24jährige Trailspezialistin gewinnt im Schlußspurt gegen die zuletzt zweimal siegreiche Simone Raatz, während bei den Männern Tim Könnel mit einem souveränen Start-Ziel-Sieg der erste Sieg beim Bad Dürkheimer Berglauf gelang.
Erhöhtes Verkehrsaufkommen bei Goldenem Oktoberwetter in Bad Dürkheim – doch freilich weniger wegen des 24. Bad Dürkheimer Berglaufs, sondern vielmehr wegen des weithin bekannten „Derkemer Worschtmarkt“. Der zähfließende Verkehr war spätestens nach erfolgreicher Parkplatzsuche vorbei, für die 200 privilegierten Läufer mit einer Startzusage bei der 24. Auflage des Berglaufes hinauf zum Bismarckturm war selbst auf den schmalen Trailpassagen des über 8,7 km und kumulierten 510 Höhenmeter kein Stau bei „Radio Tour“ zu hören. Goldenes Oktoberwetter tat gewiss ein Übriges, beste Laune rundherum ist zudem ein Markenzeichen beim Berglauf 2021 unweit von Riesenrad, dem riesengroßen Weinfaß und dem weithin sichtbaren Bismarckturm auf dem Peterskopf. Gelöstes Aufatmen auch beim veranstaltenden LC Bad Dürkheim mit Michael Röper an der Spitze, denn die lediglich zugelassenen 200 Starter verhielten sich angesichts der Corona bedingten Auflagen an die gesetzten Einschränkungen. Selbst die kleine Präsentation der Tagesschnellsten vor der Sporthalle der Berufsbildenden Schule anstelle der sonst zelebrierten Siegerehrung wurde von den froh gestimmten Läufern klaglos mitgetragen. Corona sorgt für eine gewisse Gelassenheit auf Distanz, selbst wenn der beliebte Pfälzer Berglauf-Pokal auch 2021 nach den bereits im Frühjahr gestrichenen Läufen zum Donnersberg und den nun gerade erst bekannt gemachten Absagen in Glan-Münchweiler und Maikammer erneut ausfallen muss.
So kam der Bad Dürkheimer Berglauf für viele passionierte Läufer eher einem Saison-Kehraus gleich, wenngleich andere wie der souveräne Tagessieger Tim Könnel mit dem Start bei den deutschen 10 km-Meisterschaften noch ein besonderes Highlight im Terminkalender verzeichnet sieht oder beim national hervorragend besetzten Darmstadt-Cross die Spikes für Querfeldein schnüren wollen. Oder wie die Frauen-Überraschungssiegerin Paula Mayer noch zwei anspruchsvolle Trailläufe in den französischen Westalpen und am Gardasee im Wochentakt im Köcher haben wird.
Dank Tim Könnel zog sich das in zwei Startwellen von jeweils 100 Läufern auf die anspruchsvolle Strecke geschickte Feld kräftig auseinander. So stürmte der 27jährige HNO-Arzt einer Ludwigshafener Klinik ähnlich wie zwei Wochen zuvor schon beim Nanstein-Berglauf in prächtiger Verfassung ohne gleichstarke Konkurrenz in hohem Tempo durch die Weinberge, sodass die ersten Verfolger wie die durch ihre Marathonstarts in München und Kandel gerade auf Unterdistanzen stark geforderten Lennart Nies und Jens Becker sogleich mit merklichem Rückstand auf die folgenden Passagen gespickt mit Wurzeln, Steinen und Treppenstufen hinauf zum Peterskopf gehen und sich sogleich auf die Vergabe der Plätze hinter Tim Könnel konzentrieren mussten.
