Vor allem der Hochfelln-Berglauf, eine Erfolgsgeschichte, die in der Berglaufszene seines Gleichen sucht, ist mit „Bibi“, den unter seinem bürgerlichen Namen Georg kaum jemand kennt, eng verbunden. 1974 hat Bibi Anfang den Hochfelln-Berglauf ins Leben gerufen und die Veranstaltung in den nun mehr als 40 Jahren zu einem der bestbesetzten Bergläufe der Welt etabliert.
Aber schon viele Jahre vorher war er als Funktionär, zunächst vor allem im Skisport, tätig. Von 1956 bis 1965 war er Leiter der Skiabteilung im TSV Bergen; 1965 gründete er den SC Bergen und war bis zu seinem gesundheitsbedingten Rücktritt im Jahr 2012 ununterbrochen 1. Vorsitzender.
Zwei Skiunfälle in den Jahren1956 und 1960 mit mehreren Brüchen, einem sechsmonatigen Krankenhausaufenthalt nach missglückter Operation, bedeuteten das Ende als aktiver Skirennläufer. „Da ich mir ein Leben ohne Sport nicht vorstellen konnte, war ich von da an zum Funktionär verdonnert“, sagt er heute. Statt sich im Selbstmitleid zu ergehen, machte Bibi Anfang das Beste aus seiner Situation. Er engagierte sich im Verein als Übungsleiter und machte sich schnell einen Namen als ausgezeichneter Organisator von bedeutenden Veranstaltungen. Zunächst beschränkte er sich auf den Skilauf. Mehr als 40 FIS-Rennen, Europacuprennen, Bayrische- und Deutsche Meisterschaften fanden unter seiner Federführung statt.
Der SC Bergen erwarb sich als Veranstalter auf nationaler und internationaler Ebene einen so guten Ruf, dass der Skiweltverband FIS 1991 einen Skiweltcup, Slalom der Frauen, nach Bergen vergab. „Das wäre die größte Herausforderung in der Vereinsgeschichte des Ski-Club Bergen gewesen. Organisatorisch waren die Vorbereitungen abgeschlossen. Doch aufgrund von Föhn mit Temperaturen von plus 16 Grad mussten wir das Rennen absagen. Zum Glück hatten wir eine Ausfallversicherung abgeschlossen, ansonsten wäre das ein finanzielles Fiasko geworden.
„Das Jahr 1974 ist für den Laufsport von großer Bedeutung. In dem Jahr, als Deutschland zum zweiten Mal Fußball-Weltmeister wurde, wurden mit dem Berlin Marathon und dem Hochfelln-Berglauf wurden zwei der nun traditionsreichsten deutschen Läufe erstmals ausgetragen. Bibi Anfang war damals Übungsleiter der Nordischen Ski-Abteilung des SC Bergen. Er wollte das Sommertraining attraktiver gestalten. „Deswegen habe ich die Langläufer mit Skistöcken den Hochfelln hinauf laufen lassen.“ Im September 1974 kam es schließlich zu einem Testlauf unter Wettkampfbedingungen.
