Die Routine setzt sich durch

Beim Hitzelauf durch die Weinberge und etwas Schatten spendenden Wald behaupten sich die erfahrenen Läufer wie Lennart Nies, Jonas Lehmann und Simone Raatz. Mit Lara Elea Eckhardt rückt eine junge Läuferin mit Perspektive Schritt für Schritt auf die Berglauf-Bühne

Es gibt gewiss bequeme Möglichkeiten, zur Rietburg bei Edenkoben zu gelangen. Beispielsweise mit der nostalgischen (Sessel-)Rietburgbahn vom Schloss Villa Ludwigshöhe aus zur Aussichtsplattform auf 526 m im wahrsten Sinne zu schweben. Oder anspruchsvollere, wie nun bei der 26. Auflage des Rietburg-Berglaufes geschehen. Wenn dann noch das Thermometer in Richtung 30° Celsius klettert, dann ist eine äußerst schweißtreibende zudem. Zum Glück führt die Strecke zur Hälfte durch Schatten spendenden Wald, nachdem der erste Abschnitt mit Start auf der blauen Kunststoffbahn im herrlich gelegenen Stadion des Luftkurortes an der Südlichen Weinstraße und mit viel Sonne in den Wingerten schon bei manchen den berühmten Stecker gezogen hatte.

Den Turbo hingegen zündete Lennart Nies im Schatten der Rietburg, als er mit Jonas Lehmann seinem bis dahin einzigen Wegbegleiter an der Spitze des 130 Teilnehmer starken Starterfeldes geringfügig auf Distanz verweisen konnte. „Für mich war es schon überraschend, dass ich dieses Duell für mich entscheiden konnte“, gestand ein sichtlich erleichterter Lennart Nies, der nach einer Laufzeit von 33:09 Minuten seinen Vorjahressieg wiederholen konnte, bei dem er bei ähnlichen Temperaturen noch drei Sekunden langsamer war. „Ich bin derzeit in der Vorbereitung auf Berlin mit vornehmlich längeren Läufen im Training, deshalb bin ich über diesen Sieg besonders happy!“

Und Jonas Lehmann? „Für mich war dies ein solider Auftritt. Ich bin damit zufrieden, denn ich war lange nicht mehr hier!“ Der Heltersberger hat sich nach etlichen Jahren mit Einsätzen in der deutschen Nationalmannschaft mehr oder weniger vom Leistungssport verabschiedet und plant seine Starts eher spontan. „Für mich sind diese Wettkämpfe ein netter Reiz und etwas anderes, als immer im Wald meine Runden zu drehen!“

Derzeit läuft alles auf ein reizvolles Duell Nies-Lehmann beim Pfälzer Berglauf-Pokal 2024 hinaus. Denn, bei allerdings unterschiedlicher Zielsetzung und Orientierung der beiden Pfälzer Langstreckenasse, führt Jonas Lehmann die Zwischenwertung nach drei Wertungsläufen mit 882,30 Punkten und einem hauchdünnen Vorsprung vor Lennart Nies, der mit 882,16 Punkten lediglich 0,14 Punkte zurück liegt. Allerdings muss man wissen, dass Lennart aufgrund seiner Teilnahme bei den World Major Marathon Series kurz zuvor in Tokio Marathon in starken 2:24:53 („Das war meine dritte Endzeit unter 2:25 Stunden!“) gelaufen war und deshalb beim Nanstein-Berglauf in Landstuhl deutlich hinter Jonas Lehmann ins Ziel kam. Jonas hingegen büßte beim Auftaktrennen beim Donnersberglauf in Steinbach auf Lennart 36 Sekunden ein.

Die weitere Planung lässt allerdings Raum für Spekulationen und einen offenen Ausgang: Lennart Nies ist im Vorbereitungstraining auf den BMW Berlin Marathon und wird allerdings bei den drei ausstehenden Rennen in Bad Dürkheim, Gimsbach und Maikammer versuchen, seine bisherigen Punktresultate noch zu verbessern. Jonas hingegen wird allenfalls in Maikammer wieder an der Startlinie stehen, da er sich zuvor eine dreiwöchige Nepal-Trekkingtour mit Aufstiegen bis auf 6000 m „gönnt“. „Wenn jemand wie ich die Berge liebt, dann muss man einfach derartige außergewöhnlichen Touren machen. Ich war schon zweimal in Nepal und freue mich riesig auf die dritte Tour, die am 12. Oktober startet!“ 

Aufgrund dieser sehr unterschiedlichen Prioritäten ist sicherlich die Pokalwertung noch offen, ob Lennart Nies seinen letztjährigen Pokalsieg wiederholen kann oder ob Jonas Lehmann seinen neunten (!) Pokalerfolg nach 2012 bis 2019 feiern darf.

