Nach Lukas und Julia Ehrle scheint sich in der Berglaufszene mit Arvid und Hannah Lösel ein weiteres Geschwisterpaar mit Erfolgen durchzusetzen. Der 20jährige Arvid gewinnt etwas überraschend den Berglauf in Bad Dürkheim, seine 17jährige Schwester Hannah setzt sich gegen zweifellos weitaus erfahrene Bergläuferinnen durch – beide jedoch haben allerdings ihre Stärken auch auf anderen leichtathletischen Laufwettbewerben
Die 27. Auflage des Traditionsberglaufes mit Start unweit des weltbekannten Weinfasses und Ziel am Bismarckturm auf dem 493 m hoch gelegenen Peterskopf geht mit den Siegen der Geschwister Arvid und Hannah Lösel aus dem hessischen Oberursel in die Analen ein. Während Arvid im vergangenen Jahr nach seinem Sieg beim Feldberglauf bei den Berglauf-Weltmeisterschaften in Innsbruck schon internationale Atmosphäre schnuppern konnte und nicht zuletzt deshalb dem Favoritenkreis zuzuordnen war, lag die Bürde vor allem bei Leander Fink, der bei seinen Frühjahrsstarts beim Donnersberglauf in Steinbach und beim Nanstein-Berglauf in Landstuhl in souveräner Manier zu überzeugen wusste. Doch das Rennen über 8,7 km mit kumulierten 510 Höhenmetern nahm einen anderen Verlauf. Leander fehlte bedingt durch die Physikumsprüfungen die nötigen Trainingseinheiten, um den laufstarken Konkurrenten wie eben Arvid Lösel und dem vor allem auf Trailstrecken sehr erfahrenen Julian Beuchert Paroli bieten zu können.
„Auf dem tückischen Untergrund bin ich dreimal umgeknickt, das hat mir letztlich den Zahn gezogen“, gestand der angehende Mediziner und hat für die nächsten Wochen allerdings einen erfolgsversprechenden Plan: „Ich nehme die beiden noch ausstehenden Pokalläufe Potzberglauf und Kalmit-Berglauf mit und kann damit das Ergebnis von Bad Dürkheim als Streichresultat nehmen, sodass der Pfälzer Berglauf-Pokal für mich noch nicht verloren ist!“
Vor allem auf dem gewohnten Trailabschnitt, der durch die Regenfälle der letzten Tage zusätzliches Erschwernis war, machte Julian Beuchert kräftig Druck. „Keiner wollte in dieser Phase mitgehen, deshalb war ich hier mit etwas Vorsprung in Führung. Den Schlussangriff von Arvid konnte ich allerdings nicht mehr parieren…!“ Der 20jährige Langstreckler, der seit dieser Saison vom TV Oberstedten zum Maschinenbau-Studium nach Karlsruhe und zur Trainingsgruppe von Günne Scheefer bei der LG Region Karlsruhe gewechselt war, spielte seine läuferische Klasse im finalen Anstieg aus und sicherte sich den Gesamtsieg nach 35:50 Minuten. „Bergablaufen liegt mir nicht besonders, deshalb konnte ich erst im Schlussanstieg wieder richtig Gas geben“. Vier Wochen zuvor war Arvid Lösel Mitglied der erfolgreichen LG-Mannschaft bei den Deutschen Halbmarathonmeisterschaften in Hamburg und U23-Vierter in 1:07:52 Stunden, die Orientierung in den nächsten Wochen gilt der bevorstehenden Cross-Saison. Wohn wird nun allerdings die Orientierung gehen, nachdem sich Erfolge bei Bergläufen und auf der Langstrecke eingestellt haben? „Ich denke, ich kann beides machen. Im Berglauf ist die Konkurrenz allerdings sehr hart, wenn alle Topläufer wie Lukas Ehrle, Filimon Abraham, Julius Ott, Benedikt Hoffmann und Maximilian Zeus bei internationalen Anlässen Ansprüche anmelden!“