Mit 33:27 Minuten lief der für den TuS 06 Heltersberg laufende Allroundläufer nicht nur zum Tagessieg, sondern steigerte seine 2019 hinter dem achtmaligen Sieger Jonas Lehmann erzielten 33:57 Minuten um gleich dreißig Sekunden. „Es lief heute echt gut! Ohne harte Konkurrenz wollte ich anfangs nicht zu schnell starten, um vor allem im steilen Anstieg zum Ziel noch genügend Kraft zu haben“ zog Tim Könnel in der wärmenden Oktobersonne vor der Siegerehrung eine erste Bilanz. „Wenn ich ehrlich bin, dann muss ich sagen, dass ich doch noch mit der Berglauf-Serie geliebäugelt habe. Schade, dass diese nun ausfallen wird. Ich hoffe nicht, dass durch die kurzfristigen Ausfälle einige Veranstaltungen kaputt gehen!“ So wurde Bad Dürkheim für Tim Könnel zum Härtetest für die in zwei Wochen in Uelzen anstehenden deutschen 10 km-Meisterschaften. „Ich denke, dass ich schnell genug bin für die Meisterschaften, auch wenn es schwierig ist einzuschätzen, was auf einer Flachdistanz geht!“
Zweieinhalb bzw. viereinhalb Minuten länger waren Lennart Nies (36:05) und Jens Becker (37:55) unterwegs, dies allerdings vor dem Hintergrund der gerade erst absolvierten Marathonstarts. „Montag und Dienstag hatte ich noch schwere Beine, heute ging es aber schon wieder sehr gut“, freute sich der Berglauf-M35-Sieger Lennart Nies im Ziel. „Natürlich bin ich mit meiner Endzeit von 2:29:24 in München sehr zufrieden, denn ich konnte mich um gleich 25 Minuten verbessern. Sonst bin ich immer im Schlußteil fies eingebrochen, in München war es allerdings richtig super gelaufen!“ Kein Wunder: Als Gesamtelfter und M35-Zweiter der Deutschen Meisterschaften gab es für den 35jährigen des TV Maikammer ein starkes Platzierungsergebnis.
Hinter dem von den Rad- in die Laufschuhe erfolgreich gewechselten Jens Becker vom TV Lemberg, der in Kandel übrigens auch Pfalzmeister wurde, kamen die Etablierten der Pfälzer Berglaufszene ins Ziel: Marcel Job folgte in 38:13 vor den Masterssiegern Tom Heuer (M50/ 40:56) und Joachim Transier (M55/ 40:58). Mit Florian Schlindwein folgte auf Platz sieben bereits der vierte Läufer des in den Top 10 stark vertretenen TV Maikammer.
Unter den letztlich 169 Finishern sind vielleicht noch zwei Namen mit einem Stern zu versehen: Auf dem überaus bemerkenswerten Rang 16 lief mit Marvin Moses Grimm vom MM-Endurance Team ein 14jähriger am Berglauf interessierter Bursche ein, der die anspruchsvolle 8,7 km-Strecke in 44:03 Minuten schaffte. Und dann natürlich mit Ludwig Mesel der Berglauf-Oldie mit Jahrgang 1935, der zum 24. Mal „seinen Hausberg“ in Angriff nahm, diesen nach 1:13:14 auch erfolgreich bezwang und dabei noch sieben zum Teil deutlich jüngere Mitstreiter hinter sich lassen konnte. Der ortsansässige Winzer ist zudem auch spendabler Gönner der Präsente für die Top drei.
Das Frauenfeld war selten so attraktiv besetzt wie bei dieser 24. Auflage. Und selten so spannend. War es anfangs die schnelle Mittelstrecklerin Alicia Kossmann, die durch die Weinberge die Pace machte, dominierten in einem beherzten Duell die zuletzt zweimal siegreiche Masters-Weltmeisterin Simone Raatz und die zwanzig Jahre jüngere Paula Mayer. Beide hatten sich bereits 2018 einmal getroffen – und duelliert mit letztlich einem klaren Ein-Minuten-Vorsprung für Simone.
