Ahmet Arslan und Martina Strähl Berglauf-Europameister – Große Begeisterung am Sennjoch in2 260 m Höhe – 25 Nationen im Stubaital
Der Türke Ahmet Arslan verteidigte bei den 8. Berglauf-Europameisterschaften in Telfes/ Stubaital seinen im Vorjahr in Zell-Unterharmersbach gewonnenen Titel in eindrucksvoller Manier, während bei den Frauen in Abwesenheit der Vorjahressiegerin Elisa Desco (Italien) die Schweizerin Martina Strähl vor Valentina Belotti (Italien) und der als Favoritin ins Rennen gegangenen Weltmeisterin Andrea Mayr (Österreich) gewann. Die mit Medaillenhoffnungen gestartete Vertretung des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) ging allerdings leer aus, da der als Medaillenanwärter gehandelte Timo Zeiler (Trochtelfingen) im überaus steilen Zielhang den dritten Rang hinter dem Italiener Marco de Gasperi noch an den Schweizer Sebastién Epiney verlor und auf dem eher undankbaren vierten Platz einkam.
Münzel: „Stellenwert des Berglaufes enorm gestiegen!“
„Timo hat mit einem höchst engagierten Rennen bewiesen, dass er zu den besten europäischen Bergläufern zählt, auch wenn die knapp verpasste Bronzemedaille schon etwas schmerzt. Mit zwei achten Plätzen bei den Männern und Frauen und Rang neun bei den Junioren können wir nicht zufrieden sein“, bilanzierte DLV- Berglaufberater Wolfgang Münzel auf dem 2260 m hohen Sennjoch. „Wir müssen feststellen, dass die Berglauf- Europameisterschaften inzwischen einen enorm hohen Stellenwert erhalten haben und unsere forcierten Anstrengungen noch nicht ausreichen, um hier ein Wort bei der Medaillenvergabe mitreden zu können!“ In der Tat, vor allem beim Nachwuchs zeigen nicht nur die traditionellen Berglaufnationen wie Italien, Frankreich, Österreich und Schweiz starke Bemühungen, sondern auch Norwegen, Tschechien und in erster Linie die Türkei. Beim DLV wurden Quereinsteiger wie die Skilangläufer Fabian Alraun oder Lukas Ebner oder die Hindernisläuferin Sarah Cornelsen mangels eigener Nachwuchsförderung berücksichtigt. „In Deutschland können wir nur mittelfristig mit offensiv propagierten Meisterschaften im U 19- und U 17-Bereich vorankommen. Hier müssen wir den Hebel ansetzen, sonst geraten wir noch weiter in Rückstand. Auf Quereinsteiger im Aktivenbereich zu hoffen, das bringt nichts!“ geht Münzel in die Offensive.
Extreme Anstiege in der Schlussphase kosten Bronze
Der für die LG Eintracht Frankfurt startende Schwabe kontrollierte bis zur Streckenhälfte der 11,0 km langen und mit 1400 Höhenmetern schwierigen Strecke am Speichersee unweit der Schlickeralm zusammen mit Ahmet Arslan und dem mehrfachen Berglauf-Weltmeister Marco de Gasperi das Rennen, ehe sich in den steilen Berganpassagen hinauf zum Sennjoch die beiden Konkurrenten Meter um Meter absetzen konnten. Dahinter rückten die „Kletterer“ wie eben Sebastién Epiney, der Franzose Raymond Fontaine oder der Italiener Martin Dematteis immer näher an den Deutschen heran. „Ich habe natürlich in den Serpentinen gesehen, was sich hinter mir abspielt. Sebastién ist ein hervorragender Läufer im extrem steilen Gelände, da hatte ich einfach keine Chance mehr. Raymond konnte ich im Zielsprint abwehren und ihn somit zum ersten Mal überhaupt bei Welt- und Europameisterschaften schlagen. Klar ist es ärgerlich, wenn man so knapp vor der Bronzemedaille noch abgedrängt wird, aber ich bin mit Rang vier absolut zufrieden. Das ist mein bestes Ergebnis überhaupt – und darauf bin ich stolz!“ Die deutschen Männer verpassten mit Timo Zeiler, Josef Beha (FC Unterkirnach) und Thomas Göpfert (LT Sulz am Eck) als Achter die angestrebte Topplatzierung. Europameister wurde Italien mit 17 Punkten vor Frankreich (20) und Türkei (32).