Fünfzig Sekunden hinter Arvid Lösel kam Julian Beuchert ins Ziel, der damit das Duell mit dem Vorjahr siegreichen Lennart Nies gewann, der mit neun Sekunden nur knapp dahinter den Bismarckturm erreichte. Allerdings hatte Lennart gerade erst eine Erkältung überstanden, die den geplanten Start beim Berlin-Marathon unmöglich machte. Aber auch die nächsten Plätze waren heiß umkämpft: Rang vier ging an den in diesem Jahr stetig in der Spitze einkommenden Tobias Fischer (36:58) und den einheimischen Alexander Tarlton (37:17), ehe ein sichtlich frustrierter Leander Fink nach 37:41 Minuten auf Rang sechs einlief. Der frühere Nationalmannschaftsläufer Steffen Uebel, der nach vier Jahren beruflicher Tätigkeit in der Schweiz inzwischen in der Pharmakontrolle in Darmstadt arbeitet und sicherlich wieder bei einigen Bergläufen anzutreffen sein wird, wurde Siebter vor dem Rheinlandmeister Tim Waldstädt, M50-Sieger Alexander Barnsteiner und dem jungen Christoph Hörter – womit die Top 10 leistungsstark und prominent besetzt waren wie selten zuvor. Hinter dem U18-Sieger Marvin Grimm, der mit 39:35 noch unter vierzig Minuten blieb, lieferten sich einmal mehr die „Pfälzer Dauerrivalen“ vom TV Maikammer Gunnar Baar (1. M45) und Marko Martin (2. M50) ein packendes Rennen mit einer Differenz von lediglich fünf Sekunden.
In der Zwischenwertung des Pfälzer Berglauf-Pokals führt derzeit mit vier Wertungsrennen Lennart Nies vor Tobias Fischer, jedoch können bei noch zwei ausstehenden Läufen sowohl Jonas Lehmann als auch Leander Fink aufschließen, sodass hier eine besondere Spannung um den Gesamtsieg herrscht.
Einen klasse Einstand in der Berglaufszene gelang der erst 17jährigen Hannah Lösel, die im Dress von Eintracht Frankfurt zu einem überraschend deutlichen Sieg gegen etablierte Berglaufspezialistinnen kam. „Eigentlich wollte ich Berglaufen schon bei den Hessischen am Hohen Meißner ausprobieren, war aber zu diesem Zeitpunkt etwas angeschlagen. Deshalb habe ich mir Bad Dürkheim ausgesucht, das ist ja auch nicht so weit!“ Und hatte im Zuge der „Familienzusammenführung“ ihren Bruder Arvid animiert, auch in Bad Dürkheim zu starten! Nach diesem glänzenden Berglauf-Einstieg könnte dies aber auch eine Disziplin für Hannah sein? „Warum nicht!“ so ihre offen gehaltene Antwort. Allerdings ist sie eine der besten deutschen Hindernisläuferin mit Top-Platzierungen in der U18 und U20 – und tritt damit zunächst einmal in die Fußstapfen ihres ebenfalls Hindernisse laufenden Vaters Dirk Lösel. Mit ihrer Siegerzeit von 42:56 Minuten jedenfalls hat Hannah ihr Talent auch in diesem Terrain unter Beweis gestellt, zusammen mit der den internationalen Junioren-Berglauf dominierenden Julia Ehrle käme ein „Dreamteam“ auch für eine Medaille bei Europa- oder Weltmeisterschaften in Betracht.
