Zur Premiere der auf 9,9 km verlängerten Strecke gab es bei der 42. Auflage des BVG Hundseck- Berglaufes mit Christian Oppel und Simone Raatz zwei neue Sieger in der langen Historie dieser Schwarzwälder Traditionsveranstaltung
Wolkenbruchartige Regenfälle mit großen Hagelkörnern vertrieben die knapp 200 LäuferInnen aus dem Bereich des Starts am „Haus des Gastes“ in der Ortsmitte von Bühlertal unter schützende Hausdächer. Nur die bereits gestarteten MTB- Cracks traf es somit mit aller Breitseite… Nach einer Viertelstunde war der „Aprilscherz“ Mitte Mai vorbei und die zum Teil bereits völlig durchnässten Läufer, keineswegs verursacht durch das schweißtreibende Berganlaufen, standen einmal mehr an der Startlinie. Schnell wie die Feuerwehr, die übrigens drei Minuten vor dem verspäteten Start sowohl Läufer als auch Zuschauer einsatzbedingt aufschreckten, forcierten dann aber sogleich der Vorjahressieger Maximilian von Lippe und ein in der Berglaufszene bislang noch fast völlig unbekannter Läufer namens Christian Oppel trotz Sturzbächen auf der Asphaltstraße derart die Schlagzahl, dass beide schon an der markanten Kurve am Ortsausgang nach einem Kilometer einen Vorsprung von 80 Meter herausgelaufen hatten.
Dann kam die Sonne heraus – und der Vorsprung der beiden vergrößerte sich zusehens, dahinter bildeten sich kleinere Grüppchen mit einer als Schnellstarterin bekannten Simone Raatz unter den Top 10 unter allen Teilnehmern. Das Duell an der Spitze hört sich sicherlich spannender an, als es offensichtlich in der Tat war. „Ich hatte nach drei Kilometern geglaubt, dass ich noch einmal auflaufen könnte“, machte sich Maximilian von Lippe Hoffnungen auf eine erfolgreiche Verteidigung der Leader-Position in Bühlertal, „doch bereits bei der Klinik war klar, dass der Rückstand nicht mehr aufzuholen war!“ Und Christian Oppel, den eifrigen Laufreport-Lesern sicherlich aktuell durch seinen überzeugenden Sieg am Feldberg im Taunus schon ein Begriff, ließ nichts mehr anbrennen – bei der erstmals eingebauten Schleife im Park der Max-Grundig-Klinik auf der Bühlerhöhe klatschten sich in einer äußerst sympathischen Geste sogar die beiden Konkurrenten ab.
Und exakt diese Klinik-Schleife ist die Neuerung in der Tradition des Hundseck-Berglaufes, der durch die Einbindung des Sponsors (die Max Grundig-Klinik ist eine anerkannte Klinik für Internistische und Psychologische Medizin mit angegliedertem Check-Up-Zentrum) um rund 400 Meter verlängert auf nunmehr 9,9 km bei gleichbleibenden 776 Höhenmetern ist. Von Insidern geschätzt bedeutet diese Zusatzschleife ein Mehr um neunzig Sekunden gegenüber dem bisherigen Streckenverlauf. Somit gehen die Siegerzeiten 2019 auch als neue Streckenrekorde in die Analen der Traditionsveranstaltung ein.
Im steilen Skihang des Mehliskopfes tauchte entsprechend erwartungsgemäß Christian Oppel auf, komfortabel sein Vorsprung bei gut 45 Sekunden. „Die Strecke hat wirklich Spaß gemacht! Mit meinen Straßenlaufschuhen kam ich mir hier und da etwas gehandikapt vor. Aber es hat sich ja nicht negativ ausgewirkt! Der Rennverlauf war wirklich spannend, zumal ich mit dem Tempo etwas spielen konnte!“ Der 29jährige eigentliche Coburger arbeitet seit August vergangenen Jahres bei einer international agierenden IT-Firma in Eschborn – und ist von Zuhause aus eher im Gelände anzutreffen. Weniger am Berg, wenngleich er sich auch schon beim deutschen Klassiker, dem Hochfelln-Berglauf im Chiemgau, versuchte. Doch der Neu-Hesse könnte ein belebendes Element im deutschen Berglauf werden, mit eher „kleineren“ Aufbaurennen tastet er derzeit Stück für Stück in die Spitzenklasse vor.