Das war die Geburtsstunde des Hochfelln-Berglaufes. Die ersten zwei Jahre stand neben dem reinen Bergauflauf auch eine Abwärtsvariante auf dem Programm. Zunächst dominierten die besten deutschen Skilangläufer das Renngeschehen. Doch im Laufe der Jahre gelang es Bibi Anfang immer mehr international erfolgreiche Bergläufer zu verpflichten. So zieren mittlerweile alle Bergläufer mit Rang und Namen die Ergebnislisten des Hochfelln-Berglaufes. Allen voran der siebenfache Weltmeister Jonathan Wyatt (Neuseeland), der fünffache Weltmeister Marco de Gasperi (Italien),die fünffache Weltmeisterin und vierfache Europameisterin Andrea Mayr (Österreich), die mehrfachen Welt- und Europameister Antonio Molinari (Italien), Helmut Stuhlpfarrer, Florian Stern, Peter Schatz Helmut Schmuck (alle Österreich), Marco Gaiardo (Italien), Angela Mudge (Schottland), Anna Pichrtova (Tschechien), Izabella Zatorska (Polen), Svetlana Demidenko (Russland), Antonella Confortola (Italien), Birgit Sonntag-Unterberger (Deutschland), Martina Strähl (Schweiz), um nur einige zu nennen. Auch Stars aus der Bahnleichtathletik, wie der 3000 Meter Hindernislauf- Weltmeister Patriz Illg findet man in den Ergebnislisten.Unvergessen und einmalig das Jahr 2008. Hier waren mit Jonathan Wyatt, Marco de Gasperi, Anna Pichrtova und Andrea Mayr gleich vier amtierende Weltmeister am Start. Neben fünf Deutschen Meisterschaften war Bergen sieben Mal Etappenort des Internationalen Berglauf Grand Prix, der von Bibi Anfang mitinitiiert wurde. Höhepunkt war die Berglauf Weltmeisterschaft im Jahr 2000. „Das war auch für mich der absolute Höhepunkt meiner Funktionärslaufbahn. 5000 Zuschauer sorgten für eine prächtige Kulisse. Die Veranstaltung war eine Werbung für den Berglauf und die Chiemgauregion“, so Anfang.
Dabei wäre es beinahe zu einem Eklat gekommen. Der damalige Generalsekretär des Berglauf Weltverbandes (WMRA) und heutiger Präsident Bruno Gozzelino hatte eigenmächtig das Ziel weiter nach unten verlegt. Er wollte damit den gefürchteten steilen Zieleinlauf, der aber zum Hochfelln Berglauf dazu gehört, entschärfen. „Diese Eigenmächtigkeit hat mich wütend gemacht. Hätte man mich nicht zurück gehalten, ich weiß nicht was passiert wäre. Schon gut, dass Gozzelino nicht alles verstanden hat, was ich ihm an den Kopf geworfen habe. Ich glaube auch nicht, dass die Dolmetscherin alles wörtlich übersetzt hat“, erinnert sich der langjährige OK-Chef, der heute über die Episode schmunzeln kann.Ohnehin war er nicht immer gut auf Verbandsfunktionäre zu sprechen und das Wort „Diplomatie“ war eher ein Fremdwort für ihn. Wenn es um den Berglauf ging, konnte Anfang auch mal hart und unnachgiebig sein und so manches Mal ging sein bayrisches Temperament mit ihm durch. Da können so manche Funktionäre, ob von nationalen- oder internationalen Verbänden, ein Lied davon singen. Aber trotzdem, oder gerade deshalb, genießt er, vor allem bei den Bergläufern ein hohes Ansehen, wie die folgenden Ausführungen zeigen.
Stammgast beim Hochfelln Berglauf ist Jonathan Wyatt aus Neuseeeland. Mit sieben Weltmeistertiteln ist er der beste Bergläufer aller Zeiten. 1997, ein Jahr vor seinem ersten Titelgewinn hat ihn Bibi Anfang entdeckt und ihn gleich für den Hochfelln Berglauf engagiert. Wyatt erinnert sich gerne an seinen ersten Aufenthalt in Bergen, als er als frischgebackener Weltmeister das erste Mal beim Hochfelln Berglauf startete. „Ich kam spät abends am Bahnhof in Bergen an. Ich hatte keine Anschrift und keine Telefonnummer von Bibi, nur den Namen und ein Foto. Ich hielt ein Auto an und zeigte dem Fahrer das Foto. Natürlich kenne ich Bibi, den Bibi kennt hier jeder, war seine Antwort. Er fuhr mich direkt zu seinem Haus. Dort wurde ich herzlich empfangen.“
