Lennart Nies meldet nach einem klaren Sieg seine Pokalansprüche an

Ist nach 29 Jahren Rietburg-Berglauf tatsächlich Schluss? Oder können die knapp 200 Teilnehmer die Entscheidung des LCO-Vorstandes revidieren? 

Lange Schlangen vor der Startnummern-Ausgabe im schmucken Weinstraßenstadion verdeutlichen ein starkes Interesse beim vermeindlich letzten Rietburg-Berglauf des LCO Edenkoben, schließlich waren es knapp 200 Läufer, die bei der 29. Auflage die 8,2 km lange Strecke mit Steigungen zwischen 3 und 12 Prozent und insgesamt 420 Höhenmetern in Angriff nehmen wollten. Eine Beteiligung, von der die Verantwortlichen um Vorstand Heinz Vogelgesang die letzten Jahre nur träumen konnten. So kamen zuletzt gerade einmal 120, 130 Läufer, die den „Sturm“ auf die Rietburg Anfang September in ihrem Laufkalender eingeplant hatten. Angesichts der 100 Helfer aus dem veranstaltenden Verein, der Feuerwehr und dem DRK ein krasses Missverhältnis.

„Das ist schwer vermittelbar, wenn es, ganz plakativ gesagt, pro Läufer einen Helfer benötigt. Wir gehen davon aus, dass es die letzte Veranstaltung sein wird, allerdings werden wir in den nächsten Tagen noch einmal im Vorstand sprechen“, so Heinz Vogelgesang. Beim rührigen Verein an der Weinstraße hatte man zuvor bereits vereinbart, den Berglauf zugunsten der Stadion-Leichtathletik „zu opfern“. Ein Versuch mit einem Abendsportfest gelang vielversprechend. Allerdings muss man den Machern vorhalten, vielleicht zu spät mit einem Lauf-Angebot für Kinder im Rahmen des Rietburg-Berglaufes gestartet zu sein – so wie nun bei der 29. Auflage. „Wir haben heute eine erfreulich große Resonanz und sind auch wirtschaftlich mit dieser Veranstaltung erfolgreich! Natürlich wäre es schön, mit dem Jubiläumslauf im kommenden Jahr die Berglauf-Geschichte zu beenden. Auch wenn es lediglich nur eine Zahl ist, die es zu feiern gäbe!“

Bei den Verantwortlichen des Pfälzer Berglauf-Pokals bedauert man gewiss den angekündigten Schritt, doch man hat sich schon für die Zukunft gewappnet. Nach dem aktuellen Reglement werden von den sechs Läufen in Steinbach (Donnersberglauf), Landstuhl (Nanstein-Berglauf), Edenkoben (Rietburg-Berglauf), Bad Dürkheimer Berglauf, Glan-Münchweiler (Potzberg-Berglauf) und Maikammer (Kalmit-Berglauf) vier Läufe gewertet, bei einem Rückzug von Edenkoben würde die Wertung von drei Läufen bei fünf Veranstaltungen umgesetzt werden. Der Rückzug der LCO Edenkoben wäre gewiss ein Verlust in der trotz aller Unkenrufen (noch) beliebten und gut nachgefragten Pfälzer Berglauf-Pokal-Historie und ein weiterer Verlust nach dem organisatorisch bedingten Rückzug des Rockie-Mountain-Run von Rockenhausen auf den Donnersberg. 

Kommen wir zum Tagesgeschehen in Edenkoben. Nach diversen Verletzungen stellte sich mit Lennart Nies der Pokalsieger von 2023 erstmals in diesem Jahr einem Wertungsrennen in der Pfalz. Und der 39jährige vom TV Maikammer zeigte sich angriffslustig und kam in einem kontrollierten Tempolauf nach 32:33 Minuten zum klaren Sieg unweit der Rietburg. Und wiederholte seinen Vorjahressieg, als er beim Hitzerennen in 33:09 vor Jonas Lehmann (33:28) und Tobias Fischer (34:34) gewann. „Endlich bin ich beschwerdefrei und kann auch wieder Gas geben. In den letzten Jahren war ich immer im ausgehenden Sommer in der Marathonvorbereitung, aber in diesem Jahr habe ich keinen Herbstmarathon vor und werde die drei noch anstehenden Pokalläufe bestreiten!“

Im Kampf um Rang zwei setzte sich diesmal allerdings Tobias Fischer in starken 33:03 Minuten gegen Jonas Lehmann durch, der allerdings gerade erst von einer 14jägigen Trailtour aus Albanien zurückgekehrt war und erst wieder das Lauftraining aufgenommen hatte. Mit Christoph Hörter rückte hingegen in Edenkoben ein 21jähriges Lauftalent im Trikot des TuS Framersheim weiter in die Spitze. Nach 34:29 wurde er Vierter im Gesamteinlauf und war (natürlich) schnellster der M20, allerdings lag mit dem Karlsruher Tim Althuon ein weiterer M20-Läufer nach dem Pforzheimer Roland Golderer mit 35:11 Minuten schon auf Rang sechs. Roland Golderer, ein exzellenter Allround-Sportler mit zahlreichen Masters-Erfolgen auf dem Rad und zu Fuß am Berg, im Gelände und auf der Straße, sicherte sich zudem die M45.

