Überraschung: Allroundläuferin aus dem flachen deutschen Norden sorgt für erneuten Trail-Coup über 68 km – Souverän: Benedikt Hoffmann mit angerissenem Band zum Halbmarathonsieg – Altersroutine: Simone Raatz setzt sich gegen Schweizer Skilanglauf-Jungtalente durch – Optimismus bei der Premiere der Davos X-Trails
Neuer Veranstaltungstitel an traditionsreicher Stätte, bewährte Strecken und einige bekannte Gesichter auf dem Siegerpodest neben manchem Überraschungscoup – das sind die bemerkenswerten Schlagzeilen bei der 37. Austragung des weltweit bekannten Hochgebirgs-Laufspektakel in der Landschaft Davos. Auch wenn der neue OK-Präsident Tarzisius Caviezel angesichts der gut 1600 Meldungen aus 32 Nationen einen Blick zurück wagt und sich künftig eine weitaus stärkere Resonanz auf den insgesamt vier Streckenangeboten wünscht: „Wir streben schon eine entsprechende Größe an – deshalb hoffe ich schon im kommenden Jahr auf 2500 Teilnehmer!“
Und zeigte sich begeistert ob der „unglaublichen Leistungen“, die es vor allem die Starter über die nach der neuen Terminologie die Wettbewerbe „Diamant“ und „Gold“, das hieße die Läufe K68 über 67,6 km und 2600 Höhenmeter bzw. K43 über 42,7 km und 1424 m, mit Hagel und Schneeschauern im Bereich des Scaletta- und Sertigpasses über 2600 m Höhe, kräftig traf. Leichte Blessuren und Schürfwunden als sichtbare Zeichen der Tücken der Strecken, die aber allesamt trotz der sich verändernden Witterungsbedingungen in einem, nach dem Urteil vieler Teilnehmer, guten Zustand befanden. „Einen Teilnehmer mussten wir vom Sertigpass ausfliegen lassen, er befindet sich aber in einem unproblematischen Zustand“ wußte der OK-Chef Entwarnung beim ersten Fazit bei der Siegerehrung zu geben.
Für die herausragende Leistung sorgte dabei Stephan Wenk im Diamond-Wettbewerb. Der 40jährige Routinier erfüllte sich mit diesem Sieg in 5:49:22 Stunden einen „Kindheitstraum“ mit dem Sieg über die knapp 68 km-Strecke. Im Vorjahr hatte der Gossauer hinter dem mit 5:46:22 Stunden Streckenrekord laufenden Benedikt Hoffmann Rang zwei belegt, im Jahr davor nach einer Fehlleitung Rang drei. Schon nach 12 km setzte sich Wenk vom Bulgaren Shaban Mustafa ab, der final hinter dem Schweiz-Kanadier Francois Leboeuf (6:09:04) nach 6:11:37 als Dritter im Sportzentrum in Davos einlief. „Nach der EM in El Paso konnte ich mich gut erholen und hatte gute Beine. Deshalb habe ich mich auch für einen Wechsel von der Marathon- zur K68-Strecke entschieden“.
Bei den Frauen setzte sich mit einem Start-Ziel-Sieg die in Innsbruck lebende, eigentlich aus dem flachen Norddeutschen nahe Verden stammende 23jährige Heidi Annemarie Schwartz, in souveräner Manier in 7:48:56 Stunden durch. Mehr als eine halbe Stunde später erreichten die beiden Schweizerinnen Nicole Signer (8:25:59) und Isabelle Stich (8:32:54) die weiteren Podiumsplätze. Die promovierte Chemikerin scheint offenbar nach zahlreichen Ergebnissen beim Straßenlauf und im Triathlon mit den Langdistanzen ihre Disziplin gefunden zu haben, denn vor vier Wochen sicherte sie sich bereits den Stubai Ultra über 65 km und +4630 m/-2320 m Höhendifferenz. Auch wenn sie derzeit noch keinen Vergleich mit Jasmin Nunige, der achtmaligen Siegerin des Swissalpine, standhalten kann, eine Symathieträgerin ist sie bereits in ihrer ersten Trailsaison allemal.
„Ich konnte sie unterwegs mehrfach beobachten, sie hatte stets ein Lächeln im Gesicht“, so OK-Präsident Tarzisius Caviezel. Dabei war der Start-Ziel-Sieg für die Neu-Innsbruckerin keineswegs eine Spielerei, denn bereits am Scalettapass nach rund 30 Kilometern dachte sie ans Aufgeben. „Da habe ich mich echt mies gefühlt, habe mir aber gesagt, dass nach jedem Tief auch wieder ein Hoch kommt. Zumal die Atmosphäre auch so nett war, dass ich gar nicht aufgeben konnte. Und es lief nach dieser Krise immer besser!“ Und erste Zukunftspläne hat sie bereits, denn im September wird sie mit ihrer Freundin und Gold-Zweiten Lena Laukner den Transalpine, ein Alpenspektakel über 7 Tage mit 290 km und in der Summe 17.000 Höhenmetern, absolvieren.