Bei seinem ersten Start in Bergen wurde Wyatt Zweiter. Der Italiener Antonio Molinari, ebenfalls mehrfacher Weltmeister, hatte zuvor bei der Weltmeisterschaft auf La Reunion als Favorit überraschend gegen Wyatt verloren. In Bergen gelang dem Italiener die Weltmeisterschafts-Revanche. „Bibi hatte mir den Tipp gegeben, dass man an der Schüsselstelle an der Mittelstation die Entscheidung suchen müsse. Aber gerade dort lief mir bei meinem ersten Rennen Molinari davon. Er hatte wohl den gleichen Tipp von Bibi bekommen“, führte Wyatt, der in den folgenden Jahren noch acht Mal den Hochfelln Berglauf gewann und auch Streckenrekordinhaber ist, weiter aus. „Der Hochfelln Berglauf gehört zu meinen Lieblingsläufen, die Strecke, die super Besetzung, die Atmosphäre, die herzliche Gastfreundschaft, der leckere Kuchen am Ziel, all das trägt Bibis Handschrift.“Auch die fünffache Berglauf Weltmeisterin Andrea Mayr (Österreich), die bislang sieben Mal den Hochfelln Berglauf gewinnen konnte und wie Wyatt den Streckenrekord hält, äußert sich ausschließlich positiv: „Bibi hat sich für den Berglauf voll engagiert und für die Anerkennung des Berglaufs gekämpft. Man kann ihn getrost als ein Berglaufurgestein bezeichnen. Durch seine Herzlichkeit habe ich mich bei seinen Veranstaltungen immer extrem willkommen gefühlt“, äußert sich die weltbeste Bergläuferin. „Leider schaut er ein bisschen zu wenig auf seine eigene Gesundheit“, führt die Ärztin Andrea Mayr weiter aus.Einer, der Anfang als Läufer, sowie Funktionär des Deutschen Leichtathletik Verbandes und des Berglaufweltverbandes bestens kennt, ist Wolfgang Münzel. Der langjährige Berglaufwart des DLV ist seit 20 Jahren Mitglied im Präsidium des Berglauf Weltverbandes WMRA und hat in beiden Eigenschaften immer wieder mit Anfang zu tun. „Bibi hat immer die Weiterentwicklung und Anerkennung des Berglaufs national und international im Blick. Das Ansehen des Berglaufs und sein Respekt vor den Leistungen der Bergläufer waren sein Leitfaden. Er hat es immer wieder geschafft Topfelder zu präsentieren. Dafür hat er weder Mühen und Kosten gescheut. Was den traditionellen Berglauf betrifft, ist für mich Bergen einer der Top-Veranstaltungsorte in Europa, da kommt keiner ran. Die Weltklassebesetzung, die Stecke, die Atmosphäre und die Organisation sind einmalig. Ich freue mich, dass er den Hochfelln-Berglauf in diesem Jahr wieder in den WMRA World Cup zurückführt, obwohl er den Weltverband eigentlich sehr kritisch gegenüber steht. Das zeigt deutlich seine Persönlichkeit.“
Für den Deutschen Leichtathletikverband würdigt der DLV-Vizepräsident Dr. Matthias Reick Anfangs Verdienste für den Berglauf: „Georg Anfang prägt wie kein anderer die Berglaufszene, ein stetiger Kämpfer für den Berglauf und für die Athleten. Wer Bibi kennt, der weiß, dass er sich für seine Überzeugungen mit Leidenschaft für seine Sportart einsetzt. Auch Deutsche Meisterschaften, und nicht zuletzt die Berglauf Weltmeisterschaft im Jahr 2000, organisierte er mit dem ihm eigenen vollen Einsatz und Tatendrang, war dabei für den DLV immer ein zuverlässiger und engagierter Partner. Der DLV dankt und würdigt seine Verdienste rund um den Berglauf und wünscht dem Geburtstagskind viel Gesundheit und auch weiterhin sehr viel Kraft und Freude am Sport.“Auch die frühere Ski Weltcupsiegerin Evi Mittermaier, stellvertretende Vorsitzende des SC Bergen, kommt immer ins Schwärmen, wenn die Rede auf Anfang kommt. „Bibi ist mit so viel Herzblut bei allen Veranstaltungen dabei. Es ist immer wieder erstaunlich wie er die Bevölkerung in Bergen und auch die Lokalzeitung auf den Berglauf einschwört.“