Andrea Mayr trotz Bronzeplatz keineswegs unzufrieden
Bei den Frauen verpasste über 9,4 km und 940 Höhenmeter die Wiener Ärztin Andrea Mayr beim „Heimspiel“ in der Alpenrepublik das allseits erwartete Gold, dennoch zeigte sich die im Mai mit 2:30:46 Stunden Marathon- Landesrekord erzielende 30jährige nicht unzufrieden. „Ich habe wegen meiner Sehnen-Operation sechs Wochen lang kein Lauftraining absolvieren können und mit nur sechs Wochen Vorbereitung Bronze gewonnen, das stimmt mich doch zufrieden. Ob ich allerdings bei den Weltmeisterschaften in Berlin über Marathon starten werde, das werde ich in der kommenden Woche erst entscheiden!“ Keineswegs völlig überraschend kommt der Sieg für die 22jährige Martina Strähl, die bereits 2006 Vize-Weltmeisterin hinter Andrea Mayr im türkischen Bursa wurde. „Mit dem Titel habe ich nie gerechnet. In den Steilpassagen habe ich mich aber sehr wohl gefühlt und meine Chance gesehen und entsprechend Druck gemacht!“ freute sich die Schweizerin. Als beste deutsche Läuferin kam die kurzfristig noch nachnominierte Lisa Reisinger (SSC Hanau-Rodenbach) auf Rang 14, das deutsche Team mit Lisa Reisinger, Veronika Ulrich (LG Telis Finanz Regensburg) und Marie-Luise Heilig-Duventäster (LG Welfen) landete drei Punkte hinter Gastgeber Österreich auf Rang acht. Den Titel sicherte sich wie auch bei den Männern Italien knapp vor der Schweiz und Groß-Britannien.
René Stöckert nach Schuh-Malheur frustriert
Ziemlich niedergeschlagen erreichte Mitfavorit René Stöckert (TSV Ostheim) als 20. der Juniorenklasse über 9,4 km und 940 Höhenmetern das Ziel. Nach fünf Kilometern verlor der Vorjahresvierte bei einem Tritt eines Konkurrenten einen Schuh und musste die Spitzengruppe ziehen lassen. „Mir zitterten vor Wut die Hände, so dass ich einfach zu lange gebraucht habe, um meinen Schuh wieder anzuziehen. Es ist einfach nur ärgerlich!“ Den Sieg holte sich der Yusuf Alici (Türkei) vor Xavier Chevrier (Italien) und dem Schweizer Candide Pralong.
25 Nationen am Start
Hansjörg Wirz, der Präsident des Europäischen Leichtathletik-Verbandes, präsentierte im Wander- und Skigebiet Stubaital eine stolze Entwicklung im internationalen Berglauf, schließlich gingen bei den 8. Titelkämpfen mit 252 Athletinnen aus 25 Nationen noch nie so viele Mitgliedsländer an den Start als in diesem Jahr. „Berglauf ist eine überaus seriöse Sportart“, sieht Wirz den Hauptgrund in der stetig ansteigenden Qualität der Starterfelder. Zumal die EAA mit Telfes auch einen versierten Ausrichter, der mit der Austragung der Weltmeisterschaften 1990 und 1996 umfassende Erfahrungen mit Großveranstaltungen aufzuweisen hat, präsentierte. Die italienischen Erfolge in den Teamwertungen der Männer, Frauen und Junioren sowie der Einzelsieg durch Martina Strähl zeigen aber auch, dass die traditionsreichen Alpenländer kräftige Gegenwehr bieten, damit die Dominanz im Europäischen Berglauf nicht an die türkischen Läufer geht. Einzelsiege durch Ahmet Arslan bei den Männern, Yusuf Alici bei den Junioren und der Dreifacherfolg bei den Juniorinnen durch Derya Altintas, Elif Karabulut und Yasemin Can sowie Teamsiege bei den Juniorinnen sowie Rang drei bei den Männern sind allerdings ein deutliches Signal, dass sich die Schwerpunkte von den Alpenländern an den Bosperus zu verlagern beginnen.
Alle Ergebnisse unter www.emrc2009telfes.org