Das Duell der Verfolgerinnen sicherte sich diesmal die 25jährige Lara Elea Eckhardt im Trikot des LAC Frankenthal nach 44:29 Minuten gegen die W45-Weltmeisterin Simone Raatz (45:06). „Auch wenn mir die Trailpassagen überhaupt nicht liegen, bin ich mit dem Rennen doch zufrieden. Schließlich zählt die Bad Dürkheimer Strecke nicht zu meinen Favoriten, wenn ich die Gesamtserie im Pfälzer Berglauf betrachte!“ Und diese hat die Läuferin des ASC Darmstadt im Auge, hat aber derzeit lediglich drei Wertungsläufe absolviert und rangiert hinter den bereits vier Läufe absolvierten Lara Elea und Natascha Hartl auf Rang drei. „Meinen sechsten Gesamtsieg in Folge beim Pfälzer Berglauf-Pokal möchte ich beim Potzberglauf sichern, auch wenn ich in der Woche zuvor wieder beim New York Marathon starten werde!“
Lara Elea Eckhardt möchte ihr Punktekonto mit Starts in Gimsbach und Maikammer noch verbessern, sodass die Entscheidung um den Gesamtsieg sicherlich noch Spannung verspricht. „Der erste Platz ist aber technisch gesehen schwierig“, gibt sie allerdings zu. In Bad Dürkheim jedenfalls stand sie auf dem Podest obenauf, schließlich sicherte sie sich die Pfalz-Meisterschaft mit großem Vorsprung vor den beiden für Landau Running Company startenden Jessica Stuck und Silke Herrgen.
Im Zieleinlauf des Bad Dürkheimer Berglaufes überraschten auf den Plätzen drei bis fünf Jessica Stuck (1. W35/ 46:05) und Silke Herrgen (2. W45/ 46:18) wie auch Tina Grimm (2. W35/ 46:29), erst auf Rang sechs folgte mit Natascha Hartl (47:07) eine weitere Konstanz in der Pfälzer Berglaufszene.
„Zum Wohl die Pfalz“ lässt sich trefflich die 27. Auflage des Bad Dürkheimer Berglaufs betiteln, schließlich schrieben sich 299 Teilnehmer in die Meldelisten ein, was Berglauf-Chef Michael Röper sehr zufrieden stimmte. Aus dem Hause des Winzers und heimischen Laufveterans Ludwig Mesel stammten übrigens auch die bei der Siegerehrung für die Erstplatzierten überreichten Präsentsteigen mit den regionalen Produkten wie dem spätestens durch den früheren Bundeskanzler Helmut Kohl weltweit bekannten Pfälzer Saumagen oder den Wein- und Sektpreisen des Weinguts Mesel. Nicht nur, dass die Sporthalle der Berufsbildenden Schulen prächtig gefüllt war, sondern auch der vom Veranstalter LC Bad Dürkheim betriebenen Sektstand auf dem Rückweg der Bergläufer bei Kilometer eins erfreute sich regen Zuspruchs. Dass es neben dem prickelnden Sekt auch alkoholfreien Saft gab, das versteht sich von selbst. „Endlich wieder“, war vielfach aus Läuferkreisen zu dieser Traditionseinrichtung zu hören. Man ließ sich Zeit, freute sich über die zwanglose Spontanrunde und genoss bei milden Herbsttemperaturen. Wie allerdings zu hören war, blieben noch einige Sektflaschen ungeöffnet. „Bergläufer sind eben Genießer“ rundete sicherlich zutreffend die Spontanparty vor der offiziellen Siegerehrung in der Sporthalle ab.
Das jedenfalls die Begleitmusik zu einer Veranstaltung, die mit Recht als Vorzeigeevent der Berglaufszene gelten kann. So erklärt sich vielleicht auch der regelmäßige Besuch von Läufern aus Bad Dürkheims Schwesterstadt Kempten, die seit nunmehr 16 Jahren im Herbst in die Pfalz kommen. „Wir kommen gerne in die Pfalz, weil über die Jahre hinweg auch Freundschaften entstanden sind“, erklärt Uli Morgen. „Wir gehen am Abend noch essen und übernachten natürlich auch hier!“ Der Mastersläufer im Dress der LG Allgäu durfte sich gewiss auch bei der Siegerehrung als M55-Zweiter noch gebührend feiern lassen, wie auch die Teamkollegen Wolfgang Wäger und Otto Hörmann als jeweils Dritte der M45- bzw. M65-Wertung.
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