„Ich laufe natürlich die Serie“, gestand Tobias Fischer, der gut eine Minute hinter Jonas Lehmann als Dritter die Ziellinie direkt am Wildtiergehege unweit der Ruine Rietburg einlief. Als Teamname ist der aktuell auch in der Pokal-Zwischenwertung auf Position drei geführte Mainzer unter Last Resort Mountain Team geführt. Einmal pro Woche trifft er sich übrigens mit der Frauenzweiten Lare Elea Eckhardt zum gemeinsamen Bergtraining – was für beide sich offensichtlich gewinnbringend gestaltet

Ein starkes Rennen lieferte Alexander Barnsteiner als Gesamtvierter ab, der nunmehr als Angehöriger der Mastersklasse M50 startet und mit 35:38 Minuten eine Minute hinter Tobias Fischer ins Ziel kam. Überhaupt ist die M50-Kategorie stark vertreten, denn mit Marko Martin und Volker Bentz liefen gleich zwei „Fünfziger“ auf den Plätzen acht und neun unter die Top 10, mit Frank Mörschel folgte bereits der vierte M50er auf Rang elf.

Auffällig die jungen Starter beim Rietburg-Berglauf. Mit Jahrgang 2006 wurde Hannes Ebener nach 41:19 Sieger der U20, mit zwei Sekunden dahinter folgten bei Zeitgleichheit die beiden Deidesheimer Leo Lattke (Jahrgang 2009) und Florian Kegler (Jahrgang 2007).

Den dritten Sieg in Folge holte sich Simone Raatz an der Rietburg. Die inzwischen 48jährige im Trikot des ASC Darmstadt lief 39:58 Minuten und lag damit eine knappe Minute vor der 25jährigen Lara Elea Eckhardt, die sie mit Hochachtung als eine Langstrecklerin mit Berglauf-Perspektive bezeichnet. „Wenn sich Lara so weiter entwickelt, dann dürfen wir von ihr noch einiges erwarten!“

Und ihre Prognose ist keineswegs aus der Luft gegriffen, wie auch die Resultate der jungen Läuferin im Trikot des LAC Frankenthal zeigen. Am Donnersberg lag sie noch drei Minuten hinter der Siegerzeit zurück, beim Nanstein-Berglauf waren es schon weniger als eine Minute hinter der Tagesschnellsten. „Ich habe zwar immer noch etwas Ehrfurcht vor den Bergen, aber es läuft immer besser, seitdem ich mich auf Berg- und Trailtraining konzentriere und nicht mehr so verletzungsanfällig bin“, besteht die Biologie-Laborantin am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg.

Unter ihrem Trainer Dino Ziegler ist sie abgekommen vom eher Mittelstrecken orientierten Laufen (mit insgesamt fünf Ermüdungsbrüchen) – und tut gut daran. Daneben mag sie auch das Laufen in Treppenhäusern. So wurde sie bei den Deutschen Meisterschaften in Köln im Sommer mit der Bronzemedaille ausgezeichnet, nachdem ein Versuch im Frankfurter Messeturm auf Rang neun endete. Große Höhen jedenfalls scheut die Heidelbergerin keineswegs, so war sie bereits am Grossglockner Mountain Run unterwegs und möchte sich beim 50. Hochfelln-Berglauf in Bergen sowohl der internationalen als auch der nationalen Konkurrenz stellen.

Doch noch einmal zurück zur Tagesschnellsten. Simone ist auf dem Weg zum sechsten Gesamtsieg beim Pfälzer Berglauf-Pokal mit nunmehr zwei (gewonnenen) Wertungsläufen noch etwas im Rückstand, den sie aber bei ihren geplanten Starts in der Pfalz gewiss noch wettmachen kann. „In der nächsten Woche stehen erst einmal die deutschen Halbmarathonmeisterschaften in Hamburg an“, verrät die gebürtige Karlsruherin, „neben den Bergläufen in der Pfalz ist meine Orientierung vor allem auf meinen Start beim New York City Marathon gerichtet. Dieses Rennen gönne ich mir einfach noch einmal, nachdem es im Vorjahr so gut gelaufen war….!“ Über ihre Leistung an der Rietburg war sie jedoch nicht sonderlich zufrieden: „Ich hatte von Beginn an schwere Beine, das führe ich unter anderem auf den Kitzbüheler Horn-Lauf am vergangenen Sonntag zurück. Mit achtundvierzig dauert die Regeneration natürlich auch etwas länger….“, kommentiert sie lächelnd ihren Auftritt in Edenkoben.

Die Zwischenwertung führt die Rietburg-Berglauf-Dritte Natascha Hartl mit 711,52 nicht minder hauchdünn wie auch das Männer-Zwischenergebnis vor Lara Elea Eckhardt (711,41) an. An der Rietburg hatte Natascha nach 42:50 Minuten nur einen geringen Vorsprung auf die wiederum stark laufende (vereinslose) Tina Grimm (43:23), die beim Nanstein-Berglauf sogar noch vor Lara Elea als Zweite geehrt werden konnte.

Die W40-Siegerin Regina Rieger belegte Rang fünf vor der W30-Siegerin Laura Pauli und Marion Raab, die inzwischen der Masterskategorie W50 angehört.