Ein Bereich, in den übrigens auch Maximilian von Lippe vorstoßen möchte. Vor Wochenfrist überraschte er bereits als Sieger beim Muttersberg und schlug dabei auch den österreichischen Meister Isaak Toroitich Kosgei (!) und ließ sich nun allerdings am Hundseck von einem Novizen („Christian ist mir einfach im Flachen deutlich voraus!“) in die Schranken verweisen. Der 31jährige, der in seiner Heimatstadt Schwäbisch Gmünd im Bereich der Gesundheitsförderung promoviert, stammt im Ursprung aus dem Radlager und absolviert sein Training zu größeren Anteilen mit dem Rad. „Ich möchte keine Verletzung riskieren…“, so Maximilian, der in diesem Jahr die markanten Rennen am Großglockner und an den Drei Zinnen in Angriff nehmen möchte. „Ich möchte schon einmal sehen, wie weit ich dort nach vorne laufen kann!“
44:47 Minuten benötigte Christian Oppel für die neue Hundseck-Strecke, nach 45:34 Minuten somit 47 Sekunden dahinter dann Maximilian von Lippe. Im Vorjahr lief er auf dem bisherigen Parcours 45:15 Minuten – Beleg dafür, dass der 31jährige aus dem Schwäbischen in verbesserter Form die Saison 2019 bestreitet. Mit Roland Golderer folgte nach 48:55 Minuten ein alter Bekannter in Bühlertal, der damit natürlich in seiner angestammten M40-Klasse einmal mehr voraus lief. Der Pfälzer Lennart Nies ist heuer erfolgreich im Schwarzwald unterwegs, nach Rang acht beim Kandel-Berglauf verpasste er als Vierter in 48:51 den Podestplatz denkbar knapp um drei Sekunden. Ein Klasserennen lieferte einmal mehr Klemens Bollinger als Sechster in 51:06 Minuten ab und gewann damit überlegen die M50-Klasse. Beleg für die starke Präsenz der Mastersläufer im vorderen Drittel sind freilich auch die auf den Plätzen 13 und 14 einlaufenden M50-Läufer Gernot Helferich und Thomas Weishaar, Ludger Scheper (21. und M55-Sieger) sowie Werner Schwoerer (38. und M60-Sieger) und Peter Beil (44. und M65-Sieger).
Bei den Frauen fühlte sich Simone Raatz einmal mehr bei Bergläufen im profilierten Mittelgebirge pudelwohl. Überlegen gestaltete die 43jährige Karlsruherin ihr Rennen, ließ sich selbst vom rustikalen Schlussanstieg zum Ziel („Die Steinpassen sind nicht so mein Ding…!“) nicht abschrecken und lief mit 52:47 Minuten als Gesamtzehnte ins Ziel, eine Zeit, die durchaus mit der von Melanie Noll im Vorjahr erzielten 51:40 auf der bisherigen Strecke gleichzusetzen ist. Somit gab es durch sie wie auch durch Christian Oppel zwei neue Sieger beim traditionsreichen Hundseck-Berglauf, die sich sogleich bei ihrer persönlichen Premiere auch als Gewinner feiern lassen konnten. „Den Streckenrekord habe ich jetzt erst einmal…“ lachte sie verschmitzt und versprach, im kommenden Jahr wieder nach Bühlertal zu kommen. Zuvor steht allerdings für die Allround-Läuferin so mancher Hochkaräter auf der Bahn (bei den DM-10.000 m), der Straße (Masters-EM) und am Berg (DM in Breitungen) an. Zum „Auslaufen“ nutzte sie am Folgetag übrigens das Heimspiel im Karlsruher Stadtteil Bulach mit dem souveränen Frauenlauf-Sieg, wobei sie die 5 km-Strecke in blitzsauberen 18:15 zurücklegte.
Kräftig punkten konnte Stephanie Morath als Tageszweite in 58:37 Minuten für den Schwarzwald-Berglauf-Pokal, nachdem die 31jährige vom Lauftreff Attila (Niederrimsingen) schon den TrailRun 21 in Zell am Harmersbach gewonnen hatte und beim Kandel-Berglauf schon Siebte geworden war. Hinter Andrea Hölzle (1:01:37) überraschte die der W55 angehörende Jutta Bendel als Gesamtvierte in 1:02:28 Stunden mit einer tollen Einzelleistung.