausfordernd

Marcel Krieghoff gewinnt DM-Testlauf am Pleß und plant EM-Start in Zermatt – Unerklärlich schwache Resonanz beim DM-Testlauf in Breitungen/ Werra

Die für 12.00 Uhr angesetzte Siegerehrung in der großen Sporthalle am Riegelsberg fand ohne den drei Stunden zuvor im über 13,5 km und 785 Höhenmeter führenden Pleßbergtrail zum Pleßturm so überzeugend voraus gelaufenen Marcel Krieghoff statt. Der Grund ist jedoch ein einfacher: Der Nationalmannschaftsläufer aus Bad Langensalza wollte den Parcours der deutschen Meisterschaftsstrecke auch auf dem „Rückweg“ vom 645 m hohen Pleß nach Breitungen ein weiteres Mal inspizieren. Mit Verspätung erhielt er in der Halle dann noch rasch vom Organisationsleiter Jan Matthes den Pokal für den Tagessieg. 

„Es ist schon eine reizvolle Strecke, aber die permanenten Übergänge muss man trainieren!“ zeigte sich der 35jährige vom SC Impuls Erfurt durchaus überrascht von der Strecke. „Bei den steilen Stücken musst du ganz schön drücken, dann geht es ebenso steil wieder abwärts – und dann wieder hoch. Die Strecke ist kernig!“ Wer allerdings wie Marcel Krieghoff zur Berglauf-Europameisterschaft nach Zermatt möchte, der weiß damit umzugehen.

„Die Strecke ähnelt in gewisser Weise der am Arber…“. Bei den besagten deutschen Berglaufmeisterschaften am Großen Arber nämlich wurde er 2017 Dritter – und offenbar liegen ihm derartige Streckenführungen. „Ich denke aber, Mittelstreckler sollten auf diesem Kurs im Vorteil sein. Die deutschen Meisterschaften sind relativ offen, aber ich werde diese Herausforderung angehen!“

Für Marcel Krieghoff ist es freilich nicht zu weit, um am Pleß zu trainieren. „Ich werde mir die Strecke sicherlich noch das eine oder andere Mal vornehmen!“ Wie akribisch er diese Titelkämpfe Mitte September vorbereitet, das mag alleine schon an der zweimaligen „Begehung“ der Strecke zu sehen sein. Doch bis dahin ist es noch einige Monate Zeit – und eben dazwischen liegen eben die Europameisterschaften im Wallis. Die vom DLV vorgesehene Qualifikation beim Gamperney-Berglauf im schweizerischen Grabs (26. Mai) wird er allerdings aus Zeitgründen auslassen müssen. „Deshalb werde ich versuchen, mich bei den Österreichischen Meisterschaften am 2. Juni in Köflach zu qualifizieren. Da kommt es natürlich auf den Vergleich zu den besten Österreichern an. Mein Nahziel ist eindeutig Zermatt…!“ In der unmittelbaren Vorbereitung steht für ihn noch der Halbmarathon beim legendären Rennsteiglauf an.

Allerdings wird sich Marcel Krieghoff noch einmal mit Organisator Jan Matthes ins Benehmen setzen müssen, denn dieser hat unmittelbar nach dem Lauf bereits einschneidende Veränderungen gegen über dem gerade durchgeführten DM-Testlauf angekündigt. So wird der Pleß im Finale nicht über die breiten, stark befestigten Forstwege angelaufen, sondern über kernige Trailpassagen, die allerdings so breit seien, dass man auch dort noch überholen könne, wie der Chef des Vereins Lauftreff Breitungen erläuterte. Außerdem fällt die gerade erst zweimal gelaufene Schleife mit einer 40%igen Rampe einmal weg – und im Startbereich wird auf die über einen Kilometer lange Asphaltstrecke verzichtet. Somit ist der als DM-Testlauf angekündigte Lauf über die 13,5 km lange Strecke schon wieder Makulatur, sodass ein Teilnehmer etwas säuerlich mit „Ich fühle mich verkackeiert!“ abgewunken hatte.

Eberhard Helm, erfahrener Trainer der einst so erfolgreichen Brüder Manuel und René Stöckert, fasste seine Eindrücke kurz und knapp mit „alpinem Charakter“ zusammen und meinte dabei die steilen Rampen, die aufwärts und abwärts zu bewältigen waren. Selbst wenn sich die Strecke an verschiedenen Stellen (Jan Matthes: „Wir haben fünf unterschiedliche Varianten parat!“) anders sein wird – eines hat dieser „DM-Testlauf“ jedenfalls gebracht, die leider nur unerklärliche 29 (!!) Finisher konnten sich einen hervorragenden Einblick in die Topografie am Pleß machen. Und sicherlich beeindruckt die Heimreise antreten. „Die Strecke ist sehr hart, absolut meisterschaftswürdig. Selbst wenn die eine Schleife nun wegfällt, fordert sie gerade von den Masters alles ab …“, urteilt Stefanie Hock, die mit dem ASC Darmstadt vor Jahresfrist am Brocken die Mannschaftswertung der Masters gewinnen konnte.

