Stipvisite des 20jährigen US-Studenten wird mit der erfolgreichen Titelverteidigung belohnt- Schwester Julia läuft der Konkurrenz bei den U20-Juniorinnen davon – Hanna Gröber gewinnt Frauenrennen – Viel Beifall für eine vorbildliche Organisation der Deutschen Berglauf-Meisterschaften
Lukas Ehrle hat gewiss die weiteste Anreise zu den Deutschen Berglauf-Meisterschaften in Zell-Unterharmersbach unternommen. Und belohnte sich mit einer eindrucksvollen Vorstellung auf tückischem Gelände bei Wind, teilweise kräftigem Regen und einstelligen Temperaturen, beim Zieleinlauf am Heimatmuseum Fürstenbergerhof lachte zumindest auch die Sonne zur überzeugenden Vorstellung des Zwanzigjährigen. Und krönte mit einem Vorsprung von 2:40 Minuten vor seinem Nationalmannschaftskollegen Maximilian Zeus die vorbildliche Organisation seines Stammvereins, dem Turnverein Unterharmersbach. Eine nicht minder überzeugende Vorstellung gelang bei den Frauen über ebenfalls 16 km und 850 Höhenmetern bei ihrem ersten Titelgewinn Hanna Gröber von der LAV Stadtwerke Tübingen – wie übrigens auch Lukas Ehrles Schwester Julia, die im ersten Wettbewerb der Titelkämpfe den Lauf der weiblichen U20 über 8,5 km und 430 Höhenmeter mit sechs Minuten Vorsprung gewinnen konnte.
Mit knapp 300 Meldungen gab es für die Berglauf-Titelkämpfe eine ansprechende Resonanz. Vielleicht mag es aber auch an den eher geringen Höhenmetern gelegen haben, die auch Allroundläufern einen Start ermöglichten. So mancher wurde jedoch eines besseren belehrt, denn unter dem Titel „Berglauf-Meisterschaften“ versteckte sich ein Mittelgebirgstraillauf mit Meisterschaftscharakter, der durch die Witterungsbedingungen manche an ihre läuferischen Grenzen brachte. Vor allem, wenn das geeignete Schuhwerk fehlte. Löblich: Nur wenige blieben bei den miesen äußeren Bedingungen fern, noch weniger mussten nach Stürzen auf dem glitschigem Geläuf vorzeitig ausscheiden.
„Heute lief es wirklich gut“, lachte der erfolgreiche Titelverteidiger, der noch als Jugendlicher im Vorjahr in Bühlertal seine erste Meisterschaft bei den Männern gewinnen konnte. „Aber mit einem derart großen Abstand zu Maximilian habe ich wirklich nicht rechnen können!“ Für die Wingate University hatte Lukas Ehrle zuletzt mit exzellenten Bahnergebnissen über 5000 m (14:06,06) und 10.000 m (29:09,48) aufgewartet und keine bergspezifischen Trainingsläufe bestreiten können. „Natürlich war ich gespannt, wie ich mit vorwiegend auf Schnelligkeit angelegten Training hier im Gelände zurechtkommen würde!“
Vom Start weg lief Lukas Ehrle den Konkurrenten auf und davon. Der trailige Zwei-Runden-Kurs mit Start und Ziel im Kurpark kam ihm freilich entgegen, da er seine aktuelle Tempohärte vor allem auf den Bergabpassagen exzellent einbringen konnte. Für den in Villingen-Schwenningen beheimaten Langstreckenläufer stehen im weiteren Saisonverlauf natürlich im Juni die Europameisterschaften im französischen Annecy auf dem Programm, am liebsten mit einem Doppelstart über die ausschließlich bergauf führende Strecke und den Bergauf-bergab-Parcours. „Die Entscheidung darüber liegt natürlich beim DLV, ich kann lediglich meine Wünsche äußern“.
Die Reisestrapazen merkte man dem 20jährigen Berglaufass jedenfalls nicht an. Der an der Wingate University im US-Staat North Carolina Business Management studierende Läufer der LG Brandenkopf kam am Donnerstag in Deutschland an, gewann am Kuhhornkopf mit einem beeindruckenden Start-Ziel-Sieg und saß bereits am Sonntag wieder im Flugzeug in Richtung USA.