Sein Nachfolger als 1.Vorsitzender des SC Bergen und als Chef des Hochfelln-Berglaufes Dr. Jürgen Schmid. „Harte Schale, guter Kern“, charakterisiert Schmid ihn sehr treffend. „Bibi ist ein energiegeladenes Unikat, der sich voll dem Skisport und dem Berglauf verschrieben hat“, führt Schmid weiter aus.Für die Gemeinde Bergen führt Bürgermeister Stefan Schneider aus: „Bibi Anfang hat durch die zahlreichen hervorragend organisierten überregionalen und internationalen Veranstaltungen dem Austragungsort Bergen Achtung und Anerkennung verschafft. Besonders zu erwähnen ist der „fast“-Skiweltcup 1991 und die in 2000 durchgeführte Weltmeisterschaft der Bergläufer unter seiner Federführung. Sein Wirken und ich glaube auch die meiste Kraft galt immer den Kindern und Jugendlichen und der Hoffnung, Spitzensportler zu fördern und groß raus zu bringen. Andi Stitzl, derzeitiger Biathlon-Co-Bundestrainer des Deutschen Skiverbands ist aus der nordischen Hochburg des Skiclubs Bergen hervorgegangen. Seit 1969 steht alle zehn Jahre die stattfindende Faschingshochzeit als einer der kulturellen Höhepunkte in Bergen unter seiner organisatorischen Leitung. Ohne ihn wäre diese historische und zünftige Veranstaltung in Bergen dem Vergessen anheim gefallen.“Für seine Tätigkeit als Sportfunktionär und für die Gemeinde Bergen erhielt er einige Ehrungen, wie die Bürgermedaille der Gemeinde Bergen und die Verdienstnadel in Gold mit Brillanten und Großem Kreuz des Bayerischen Landessportverbandes. 2005 wurde er mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Neben seinem Engagement für die Organisation der zahlreichen Sportveranstaltungen würdigte Landrat Hermann Steinmaßl in seiner Laudatio vor allem Anfangs Verdienst um die Förderung der Jugend „Durch die engagierte Arbeit wurde auch sozial schwachen Familien der Zugang zum Skisport eröffnet.“Auch im Gemeinderat, den er 24 Jahre lang für die SPD angehörte, lag ihm die Jugend besonders am Herzen. Bei der Erfüllung der Ehrenämter wurde er von seiner Frau Rosi, mit der er seit 1974 verheiratet ist und seinen beiden Kindern Hans-Georg und Barbara tatkräftig unterstützt. Und vielleicht tritt ja mal einer seiner vier Enkelkinder in seine Fußstapfen.
Auch gesundheitlicher Probleme hielten ihn viele Jahre nicht von seinem Engagement ab. Erst 2012 trat er aus gesundheitlichen Gründen als 1.Vorsitzender des SC Bergen und als OK-Chef des Hochfelln-Berglaufes zurück. „Der Zeitpunkt, die Hauptverantwortung abzugeben, war genau richtig. Ich habe schon gemerkt, dass mir aufgrund meiner gesundheitlichen Probleme, manches schwerer gefallen war, als früher.“ Aber wer den umtriebigen Berglauffunktionär kennt, kann sich leicht vorstellen, dass er diesen Entschluss, nicht ganz freiwillig gefasst hat. Da musste sicherlich seine Familie „sanften“ Druck ausüben. Und es war auch klar, dass Anfang nicht ganz loslassen kann und wird. Schon 2012, nach seinem Rücktritt, war in LaufReport zu lesen: „Ein Hochfelln-Berglauf ohne Bibi Anfang ist nicht vorstellbar.“ So war er auch bei den Läufen ab 2013 weiterhin, wenn auch „nur“ hinter dem neuen 1. Vorsitzenden des SC Bergen Dr. Jürgen Schmid, in der zweiten Reihe aktiv. Seine Hauptaufgabe sieht er in der Akquirierung der Spitzenläufer.
Sein Geburtstagswunsch ist ganz bescheiden: „Gesundheit“, antwortet der Jubilar auf die wohl derzeit an ihn häufig gestellte Frage. Diesem Wunsch schließt sich LaufReport an.
Winfried Stinn für Laufreport/ April 2016.