Bei den Titelkämpfen wird sicherlich die Anzahl der Helfer an kritischen Stellen aufgestockt werden, sodass das Malheur des Verlaufens, wie dieses der die Frauenklasse klar dominierenden Simone Raatz passierte, ausgeschlossen werden kann. „Das war höchst ärgerlich, denn ich musste eine schmierige Bergab-Passage auch wieder aufwärts laufen. Das hat mich drei oder vier Minuten gekostet und auch die Motivation geraubt. Ich weiß zumindest, was ich verstärkt trainieren muss….“, so die erfolgreiche Mastersläuferin, die gerade erst vor wenigen Wochen in Ingolstadt Crossmeisterin ihrer Altersklasse geworden war.

Der Blick in die Ergebnisliste verrät die magere Resonanz auf der 13,5 km langen Strecke. Simone Raatz lief nach 1:16:57 ins Ziel am Pleßturm ein, sechs Minuten dahinter folgte die frühere 800 m-Läuferin Vivien Never. Im Duell der erfolgreichen Mastersfrauen setzte sich Stefanie Hock (1:24:51) gegen Anke Härtl (1:26:19) durch, die nach mehrfacher Verletzungspause wieder neue (Lauf-)Hoffnungen schöpft. Und dem Pleßlauf-Organisator beim Kaffee-Plausch sogleich reinen Wein einschenkte: „Jan, was hast Du denn für eine schwere Strecke ausgesucht. Der ständige Rhythmuswechsel haut dich weg! Und eine Runde mit den steilen Rampen hätte auch gereicht!“

Vier Minuten Vorsprung hatte final Marcel Krieghoff im Ziel, mit 58:59 Minuten blieb er als Einziger unter der Ein-Stunden-Marke. „Es war natürlich nur ein Testlauf, deshalb kann ich nicht unbedingt sagen, was die Strecke letztlich hergibt!“ Etwas mehr als drei Minuten dauerte es, bis mit Jan Simon Hamann der zweite Läufer in 1:02:14 Stunden auftauchte.

Hamann? Ja, es ist der frühere deutsche Marathonmeister von München 2012, dessen Bestmarke seit diesem denkwürdigen Rennen auf 2:19:46 steht. Viele verletzungsbedingte Auszeiten konnten den inzwischen in Hamburg als Schlussredakteur bei einer Agentur arbeitenden 33jährigen nicht bremsen, bei Hamburg Running ist der früher für den USC Bochum zu Meisterehren gekommene Jan Simon „gelandet“. Aber: Mehr als fünfzig Wochenkilometer bekommt er kaum hin, denn entzündete Sehnen im Fußbereich lassen keine größeren Umfänge zu. „Eigentlich wollte ich beim Hamburg-Marathon starten, doch mit so wenigen Kilometern hat das natürlich keinen Sinn!“ Ist nun für Jan Simon Hamann der Berglauf eine neue Option? „Eigentlich nicht. Ich bin schon einmal am Brocken mit Erfolg gelaufen, aber das habe ich nicht vor! Ich habe zwar festgestellt, dass ich die Hügel bei den Läufen in und um Hamburg besser als andere zurechtkomme, aber…“ Da Marcel Krieghoff weit enteilt war, beließ es der Hamburger bei der Sicherung von Rang zwei, denn der drittplatzierte Tom Heumann lag schon über eine Minute dahinter.

Schade, dass den Machern des Pleßlaufes doch offensichtlich etwas der Mut gefehlt hatte, anstelle des 7,3 km langen Standardlaufes mit 410 Höhenmetern ausschließlich den 13,5 km langen „Testlauf“ zum zehnjährigen Jubiläum anzubieten. So folgte um 11.00 Uhr der Traditionslauf mit 70 Startern, einer im Vergleich zum Vorjahr markanten Steigerung. „Wir sind mit dem Meldeergebnis zufrieden – für die Deutschen Meisterschaften versprechen wir eine tolle Veranstaltung, denn was woanders auf die Beine gestellt wird, das können wir auf jeden Fall!“ An Selbstbewußtsein jedenfalls hat man beim Lauftreff Breitungen reichlich, die große Sporthalle am Riegelsberg fasst viele Läufer und Begleitpersonen, alleine die Übernachtungskapazitäten und die einheimische Gastronomie könnten hier und da am 22. September zum Engpass werden.