Und damit sind wir bereits bei den starken Mastersläufern, von denen mit Alexander Barnsteiner (M50-Sieger und Siebter der Gesamtwertung) und dem direkt dahinter folgenden Marcel Job (M40-Sieger) in diesem Jahr bei den Masters-Welt- und Europameisterschaften in Meduno und Nicolosi medaillendekoriert die Rückreise in die Pfalz antreten durften. Direkt dahinter lief mit Günter König schon der M55-Sieger ein. Der 58jährige Orthopäde aus Weinheim ist gewiss eine Bereicherung der landschaftsorientierten Szene und lief zur Rietburg starke 36:57 Minuten. Gegen diese Vorgabe musste sich auch der routinierte M55-Mastersläufer Tom Heuer geschlagen geben, der im Gesamteinlauf Elfter wurde.

Wenig später liefen mit Simone Raatz und Charlotte Baßler zwei Karlsruher Läuferinnen „Hand in Hand“ als schnellste Läuferinnen nach 39:18 Minuten über die Ziellinie. Während Simone für den ASC Darmstadt unterwegs ist, läuft Charlotte für ihren Heimatverein TV 1860 Mußbach und für die Karlsruher Lemminge, studiert aber in Karlsruhe Wirtschaftsinformatik.

Dabei war die Ausgangslage gerade für die sechsfache Berglauf-Pokalsiegerin Simone Raatz eine besondere, denn vor Wochenfrist lief sie beim Jungfrau-Marathon lange Zeit im Top 10-Bereich, ehe sie starke Adduktorenbeschwerden zu einer gemächlicheren Gangart zwangen. Und Charlotte Baßler klagte nach einem erfolgreichen 10 km-Lauf bei ihrem Heimatverein und einem Umzug an ihrem Studienort über Muskelkater (!). „Ich hatte erstaunlich gute Beine und konnte ohne Beschwerden belasten“, freute sich Simone – und lud ihre 25 Jahre jüngere Konkurrentin zum gemeinsamen Zieleinlauf ein. „Ich habe gesehen, dass sich Charlotte schwertat und konnte sie aber motivieren, das Rennen mit mir zu beenden! Mit 39:18 waren wir sogar richtig schnell unterwegs!“ Und diese freute sich riesig über diesen Teilsieg: „Simone ist ein echter Profi, es freut mich, dass ich mit ihr laufen konnte!“ Probleme hatte zunächst das Schiedsgericht, das feine Unterschiede zwischen den beiden Siegerinnen ausmachen wollte und letztlich Simone mit einer Zehntelsekunde als Erste dokumentierte. Nach kurzem Gespräch jedoch stand ein salomonisches Urtel Urteil fest und beide werden nun mit 254,03 Punkten gelistet.

Mit einem Rückstand von etwas mehr als zwei Minuten folgte Natascha Hartl auf Rang drei, gefolgt von Regina Rieger, der Überraschungs-W40-Europameisterin von Nicolosi, die auf 42:45 Minuten kam. Erst hinter Yvonne Manz und Eva Herbold kam mit Lara Elea Eckhardt die Vorjahreszweite ein, die allerdings mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen hatte und über viereinhalb Minuten auf das Siegergespann verlor.

In der Gesamtwertung zeichnet sich hingegen nach drei Rennen eine klare Überlegenheit von Simone Raatz ab, die nach Steinbach, Landstuhl und Edenkoben auf 773,63 Punkte aufweisen kann. Zweite ist derzeit Lara Elea Eckhardt miut 728,65 vor Natascha Hartl (714,95) und Regina Rieger (665,00). Charlotte Baßler kommt nach zwei Wertungen derzeit auf 513,40 Punkte und sieht sich jedoch noch nicht abgeschlagen, zumal ihr die Straßenläufe am Potzberg und Kalmit besonders liegen. „Natürlich nehme ich diese Herausforderung an und freue mich auf die weiteren Duelle mit ihr!“ so die sechsmalige Siegerin beim Pfälzer Berglauf-Pokal.  

Um den Gesamtsieg bei den Männern könnte es richtig spannend werden. Donnersberg-Sieger Leander Fink bestritt aus Studiengründen bislang nur ein Rennen und müsste wie nun auch Leander Fink bei den ausstehenden Rennen noch kräftig nachlegen, derzeit rangiert Jonas Lehmann mit 878,94 Punkten klar auf Rang eins, dahinter folgen Christoph Hörter mit 841,39 bzw. Lukas Tschoepke vom LC Donnersberg mit 798,44 Punkten auf den Plätzen zwei und drei. Im Spiel ist natürlich auch noch Tobias Fischer, der bislang zwei Rennen in starker Form bestritten hat. „Spannend wie selten“, gesteht Lennart Nies und freut sich schon heute auf die nächsten Rennen in Bad Dürkheim, Glan-Münchweiler und dem Finale beim Kalmit-Berglauf seines Vereins TV Maikammer.