Doch damit nicht genug von starken Auftritten deutscher Starter. Im Gold Run über 43 km duellierten sich die aus Dresden stammende, inzwischen aber ebenfalls in Innsbruck lebende Lena Laukner und die Davoserin Alexandra Wallimann, die bis dato offenbar ein Abonnement auf vierte Plätze bei den Hochgebirgsläufen in Davos zu haben schien. Bereits nach Dürrboden hatte die promovierte Mikrobiologin die Führung von Lena Laukner übernommen, durfte sich aber nie sicher sein, dass die starke Deutsche, die vor drei Wochen in Zermatt die Wertung der Salomon Trail-Serie über die Halbmarathondistanz gewinnen konnte,, blieb immer in nahem Kontakt. Im Sportzentrum lief Alexandra Wallimann nach 3:51:57 Stunden als Siegerin ins Ziel, Lena Laukner folgte knappe zwei Minuten dahinter mit 3:53:46. beide zudem mit leichten Blessuren nach Stürzen.
Benedikt Hoffmann, der umjubelte K68-Sieger des Vorjahres, war zwar für den Gold-Wettbewerb über 43 km gemeldet, ließ sich jedoch nach einem noch nicht ganz ausgeheilten Bänderriss auf die eher unproblematische Silber-Distanz von Klosters nach Davos über 24 km und einer Höhendifferenz von +634 km/–285 m umschreiben. Und hatte dort die absolut schwierigste Aufgabe gegen prominente Konkurrenz. Zusammen mit den Skilanglaufassen wie dem zweifachen Olympiasieger Dario Cologna und dem zuletzt zweimaligen K23-Sieger Jason Rüesch sowie dem Liechtensteiner Arnold Aemisegger und Simon Schäppi gab es eine starke Spitze, aus dieser sich der Heilbronner aber bereits nach acht Kilometern lösen konnte und mit 1:32:57 Stunden und einem sicheren Vorsprung auf Schäppi (1:34:08), Rüesch (1:35:19), Aemisegger (1:36:55) nun auch diese Distanz als Sieger beenden konnte. „Es lief heute sehr gut, über diesen Sieg bin ich natürlich glücklich, zumal im Hinterkopf bereits der Start beim UTMB in Chamonix über 56 km ist. Das ist natürlich für mich im Team Salomon eines der wichtigsten Rennen. Fernziel sind natürlich die Weltmeisterschaften im November in Thailand…“.
Dario Cologna übrigens, der seine überaus erfolgreiche Skilanglauf-Karriere nach den Olympischen Spielen in Peking beendet hatte, plant im Herbst einen Start beim London-Marathon. Mit Rang sechs und 1:39:17 Stunden sieht er sich in einer guten Verfassung. „Natürlich habe ich gemerkt, dass ich im Vergleich zu den anderen weniger trainiere, bin aber zufrieden!“ Und auf London angesprochen: „Da mische ich mich in das Feld der 40.000 und möchte gerne 2:40 oder sogar noch etwas darunter laufen!“
Auf der kürzeren Bronze-Distanz über 9,4 km gab es übrigens durch die Berglauf-Masters-Weltmeisterin Simone Raatz einen weiteren deutschen Sieg. Die 46jährige Darmstädterin setzte sich nach einem Kurz-Trainingslager mit kenianischen Laufassen am Grossglockner mit 39:32 Minuten gegen starke Läuferinnen des Schweizer Nachwuchs-Skilanglaufkaders um Giuliana Werro (39:52) durch.
Bliebe noch ein Blick auf die Männer-Konkurrenz des K42/ Gold Run, hier gewann der Spanier Jansa Sergi nach 3:41:42 Stunden vor dem Neuseeländer Vajin Armsrong (3:45:46) und dem Deutschen Markus Mingo, der zwei Wochen nach seinem an der Zugspitze errungenen deutschen Meistertitel im Ultratrail ein erneut starkes Rennen lief und bei seinem Davos-Debüt 3:46:34 erreichte. „Nach dem Supertrail an der Zugspitze waren meine Beine doch noch etwas schwer, deshalb habe ich unterwegs vom Diamond- auf den Gold-Wettbewerb umgeschwenkt und bin mit dem Ergebnis sehr zufrieden!“