Jonas Buud und Lizzy Hawker gewinnen schwersten Ultraberglauf Europas – 5 300 LäuferInnen aus 50 Nationen beim traditionsreichen Swissalpine in Davos
Der Swissalpine-König heißt Jonas Buud. Der 37jährige Schwede holte sich am Samstag bei idealen Laufbedingungen zum fünften Male in Folge die Königsdisziplin K 78 beim Swissalpine in Davos, der mit 79,1 km und 2370 Höhenmetern als der schwerste Ultralandschaftslauf Europas gilt. Über 17 Minuten betrug bei einer Siegerzeit von 6:11:02 Stunden sein Vorsprung auf den lange Zeit stark mithaltenden Briten Huw Lobb und dem Japaner Kaburaki Kaburagi, der allerdings schon dreißig Minuten hinter Jonas Buud zurücklag. Weibliches Pendant zu Jonas Buud ist die Britin Elizabeth Hawker, die sich mit einer Siegerzeit von 7:16:17 Stunden den dritten Sieg nach 2006 und 2007 holte. Die Schweizerin Maja Meneghin-Pliska wurde nach 7:27:47 Stunden Zweite und sorgte damit für die einzige Spitzenplatzierung für die Schweiz.
„Das ist einer meiner größten Erfolge“ gestand ein sichtlich gelöster Jonas Buud im Ziel im Sportzentrum Davos, „weniger der Sieg 2011, sondern in erster Linie der fünfte Sieg in Folge!“ Der Schwede hatte sich zunächst in einer Vierer-Spitzengruppe mit dem Schweizer Bruno Heuberger, dem Südafrikaner Johan Oosthuizen und Huw Lobb taktisch zurückgehalten, beim Aufstieg von Bergün auf die 2 632 m hohe Keschhütte dem Briten die Führung überlassen, ehe er nach 55 km die Initiative ergriff und sich an die Spitze gesetzt. „Ich wollte beim Aufstieg zur Keschhütte mein eigenes Tempo gehen, das hat sich auch ausgezahlt. Auf dem Panoramatrail konnte ich, trotz eines Sturzes, schnell zu Huw aufschließen. Das Tempo war mir dann allerdings zu langsam, so dass ich mein eigenes Ding gemacht habe!“ Aus einem kleinen Vorsprung von zwei Minuten auf dem Kulminationspunkt Sertigpass mit 2 739 Metern wurden in dem steilen Abstieg nach Sertig-Dörfli und letztlich nach Davos letztlich 17 Minuten. „Beim Bergablaufen macht mir so schnell keiner etwas vor!“ gab Jonas Buud dann auch die passende Erklärung für seinen letztlich überzeugenden Erfolg. Während der Schwede aus dem Orientierungslauf-Lager stammt, ist der Brite ein typischer Allroundläufer, der für Groß-Britannien schon bei Welt- und Europameisterschaften auf der Straße und im Cross im Einsatz war und eine Marathon-Bestmarke von 2:14 Stunden vorweisen kann.
Aus einer Verfolgergruppe heraus verbesserte sich der Japaner Kaburaki Kaburagi letztlich bis auf Rang drei und überholte sehr zum Leidwesen des stark laufenden Bruno Heuberger erst kurz vor dem Zieleinlauf in Davos den besten Schweizer. „Das ist eben Sport!“ zuckte Heuberger mit den Schultern, sichtlich gezeichnet nach einen Sturz auf dem Panoramatrail nach rund 55 Kilometern. Dennoch war der 40jährige bei seinem Comeback zufrieden, schließlich war er vor einem Jahr in Davos noch Fünfter geworden. Ein starkes Rennen lieferte Matthias Dippacher aus Heroldsbach ab, der vorsichtig gestartet war und sich Platz um Platz bis auf Rang fünf vorarbeiten konnte. Mit Platz 18 dürfte sich der mehrfache deutsche 100 km-Meister Michael Sommer verabschiedet haben, denn bei dem 47jährigen aus Oberstenfeld macht sich neben seinem „gefühlten zwölften Swissalpine“ und einer Karriere als 100 m-Champion ein unverkennbarer Verschleiß bemerkbar.
