Foto: Lukas Ehrle (vorne).

Goldener Auftakt für deutsche Bergläufer bei den Europäischen Berg- und Trail-Meisterschaften in Annecy

Nina Engelhard und Julia Ehrle holten unter schweren Bedingungen jeweils Gold – Lukas Ehrle mit starkem Einstand bei den Männern mit Bronze belohnt – Deutsche Teams ohne Medaillenchancen

Schwerste Bedingungen warteten auf die 200 StarterInnen zum Auftakt der European Athletics Off-Road Running Championships im französischen Annecy, denn der am Eröffnungstag rein bergauf führende Parcours erwies sich nach langanhaltenden Regenfällen seifig und höchst anspruchsvoll. Es wurde aber zum Glückstag für das deutsche Nationalteam, denn sowohl Julia Ehrle als auch Nina Engelhard erwiesen sich bei den U20-Juniorinnen bzw. Frauen als überragende Starterinnen und wurden völlig zurecht Europameister. Den deutschen Erfolgstag rundete Lukas Ehrle in seinem ersten Männerjahr mit einem starken dritten Rang und damit dem Gewinn der Bronzemedaille ab. Die Mannschaften des Deutschen Leichtathletik-Verbandes hatten jedoch keine Chance auf eine weitere Medaille, dazu zeigten sich andere Nationen mit ihrem jeweiligen Aufgebot weitaus stärker besetzt als es die deutschen Vertreter waren. Die Frauen wurden trotz einer Nina Engelhard mit 53 Punkten hinter Frankreich (18), Groß-Britannien (22), der Schweiz (34) und Rumänien (41) Fünfter, gefolgt von Italien (60), Tschechien und Österreich in der 14 Teams umfassenden Mannschaftskonkurrenz.

Dank des britischen Doppelschlags in der Einzelwertung holte Groß-Britannien bei den Männern Team-Gold mit 13 Punkten vor der Schweiz (21) und Frankreich (24). Italien wurde Vieter (50) vor den überraschend starken Schweden (56) und den mit 65 Punkten gleichstarken Nationen Österreich und Deutschland (wobei die DLV-Auswahl mit dem schwächer platzierten dritten Läufer) Siebter wurde, einen Punkt von dem Achten Norwegen getrennt.

Der Auftakt für Deutschland hätte nicht besser sein können, denn die 16jährige Julia Ehrle löste das Vertrauen auf eine Einzelmedaille im U20-Wettbewerb über 5,6 km und 830 Höhenmetern mit Bravour ein. Schon früh setzte sich die Schwester des vor zwei Jahren bei der EM-Premiere in El Paso (La Palma) erfolgreichen Lukas Ehrle von ihren Konkurrentinnen ab und enteilte von Höhenmeter zu Höhenmeter dem Feld. Nahezu zwei Minuten Vorsprung hatte Julia im Ziel bei einer Siegerzeit von 41:50 Minuten herausgelaufen, ehe die international bereits erfolgreiche Britin Eve Whitacker (43:40) und die Französin Lili Beck (44:19) eintrafen. Mit Antonella Meinecke (16./ 49:51) war nur eine weitere deutsche Läuferin am Start, sodass Deutschland keine Mannschaft hatte. Die französischen Gastgeber holten sich mit 17 Punkten vor Groß-Britannien (18) denkbar knapp Teamgold unter acht Mannschaften.

Bei den U20-Junioren überragte der Schweizer Matthieu Bührer, der als eigentlicher OL-Läufer schon im Vorjahr bei den Weltmeisterschaften als Dritter seine läuferischen Fähigkeiten unter Beweis stellen konnte, mit einem Start-Ziel-Sieg. 21 Sekunden nach Matthieu folgte mit Loic Berger schon ein weiterer Schweizer, den Mannschaftstitel sicherte auf Rang fünf Fiorillo Camesi für die Schweiz (8 Punkte) vor Frankreich (18) und Groß-Britannien (20) auf der ebenfalls 5,6 km langen Strecke. Deutsche Läufer fehlten bei diesem Wettbewerb.

Kaum Luft schnappen konnten die Betreuer im deutschen Team, denn bereits bei der Männerkonkurrenz lief der 20jährige Lukas Ehrle ein überaus beherztes Rennen und wurde auf der 7,6 km langen Strecke mit 960 Höhenmetern hinter den beiden Briten Joe Steward (42:37) und Jacob Adkin (43:55) mit 44:23 Minuten Dritter. Der zunächst führende WM-Zehnte Roberto Delorenzi (Schweiz) musste letztlich den starken Auftritt von Lukas anerkennen und wurde Vierter, die mit Medaillenhoffnungen ins Rennen gegangenen Francesco Puppi (16.) und Daniel Osanz (29) landeten ebenfalls abgeschlagen wie auch Titelverteidiger Cesare Maestri, der gar nur 41. wurde. Gegen die starke Konkurrenz wartete Lukas Ehrle mit einer offensiven Taktik auf – und wurde letztlich für seinen Mut belohnt. Im Mittelfeld landeten Julius Ott (27./ 47:21), Moritz auf der Heide (35./ 48:45) und David Reichl (47./ 52:01).

Dann stürmte bereits Nina Engelhard den finalen Anstieg zum Ziel hinauf. Die Kasseler Läuferin hatte zumindest international niemand auf der Karte, schließlich war sie nur im eigenen Land durch ihren – zugegeben – starken Auftritt als Siegerin des Hochfelln-Berglaufs aufgefallen, im südtirolischen Nauders hatte sie sich durch einen starken Bergauf-Lauf für die EM qualifiziert. Und die Nordhessin zeigte keine Scheu vor großen Namen wie der vielfachen Europameisterin Maude Mathys, dem Trailass Judith Wyder oder den im Weltcup in der Spitze platzierten Monica Florea und Sarah McCormack. Schon frühzeitig hatte sie sich mit höchstem Selbstvertrauen in die eigene Leistungsstärke an die Fersen der Britin Scout Adkin geheftet und diese mit zunehmender Streckenlänge letztlich abgehängt. „Ehrlich gesagt, ich kann das noch gar nicht glauben“, wird die Überraschungs-Europameisterin bei leichtathletik.de zitiert. „Für mich war es schon eine Ehre, überhaupt dabei zu sein!“

Mit 50:08 Minuten lag Nina final gleich neunzig Sekunden vor der Britin, ehe sich mit einem Rückstand von 2:25 Minuten Monica Florea die Bronzemedaille sichern konnte. Die Schweizerin Judith Wyder wurde Sechste, Sarah McCarmack Achte – und die entthronte Titelverteidigerin Maude Mathys gar nur Siebzehnte. Für Hanna Gröber (56:21) ist Rang 16 sicherlich eine herbe Enttäuschung, war sie doch im Vorjahr mit der Mannschaft WM-Zweite geworden und in der Einzelwertung schon zweimal unter die Top 10 gelaufen. Das deutsche Team komplettierte Marion Leiberich auf Rang 36 (1:00:59).