Österreicher gewinnt mit einem Start-Ziel-Sieg den 19. Jungfrau-Marathon – Last-Entry-Starterin Aline Camboulives setzt sich bei den Frauen gegen Daniela Gassmann und Jasmin Nunige durch – Bilderbuchwetter beim „schönsten Marathon der Welt“
Damit haben die Etablierten beim 19. Jungfrau-Marathon zwischen Interlaken und der Kleinen Scheidegg nicht gerechnet! Der 31jährige österreichische Jungfrau-Marathon-Novize Markus Hohenwarter setzte sich bei Bilderbuchwetter mit einem beeindruckenden Start-Ziel-Sieg unerwartet nach 3:01:52 Stunden gegen den Vorjahresdritten Huw Lobb (Groß-Britannien) und dem Tschechen Robert Krupicka durch. Auch die Frauensiegerin galt nach der Absage der dreifachen Gewinnerin Simona Staicu (Ungarn) hatten nur wenige auf der Rechnung: Die erst vor Wochenfrist verpflichtete Französin Aline Camboulives zeigte sich auf der 42,195 km- Distanz und 1800 Höhenmetern als stärkste Läuferin im Feld, der frühere Radprofi setzte sich nach 3:29:55 Stunden glatt gegen die favorisierten Schweizerinnen Daniela Gassmann (3:34:48) und Mrs. Swiss Alpine Jasmin Nunige (3:35:50) durch.
Die 4000 Startplätze waren innerhalb von vier Tagen vergeben, so populär ist der „schönste Marathon der Welt“, wie Fachjournalisten und Läufer als aller Welt den Marathonlauf vor dem majestätischen Dreigestirn Eiger, Mönch und Jungfrau bezeichnen. Und ernten mit dieser Beurteilung keinesfalls Diskussionen, vor allem, wenn wie bei der 19. Auflage strahlender Sonnenschein am wolkenfreien Himmel die Läufer aus 55 Nationen vom ersten Meter an begleitete. Für Topleistungen zweifellos etwas zu heiß, denn selbst auf der Kleinen Scheidegg in 2061 m Höhe herrschten am Mittag über 25 °Celsius.
Davon unbeeindruckt stürmte vom Startschuss vor dem mondänen Grand-Hotel Victoria Jungfrau, übrigens abgefeuert durch den Schweizer Marathon-Europameister Viktor Röthlin, der für den LC Villach startende Markus Hohenwarter auf und davon. Zunächst leistete dem Österreicher noch der Schweizer Patrick Wieser, nach seinen Siegen beim LGT-Marathon im Fürstentum Liechtenstein und beim Zermatt-Marathon Führender beim Marathon- Mountain-Cup 2011, Gesellschaft, doch der frühere Waffenläufer fiel bald deutlich zurück und wurde im Ziel lediglich als Elfter notiert. 2:30 Minuten Vorsprung nach 20 km in Lauterbrunnen, 3:20 Minuten Vorsprung im nicht zuletzt durch das Lauberhornrennen weltbekannten Wintersportort Wengen, der Sieg schien Markus Hohenwarter kaum noch zu nehmen. Doch der mit einer Marathonzeit von 2:18:13 Stunden in den Ranglisten stehenden Heilmasseur musste im Schlussteil über Wengernalp und der legendären Moräne zwar auch seinem vorgelegten Tempo ordentlich Tribut zollen, rettete aber 37 Sekunden ins Ziel – und war überglücklich. „Dieser erste Marathonsieg hat für mich einen großen Stellenwert. Nach 36 km hatte ich Krämpfe und es wurde selbst für mich grenzwertig. Am Ende muss ich allerdings sagen: Es hat perfekt geklappt!“ Eigentlich wollte der Jungfrau- Marathon-Novize in einer Gruppe anlaufen, doch ihm war schon direkt nach dem Startschuss das tempo zu langsam. „Es ging so leicht, deshalb habe ich mein Ding gemacht!“
Der Brite Huw Lobb löste sich aus einer achtköpfigen Verfolgergruppe, zu der auch drei laufstarke Kenianer, zudem Robert Krupicka (Tschechien), die Südtiroler Hannes Rungger und Gerd Frick, aber auch drei dreifache Glacier 3000 Run-Sieger Martin Cox (Groß-Britannien) gehörten, und rückte als erster Verfolger von Markus Hohenwarter in das Blickfeld. Der Mann der zweiten Hälfte war allerdings Robert Krupicka. Der tschechische Routinier verkürzte seinen Rückstand auf Hohenwarter von 5:03 Minuten bis auf 51 Sekunden. „Ich habe mich auf der ersten Hälfte im Tempo verschätzt“, bekannte Krupicka im Ziel. „Das Rennen hätte für mich ruhig noch zwei Kilometer länger gehen können, aber das ist eben Sport!“ Taktisch geschickt liefen die Kenianer Hosea Tuei und Paul Maticha Michieka, ganz entgegen der sonstigen Gepflogenheiten eher defensiv – aber mit Rang vier und fünf effektiv.
Der für die LG Detmold laufende Vorjahressiebte und fünffache Hermannslaufsieger Elias Sansar verlor zwei Ränge und wurde als Neunter bester deutscher Starter. Marco Sturm (LLC Marathon Regensburg) verpasste nach starken Magenbeschwerden in der zweiten Hälfte eine Top 10-Platzierung und landete sichtlich enttäuscht auf Platz 21.
Eine Überraschungssiegerin ist die Französin Aline Camboulives, die eigentlich niemand so recht auf der Rechnung hatte. Nicht zuletzt, weil Rennleiter Richard Umberg die Französin erst spät in die Startlisten aufgenommen hatte. Und hat zweifellos Glück damit, denn neben dreifachen Siegerin Simona Staicu fehlte noch die Rumänin Daniela Cirlan. Der Rad-Profi mit mehreren Tour de France-Starts und nach einem kapitalem Sturz inzwischen im Berg- und Landschaftslaufen angekommen, wie Rang zwei beim legendären Sierre-Zinal vor vier Wochen bereits bestätigte. „Ich habe mich mit dem Rennen eigentlich erst nach dreißig Kilometer auseinander gesetzt“, bekannte die 38jährige Französin. „Dann habe ich realisiert, dass ich das Rennen gewinnen kann!“
Daniela Gassmann-Bahr, übrigens ebenfalls eine exzellente Radsportlerin mit Rang 12 beim olympischen Mountainbike-Rennen 1996, sah gegen Aline Camboulives keine Chance, wie sie später zugab. „Ich bin bereits bis Lauterbrunnen fast am Limit gelaufen, den Rückstand konnte ich in den steilen Aufstiegen nach Wengen und zur Kleinen Scheidegg nicht mehr wettmachen. „Ich bin fünf Minuten stärker als im vergangenen Jahr gelaufen, damit kann ich zufrieden sein!“ Nach ihrer diagnoszierten Krankheit (Muliple Sklerose) läuft Jasmin Nunige weiterhin auf höchstem Niveau – und holte sich einen glänzenden dritten Rang. „Ich habe eigentlich das gesamte Rennen über keine guten Beine gehabt. Das lag sicherlich auch der Hitze! Aber ich bin damit zufrieden!“ So die überaus sympathische Jasmin Nunige, die in diesem Jahr trotz des niederschmetternden Befundes im März drei Monate später den LGT-Marathon gewonnen hatte und zudem zweite Plätze beim Zermatt-Marathon und beim über 78 Kilometer führenden Swiss Alpine Marathon in Davos erreichen konnte.