Wie letztlich Jonas Buud war auch Elizabeth Hawker bei den Frauen eine Klasse für sich. Die als Schnellstarterin bekannte britische 100 km-Weltmeisterin des Jahres 2006 hatte somit praktisch vom Start um 7.00 Uhr an das Renngeschehen diktiert, auch wenn sie auf der zweiten Streckenhälfte auch leichte Magenprobleme hatte und mit dem Tempo etwas zurückstecken musste. Erstaunlich dabei, mit welcher Leichtigkeit die nur 1,60 m große Britin die hohe Wettkampfdichte mit drei 100 km-Rennen und ihren Starts beim Comrades (85 km) und dem Two Oceans-Race (56 km) wegsteckte – und mit dem Start beim über 160 km führenden Ultra-Trail du Mont Blanc bereits das nächste Saisonziel (neben dem Jungfrau-Marathon) ankündigte. Und widmete sichtlich gerührt ihren Sieg der an Multiple Sklerose erkrankten Dreifach-Siegerin Jasmin Nunige. Die frühere Skilanglauf- Weltkasseläuferin hatte am Morgen neben OK-Chef Andrea Tuffli die K 78-Läufer auf die beschwerliche Reise geschickt und bestritt am Nachmittag selbst den K 21. Auf Rang zwei hinter „Lizzy“ Hawker wurde Maja Meneghin- Pliska beste Schweizerin und wiederholte damit ihren Vorjahresplatz. Im „Buud-Hype“ landete mit Kajsa Berg übrigens eine Schwedin bei den Frauen auf dem dritten Rang.
Während für die stärksten LäuferInnen im Feld der Wettbewerbe über 78 km und 42 km (mit Start in Bergün und Ziel in Davos) die Witterungsbedingungen kaum besser sein konnten, wechselte in den Mittagstunden das Wetter und viele Swissalpine-Läufer mussten bei leichtem Schneefall die Kulminationspunkte Keschhütte und Sertigpass überqueren. Diese Strecke wurde erstmals seit 1998 wieder gelaufen und erlebte 2011 eine Neuauflage. „Eigentlich ist es für uns die „Schlechtwettervariante“, diese wollten wir aber unbedingt einmal unter Wettkampfbedingungen erproben“, erklärte Andrea Tuffli, der auch bei der 26. Austragung des Ultralauf- Spektakels in der Landschaft Davos als OK-Präsident die Fäden in der Hand hielt. Unisono erklärten allerdings Jonas Buud und Elizabeth Hawker den Parcours über den Sertigpass als die ungleich schwerere Strecke. „Aber unheimlich schön!“ Diesem Fazit dürften sich sicherlich die meisten der Swissalpine-Starter anschließen, auch wenn es im kommenden Jahr wieder über den Scalettapass und damit über das traumhaft schöne Dischmatal zurück nach Davos gehen soll.
Den Marathonlauf über 42 km und einer Höhendifferenz von +1810 m/-1630 m gewann der Norweger Trond Idland in 3:21:52 Stunden vor dem bis 100 m (!) vor dem Ziel noch führenden Deutschen Stephan Hugenschmidt aus Radolfzell mit letztlich sechs Sekunden Rückstand. Bei den Frauen lag mit Melissa Dawes eine US-Amerikanerin in 3:56:50 Stunden vor der Schweizerin Regula Meier und der Österreicherin Petra Summer. Bei dem von der futuristischen Sunnibergbrücke bei Klosters gestarteten Halbmarathon (K 21) setzte sich der frühere Berglauf- Weltklasseläufer Woody Schoch in 1:29:44 gegen den US-Läufer Michael Dixon (1:32:41) und Jasmin Nunige durch, die ihr Vorhaben, auf der Kurzdistanz „Spaß haben“ wollte, mit einem klaren Erfolg in 1:38:40 umsetzen konnte. Dahinter folgten mit sechs Minuten Abstand das Davoser Skiass Seraina Boner und das deutsche Duathlontalent Stefanie Döll, übrigens Tochter des zweifachen Swissalpine-Siegers Charly Doll.