Gerade bei den Männern nutzten die badischen Läufer die nahe Anreise exzellent. Mit Frederik Schäfer (Sechster), Yannik Fuchs (Siebter) und Simon Pfleiderer (17ter) holte sich der LAC Freiburg den Mannschaftstitel nach 3:34:27 Stunden knapp vor der SG Wenden (3:34:54) und dem SSC Hanau-Rodenbach. Die Gastgeber im Trikot der LG Brandenkopf wurden nicht zuletzt dank ihres Spitzenläufers Vierter.
Das Familienglück im Hause Ehrle hatte sich bereits im ersten Wettbewerb der Deutschen Meisterschaften angekündigt, als die erst 16jährige Julia das Rennen der U20-Klasse nach Belieben dominierte und nach 8,5 km exakt sechs Minuten Vorsprung auf Lisa Maisch (KSG Gerlingen) bei einer Siegerzeit von 37:45 Minuten herauslief. Frappierend dabei, die nicht minder begabte Nachwuchsläuferin kam bereits nach Lennart Rössler (SC Ostheim) und Paul Mittnacht (WGL Schwäbisch Hall) als drittschnellste aller jugendlichen Starter ins Ziel.
Wie an der Spitze durch Lukas Ehrle legte mit Hanna Gröber auch die schnellste Läuferin im gemeinsam gestarteten Wettbewerb ein starkes Tempo vor, das keine ihrer Konkurrentinnen mitgehen konnte. Mit ihrer Siegerzeit von 1:16:40 Stunden lag die in Zürich Bio-Medizin studierende Tübingerin 2:40 Minuten vor ihren ersten Verfolgerinnen. „Die Strecke kam mir absolut entgegen, da ich die Wechsel zwischen Bergauf- und Bergabpassagen mag, da ich dabei meine Schnelligkeit ausspielen kann. Zu steile Bergläufe mag ich nicht besonders. Für mich ist dies heute natürlich ein besonderer Tag, denn dies ist meine erste deutsche Meisterschaft!“ Eine weitere gab es übrigens für Hanna im Verbund mit der international für Frankreich startenden Anais Sabrié und Sabrina Mockenhaupt-Gregor, die nach dem Ende ihrer exzellenten Laufkarriere gerne auch einmal im Gelände wie eben in Zell unterwegs ist, in der Mannschaftswertung. Hinter der LAV Stadtwerke belegten der SSC Hanau-Rodenbach und die SG Wenden die weiteren Medaillenplätze, die der TV 1847 Brühl und die LG Brandenkopf als Vierte und Fünfte knapp verpassten.
Den spannenden Kampf um die weiteren Medaillen entschieden mit Franziska Althaus und Kerstin Bertsch zwei Läufer des hessischen SSC Hanau-Rodenbach. Die Einheimische Franziska Schmieder kam nach längeren verletzungsbedingten Trainingseinschränkungen als Sechste zu einem unerwarteten Erfolg, schließlich konnte sie einige namhafte Läuferinnen hinter sich lassen.
Großen Beifall gab es im Rahmen der Siegerehrung in der vollbesetzten Schwarzwaldhalle für die exzellente Organisation für den TV Unterharmersbach und den Cheforganisator Alfred Siegesmund, der nach jahrzehntelangem Engagement mit dieser Deutschen Meisterschaft künftig „ins zweite Glied“ treten wird. Diesen Rückzug kann er durchaus mit gutem Gewissen tun: „Organisatorisch können wir voll zufrieden sein, für das Wetter jedoch können wir nichts. Wir haben in die Planung dieser Meisterschaften viel investiert, sodass der eigentliche Veranstaltungstag entspannt war. Trotz des schlechten Wetters haben nur wenige Läufer abgesagt. Die vollbesetzte Schwarzwaldhalle zur Siegerehrung zeigt auch die Wertschätzung unserer organisatorischen Arbeit“.