Im traillastigen Zwischenstück zog die 24jährige, die aus Rheinhessen stammt und gerade in Zürich ihre Masterarbeit im Fachbereich Umweltnaturwissenschaften abgegeben hatte, auf und davon. „Trail ist einfach nicht so meine Sache“, kommentierte Simone Raatz den eigentlich rennentscheidenden Moment. Aber wer Simone kennt, der weiß, dass die 45jährige Steuerfachwirtin so schnell nicht aufgibt. Am Geiersbrunnen hatte sie nämlich den Rückstand wieder wettgemacht – und ihrerseits eine kleine Führung herausgelaufen. Doch mit einem kraftvollen Antritt zog die Powerfrau Paula im eher steilen Anstieg zum Bismarckturm wieder vorbei und kam mit 41:24 zu einem knappen Sieg vor Simone, die 12 Sekunden später ins Ziel einlief. „Letztlich kann ich aber zufrieden sein, denn das ist heute meine bislang schnellste Zeit“, zog die für den ASC Darmstadt laufende Langstrecklerin ein dennoch positives Fazit.
Für Paula Mayer, die mit einer Glücksmütze „Rettet die Bären“ unterwegs war, ist Bad Dürkheim eher eine Zwischenetappe auf dem Weg zu den nächsten namhaften Trails. Ihre international wertvollste Platzierung schaffte sie in diesem Sommer als Siebte bei den Matterhorn Ultraks im Wettbewerb Extrem über wahrlich extreme 25 km mit 2876 Höhenmeter – nun wartet im Wochentrakt der Trail-Saisonausklang beim Skyrace des Mathesyins über 17,8 km und 1900 Höhenmeter und dann beim Limone Skyrace am Gardasee sogar 29 km mit 2500 Höhenmeter.
Und die Novizin Alicia Kossmann? Der 23jährige Sproß des früheren Langstrecken-Spezialisten Olaf Kossmann lief blitzsauber als Dritte in 43:17 Minuten über die Zielmarkierung. „Hintenheraus war das ganz schön heftig“, bekannte die junge Läuferin der SG Leutershausen, die sonst die dreidreiviertel Runden im Stadionrund als Spezialstrecke kennt. Und bekannte: „Ich habe viel Respekt gehabt!“ Und nunmehr zum ersten und somit auch letzten Mal beim Berglauf unterwegs gewesen sei? „Nöö! Jetzt weiß ich ja, auf was ich mich einlasse….!“ Auf der Suche nach einem etwas anderen Lauferlebnis in Ermangelung weiterer Bahnläufe seien Vater und Tochter letztlich beim Berglauf in Bad Dürkheim gelandet.
Die 2019 noch als Zweite einlaufende Emma Waßmer hatte diesmal eher das Nachsehen, die 25jährige Darmstädterin lief mit 44:16 Minuten auf Rang vier ein. Der zu erwartende Zweikampf mit der für TuS Griesheim startenden Britin Sarah Overington war schneller vorbei als es dieser lieb sein konnte. Im unebenen Gelände knickte sie nach bereits 2,5 km um und mußte das Rennen vorzeitig beenden. Dass Sarah auch Berge laufen kann, das zeigte sie beim Frankenstein Triple Sprint, der in einem Zeitfenster von drei Monaten über die legendäre Himmelsleiter zur gleichnamigen Burgruine vor den Toren Darmstadts zu absolvieren war und mit dem eher läppischen Vorsprung von vier Sekunden vor Simone Raatz gewinnen konnte. Natascha Hartl (44:47/ 1. W30) und Marion Raab (47:06/ 2. W45) komplettierten das stark besetzte Frauenfeld in der Spitze.
Wie eingangs bereits erwähnt, ist inmitten des Goldenen Oktobers somit die diesjährige Berglauf-Saison in der Pfalz vorzeitig beendet, denn die traditionell im November anstehenden Potzberglauf und Kalmit-Berglauf sind wegen der Corona bedingten Auflagen bereits vor wenigen Tagen abgesagt worden.